Privileg Venusgeist
getragen hatte, starrte mich aus leeren Augenhöhlen an. Die weißverfärbten Lippen schienen mich höhnisch anzulächeln. Weiter unten baumelten die beiden Blutleiter aus der Kopffolie hervor.
Sie begann sich bereits zu zersetzen. Ich glaubte, einen üblen Geruch wahrzunehmen, aber das mußte eine Täuschung sein.
Die Blutung meiner Halsschlagadern stand inzwischen. Der Schmerz ließ nach.
»Eine Stunde ruhen, Sir«, forderte Tarescu. »Sie bekommen noch eine Injektion.«
»Wozu? Ist etwas nicht in Ordnung?«
Er deutete auf die schlaffe Folienhaut.
»Zu schnelle Zersetzungserscheinungen. Das wäre nicht mehr lange gutgegangen. Mirnams Biochemiker schienen die Synthokultur übermäßig aktiviert zu haben. Das garantiert tadellose Gesichtszüge und Zellverbandsbauten, aber die Empfindlichkeit wächst rapide an. Wir sollten etwas gegen die Fäulnisstoffe unternehmen, die sich bereits in Ihrem Blut befinden.«
Ich ahnte, daß ich um Haaresbreite einer bakteriellen Vergiftung entgangen war. Mirnam hatte in der Tat eine kopfumhüllende Folienmaske höchster Präzision erzeugt, aber derartige Synthokonstruktionen sollte man nicht länger als einige Tage tragen.
»Kontakt«, murmelte Hannibal.
Er lag neben mir auf einer Bahre und hielt die Augen geschlossen.
Nishimura und Tarescu verließen den Raum. Er war zu klein, um vier Männern ausreichend Platz bieten zu können.
»Kleine Übermittlungsphase. Ich muß wach bleiben«, bat ich.
Er bewegte nur die Lider. Sekunden später sprach mein Extrahirn auf Kinys telepathische Impulse an. Da ich mich nicht voll darauf konzentrieren wollte, um der Umwelt noch einige Aufmerksamkeit widmen zu können, vernahm ich die Nachrichten sehr schwach. Sie unterhielt sich mit Hannibal.
»… steigende Unruhe unübersehbar. Der Kommandeur mißtraut der ›1418‹-Besatzung immer stärker. Sie sollten etwas unternehmen.«
»Bestehen Separatpläne?« fragte Hannibal an.
»Ja. Viele Kreuzerkommandanten, neunundvierzig von vierundsechzig, fordern einen Überraschungsangriff auf unser Marsschiff. Man nimmt an, daß sich Dr. Nang-Tai noch immer an Bord befindet. Zumindest aber glaubt man, die Besatzung wäre nicht einwandfrei.«
»Die Demaskierung ist beendet. Wir werden nach dem Stufenplan vorgehen. General Miron Laherty soll keine Dummheiten machen. NEWTON wird beim geringsten Fehler rücksichtslos zuschlagen. Die Narren haben nicht die geringste Chance; auf der Orbitbahn schon gar nicht. Okay, wir melden uns in etwa einer Viertelstunde. Stop – noch etwas! Ist die Nachricht vom Hauptquartier abgehört worden? Ich meine die TITANIC-Meldung?«
»Ja, aber man konnte sie nicht entschlüsseln. Statt dessen hat Laherty fünf Minuten später die Anweisung zum Öffnen des Schiffstresors erhalten. Er hat die versiegelte Order vor sich liegen. Seine Kommandanten befinden sich alle an Bord des Flaggschiffs.«
»Konnat spricht«, schaltete ich mich mit mäßiger Psi-Energie ein. »Kiny, ich werde mich als HC-9 melden. Wie reagiert Laherty auf den Geheimbefehl?«
»Zwiespältig, Sir. Es ist eine schriftliche Nachricht in veralteter Form. Auf dem Umschlag steht ein Kodebegriff und eine Anweisung. Mehr kann ich nicht ermitteln.«
Wir schalteten ab. Kiny hatte ihre Aufgabe erfüllt. Ich hatte sie sofort nach der Ankunft der vierundsechzig Plasmakreuzer mit einem unserer TESCO-Jäger an Bord des Flaggschiffs bringen lassen, um eventuellen Unüberlegtheiten zeitig genug auf die Spur kommen zu können. Vom Mars aus wäre die telepathische Überwachung von viertausendachthundert Besatzungsmitgliedern kaum
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