Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
selbstverständlich, dass Beschäftigte diese Schlüsselqualifikationen mitbringen. Zwar werden die employability-bezogenen Qualifikationen für notwendig und wünschenswert erachtet. Die tatsächliche Ausprägung hingegen zeigt erhebliche Defizite. So ist ein deutlicher Unterschied zwischen dem Wunsch und der tatsächlichen Ausprägung der beschäftigungsfähigkeitsrelevanten Kompetenzen sichtbar. Lediglich die fachliche Kompetenz bildet eine Ausnahme.
Verwunderung! Die fachliche Kompetenz ist die einzige, die wir wirklich ausbilden! Deshalb haben sie auch alle. Wir sind doch aber nicht emotional, kreativ etc. ausgebildet! Auch die Arbeitgeber selbst sind das nicht!
Arbeitgeber sind verwundert, dass wir zum Beispiel nicht emotional intelligent sind, während wir alle sehen, dass sie selbst in allen xQs kaum besser sind als wir selbst. Es ist einfach gar nicht klar, dass man eine emotionale, kreative, vitale etc. Bildung erwerben muss, was wahrscheinlich genauso anspruchsvoll ist oder sein kann wie Goethes Faust zu lesen. Ich fürchte:
Die meisten Menschen haben eine so geringe emotionale, vitale, kreative, ästhetische, sinngebende Bildung, dass insgesamt gar kein Verständnis da ist, dass es sich um veritable Bildungen handelt, die sorgsam entwickelt werden müssen. Unser PQ wird gar nicht zu einer professionellen Bildung entwickelt.
Die zweistündigen Belehrungen über – sagen wir – emotionale Intelligenz verhalten sich zu ihr selbst wie das bloße Lesenlernen zum Deutschabitur. Vor allem diese Unbildung in Bezug auf andere Bildungen als die geistige Bildung macht uns im Ganzen so schrecklich unprofessionell. Zeit, Zeit und noch einmal Zeit wird gebraucht, um alle Teilintelligenzen im Menschen lebenslang zu entwickeln! Wir brauchen auch zuerst einmal eine kritische Masse an E-, A-, C-, V- und M-Bildung, damit sie an die neuen Generationen weitergegeben werden kann.
Wenn wir diese Intelligenzen zu Bildungen entwickeln wollen, müssen wir zusammenarbeiten, motivieren und coachen.
Ich höre aber überall, dass viele Manager und Lehrer nicht einmal die eigentliche Bedeutung der Wörter »Team«, »Motivation« etc. zu verstehen scheinen. »Motivieren« bedeutet für sie »Druck machen«. »Coachen« bedeutet »in sehr direkter Ansprache offen die Mängel monieren«. »Team« bedeutet »alle hören auf mich«. »Überzeugen« wird als »lautes Erklären« verstanden.
Viele fühlen sich berechtigt, das so zu verstehen. Die Zeiten sind hart geworden! Viele Manager sind seit Jahren mit Lean Management und Einsparungen befasst und müssen entschlossen vorgehen. Firmen sind keine Sozialstationen! So sagt man heute ganz offen und meint es völlig ernst.
War man damals, in den Zeiten der viel menschenfreundlicheren sozialen Marktwirtschaft, emotional intelligenter? Damals schimpfte man allerdings nicht so offen. Man vermied Konflikte, indem man sich eigentlich nichts tat. Wir sahen drüber hinweg, wenn jemand nicht gut arbeitete. Wir schauten nicht so genau hin, wenn die Reisespesen nicht ganz sauber waren. Wir hatten getrennte Büros und telefonierten kaum, weil das teuer war. Wir hatten wohl genauso wenig emotionale, vitale, kreative oder insgesamt professionelle Bildung wie heute, aber wir brauchten sie nicht so sehr.
Der Glaube an die natürliche Selbstbildung des Menschen
Das Einmaleins pauken wir ein, Schillers Glocke ebenso – wir lernen und lernen. Es ist klar, dass uns unsere Eltern und Lehrer alles lehren. Allein können wir das nicht, so der allgemeine Konsens. Alles andere aber wird nicht so wichtig genommen. Wir denken, das Emotionale entstehe quasi nebenbei, wenn sich ein Kind oder junger Erwachsener ins Leben einpasst. Ich möchte diesen Gedanken kurz eingehender ausmalen, damit mein Argument wirklich scharf wird. Ich stelle Ihnen das bekannte Stufenmodell des Psychologen Erik Erikson vor (»Eriksons Eight Stages« aus Symposium of the Healthy Personality, 1950 ). Es beschreibt acht Phasen der menschlichen Entwicklung, die als Krisen oder Herausforderung eines bestimmten Lebensalters gesehen werden. Ich gebe die hier einfach als eine der prominenten Theorien wieder, und Sie schauen kurz drüber. Sie werden sehen: Es sieht ganz natürlich aus! So könnte es wirklich sein.
1. 1. Lebensjahr – Säuglingsalter: Ur-Vertrauen vs. Ur-Misstrauen
2. ca. 2–3 Lebensjahr – Kleinkindalter: Autonomie vs. Scham und Zweifel
3. ca. 4–5 Lebensjahr – Spielalter: Initiative vs. Schuldgefühl
4. ca. 6–
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