Privileg Venusgeist
Schock einkalkuliert. Sie wollen also primär wissen, was der Fremde über der Venus suchte oder sucht. Unsere TITANIC dürfte mehr oder weniger zufällig seinen Kurs gekreuzt haben.«
»Stimmt.«
Sie musterte mich nachdenklich und nickte.
»Bin ich richtig unterrichtet, daß Sie anläßlich eines noch geheimgehaltenen Einsatzes auf der Venus waren und dort mit einem weiteren Kommandoroboter Kontakt aufnehmen konnten?«
Sie kam meinen Überlegungen immer näher.
»Ich war dort, aber eine direkte Verbindung zwischen Hannibal, mir oder dem dortigen Positronikgehirn kam nicht zustande. Wir waren gewissermaßen Gäste eines irdischen Wissenschaftlers namens Professor Horatio-Nelson Bridgeman. Von ihm erhielten wir übrigens unsere Individualschutzschirmprojektoren. Er gab sein verbrecherisches Vorhaben im letzten Augenblick zugunsten der Menschheit auf.«
»Ach, Ihr Herr Kollege war auch dabei? Wenn er dort geduldet wurde, und sei es auch nur der Schirmherrschaft dieses Bridgeman zu verdanken gewesen, dann sollten Sie Ihr Vorhaben durchführen.«
Hannibal jagte wie eine Kleinrakete durch die Zentrale. Er riß den Arm nach oben und fuchtelte Anne mit dem Zeigefinger vor der Nase herum.
»Soll das eine Beleidigung gewesen sein?« trompetete er. »Vielleicht gehen Sie das nächste Mal mit? Der Venusroboter ist musikalisch und spielt Xylophon. Wenn er Ihre Rippen sieht, verfällt er in einen Rauschzustand und macht, was wir wollen. Von wegen ›ich wurde dort geduldet‹! Bei meinem Anblick hat er einen Bewunderungsknick in der Hauptleitung bekommen, oder wollen Sie das abstreiten?«
Ich winkte Boris Petronko zu. Der über zwei Meter hohe Gigant – er trug seine furchteinflößende Maskenhülle – stampfte auf Hannibal zu.
Der Zwerg schloß die wulstigen Lippen, räusperte sich und stolzierte davon. Boris, unser »Moohrko-Ungeheuer«, schaltete seine Verzerrungs-Sprechanlage ein und lachte. Es klang schauerlich.
»Okay«, empfing ich Hannibals Telepathieimpuls. »Ich habe die angespannten Nerven unserer Akteure normalisiert. Solange sie grinsen, haben sie auch ihre Sinne beieinander.«
»Das nächste Mal bitte weniger dramatisch«, forderte ich unwillig. »Anne ist mir zu schade für deine Späße.«
»Einer muß halt drunter leiden. Anne ist ein unschuldiges, aber bestens geeignetes Opfer. Und das weiß sie auch! Sie spielt mit. Schau dir ihre lachenden Augen an. Übrigens – Kiny sitzt bereits in dem TESCO-Jäger. Maykoft und ich holen sie an Bord.«
Ich schaute zu der Psychologin hinüber und nickte ihr zu.
Als sie lachte, wußte ich, daß der Kleine richtig vermutet hatte. Sein seltsames Psychoexperiment war gelungen. Die Spannung unter den Männern hatte sich abgebaut.
3.
»… auf keinen Fall. Lediglich Fremdimpulse aller Art anmessen. Keine eigenen Tasterechos ausschicken, gleichgültig ob auf irdischer FuMO-Basis oder auf marsianischen Hyperfrequenzen«, lehnte ich Dogendals Anfrage ab. Sein Gesicht verschwand vom Bildschirm. Ich schaute auf den Zeitmesser. Es war 12.32 Uhr am 26. Oktober 2010.
Den Marsorbit hatten wir nach der Übernahme der Mutantin Kiny Edwards vor zirka achtzehn Stunden verlassen.
Vier Stunden später hatten wir von einer weit entfernten und daher abhörsicheren Position aus mit dem Hauptquartier der GWA Hyperdimkontakt aufgenommen.
Reling hatte uns weder helfen noch beraten können. Die letzten Nachrichten über den Schweren Kreuzer der KASHAT-Klasse stammten von der Besatzung der TITANIC.
Nachdem die durch ihre atomare Explosion erzeugte Gaswolke im freien Raum verweht
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