Privileg Venusgeist
Spezialist für Marsfragen, hatte kurz vor seinem Tode behauptet, in den Venusdepots hätte man seinerzeit die geheimsten Neuentwicklungen der marsianischen Technologie und Wissenschaft eingelagert. Es handle sich um Dinge, die keinem »Normalsterblichen« jemals zugängig oder bekannt gewesen wären.
Das eröffnete erstaunliche Aspekte, zumal wir wußten, daß die soziale Kluft zwischen den herrschenden Marsianern und der breiten Volksmasse sehr tief gewesen war.
Kein Normalgeborener hatte in die herrschende Schicht eindringen können; auch dann nicht, wenn er infolge besonderer Verdienste Admiral der Flotte geworden war.
Er hatte befehlen und für den Mars sterben dürfen; aber der Weg in die Paläste war ihm ebenso verschlossen gewesen wie einem einfachen Raumsoldaten.
Diese Dinge stimmten mich nachdenklich. Sie ließen die Vermutung zu, daß die Fluchtfestung unvorstellbare Schätze enthielt.
Wenn wir einen zufriedenstellenden Kontakt mit dem Robotkommandeur der Venus herstellen konnten, würden wir jedoch keine Gold- oder Edelsteinvorräte finden. Die irdische Vorstellung über Kostbarkeiten brauchte durchaus nicht identisch mit der marsianischen zu sein.
Wir wußten zu wenig über den alten Mars, um vermuten zu können, was für seine intelligenten Bewohner wirklich erstrebenswert gewesen war. Unter Umständen – so behauptete Hannibal – hatten sie den Pelz eines irdischen Säbelzahntigers höher bewertet als einige Kilogramm Feingold.
»Jede Wette, daß es so war«, überraschte mich Utan mit einer überfallartigen Telepathienachricht. »Ja, vergiß es, ich habe wieder in deinen Gedanken herumgeschnüffelt. Das ist aber vorteilhaft, großer Stratege! Du brauchst jemand, der dir auf die Sprünge hilft. Allison saust wieder herum wie ein Erdbebengeschädigter auf der Suche nach dem Ersatzgebiß. Ich …«
Ein Lachen auf Psi-Ebene unterbrach Hannibals Impulsstrom. Kiny hatte mitgehört und sich ungewollt eingeschaltet.
»Oh, Verzeihung«, bat sie. »Ich ziehe mich sofort wieder zurück.«
»Wenn das der Wurzelzwerg ebenfalls beherzigen wollte, wäre es schön«, beschwerte ich mich. »Ruhe jetzt, Kleiner, sonst verliere ich endgültig die Geduld.«
»Ach! Etwa mit mir?«
»Du denkst weise Worte. Konzentriere dich gefälligst auf die Umgebung, auch wenn sie dir leer erscheinen mag. Soghmoler sind zwar nicht telepathisch zu belauschen, aber ihre Hirnimpulse kann man spüren; sogar über weite Strecken.«
»Was glaubst du, warum ich mich in deine Überlegungen eingeschaltet habe? Wir finden nichts. Die Kerle sind verschwunden. Unten auf der Venus gibt es kein lebendes Gehirn.«
»Ich bestätige die Meldung«, teilte Kiny mit.
»Gut, vielen Dank. Ich …«
»Er gibt sich wieder wohlerzogen«, kicherte Hannibal. »Vielen Dank, gönnerhaft ausgesprochen von Seiner Verklärtheit, Tumadschin-Khan. Großer, denkst du noch an deine Titulatur? Ein eiskalter Weltraumherrscher wie du; einer, der seinem Lieblingssaurier Blaue Zwerge zum Fraß vorwerfen läßt, sollte blitzschnell handeln.«
»Ich habe daran gedacht, allerdings mit einem vor deiner Spionage abgeschirmten Gehirn«, entgegnete ich ironisch. »Kleiner, diese Tatsache ist längst eingeplant. An die kleinen Leute von Planeten Bawala V kann ich mich ebenfalls erinnern. Du solltest infolgedessen nicht fragen, ob ich sie ins Kalkül mit einbezogen habe.«
Hannibal lachte erneut. Es erzeugte ein seltsames Vibrieren in meinem aktivierten Hirnsektor.
Zu einer Antwort kam er nicht mehr. Dr. Framus G. Allison bewegte sich wie eine Motorwalze durch die Zentrale.
Seine
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