Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
wählt.«
Die Berufe werden also nicht derart professionalisiert, dass man alle in diesem Beruf so verbessert, dass sie alle gleichmäßig exzellent sind – nein, man programmiert sie alle gleich. Damit sind alle derart Professionalisierten ganz okay, aber nicht wirklich exzellent. Mein Hauptpunkt ist:
Professionalisierung regelt die Arbeit fast ausschließlich mit der harten objektiven klassischen Intelligenz, die in die Programmierung des Berufes, in seine Methoden, Strukturen, Jobrollenbeschreibungen, Durchführungsbestimmungen und Kontrollen einfließt. Alles ist beschreibbar und wird beschrieben und dokumentiert. Damit wird menschliche Arbeit zur reinen Sachleistung industrialisiert.
Wenn es nur darauf ankommt, dass der vereinbarte Arbeitsprozess ausgeführt wird, werden Humor, Wärme, Höflichkeit, emotionale Intelligenz, persönliche Zuwendung etc. nur in einem extrem effizienten Maß gebraucht.
Bei industrialisierter Arbeit werden Instinkt, Intuition, Gefühl, Begeisterung und emotionale Intelligenz genauso wenig gebraucht wie die klassische Intelligenz. Das wenige, was gebraucht wird, wird in Form von Gesprächsfloskeln antrainiert.
Die intelligente Professionalisierung der Arbeit kommt ohne alle andere Intelligenzen im Bereich von Gefühl, Wille, Instinkt, Humor, Intuition oder Führung aus, weil diese nur in niederer Form als beschreibbare Anweisungen oder erlernbare Gesprächsfloskeln vorkommen. Dadurch werden sie bei der Professionalisierung durch die klassische Intelligenz des Auswendiglernens simuliert und ersetzt.
Ja, und weil das so ist, denken wir unter Umständen, wir brauchen nur die eine, die bekannte reine Intelligenz des Geistes. Freundlichkeit gegenüber Kunden und Nettigkeit des Chefs gegenüber Mitarbeitern wird heute oft nur als eine Beigabe gesehen, die die Arbeit erträglicher macht. Hart industrialisierende Manager verzichten oft sogar bewusst auf Freundlichkeiten, weil sie im Effizienzwahn glauben, dass Mitarbeiter dann schlechter arbeiten oder vielleicht sogar Lohnerhöhungen fordern. Freundlichkeit gegenüber Kunden wird oft mit »Kulanz« verwechselt, viele haben eine irrationale Angst, dass jedes Eingehen auf den Kunden irgendwie Geld kosten und den Gewinn schmälern wird.
Professionelle Intelligenz über die professionalisierte Stufe hinaus
Langsam, ganz langsam hat sich die Stimmung bei der Arbeit verfinstert. Das Menschliche hat den Rückzug angetreten, es hat der Effizienz fast klaglos Platz gemacht. Die Gewerkschaften haben keine Zähne mehr. Sie waren laut mit Forderungen, als es uns gut ging. Jetzt, wo wir sie brauchen könnten, sind sie stumm. Das ist nicht ihre Schuld, es sind ja wir, die nichts entgegensetzen wollen. Wir haben Angst um unsere Arbeitsplätze, die aber aus Effizienzgründen so oder so wegfallen, ob wir uns nun ducken oder nicht.
Wir müssen uns aufmachen, neue Arbeit in der Wissensgesellschaft zu finden. Bessere Arbeit, die nicht industrialisierbar ist. Wir würden dann mehr entwickeln, erforschen, Projekte leiten, internationale Kommunikation betreiben, kurz: Wir müssen einen Platz als Keystone in der globalen Welt einnehmen.
Dazu müssen wir mehr und mehr können – in einem beträchtlichen Ausmaß. Das erklärte ich im ersten Teil des Buches.
Wir müssen über das Industrialisierbare hinaus. Das ist dasjenige, was sich nicht wie ein Rezept aufschreiben lässt. Hamburger-Menus sind industrialisierbar, Sterne-Cuisine ist es nicht …
Dieses »Darüber hinaus« hat viel mit der Professionellen Intelligenz zu tun, die wir erwerben müssen. Was aber ist Professionelle Intelligenz genau?
Auf der Suche nach der Professionellen Intelligenz
Ich habe bisher nur sehr allgemein gesagt, was ich unter Professioneller Intelligenz verstanden wissen möchte.
Natürlich kann ich den Begriff auch jetzt nicht endgültig definieren. Auch wird jeder von Ihnen unter Professioneller Intelligenz etwas anderes verstehen, in Nuancen anders oder auch stark verschieden. Es gibt verschiedene Herangehensweisen, sich über die Bedeutung eines Begriffes einig zu werden. Ich versuche es über diese Zugänge:
• Wir können einen Begriff durch Diskussion unserer Vorstellungen nach und nach persönlich begreifen. Dazu ist die Betrachtung von Beispielen von Professionals und professionellen Leistungen gut (Wer hat professionelle Arete? Was hat professionelle Arete?).
• Der Begriff wird durch etliche Eigenschaften charakterisiert, die als Liste eine besser fassbare
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