Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
entwickelte Persönlichkeiten sind. Die Bildungs- und Erziehungssysteme liefern Menschen mit gutem Fachkönnen, nicht mehr.
Die Eltern sind als Analog Exiles oder Digital Immigrants kaum in der Lage, für die Erziehung zu einer Professionalität im digitalen Zeitalter zu sorgen.
Die Lehrer sehen sich als Fachwissensvermittler und sehen das Entwickeln einer emotionalen, vitalen, kreativen etc. Bildung als »Erziehungspflicht der Eltern«. Sie weigern sich also implizit, über den Tellerrand der alten Zeit zu schauen und die enorme Aufgabenerweiterung für sich anzunehmen. »Das ist nicht schaffbar.« Doch, und zwar mit dem Internet und dem Wechsel des Lehrstils!
Der coachende Lehrer ist gefragt, auch besonders der, der Vorbild ist. Das wird schwerer, ja, aber es geht! Derselbe Umbruch wird von den Führungskräften der digitalen Zeit verlangt. Besonders aber die Lehrer sollten Vorreiter in der digitalen Zeit sein, es geht doch in die Wissensgesellschaft!
Innerer Widerwille gegen freie Selbstverantwortung
Wenn ich Erziehung zur Professionalität fordere, zur Selbstverantwortung und zum Willen zur gelingenden Wirksamkeit, dann stöhnen viele wie verwundet auf. »Das kann man nicht verlangen!« Genauso hören viele weg, wenn heute wirklich überall und ständig nach dem neuen Unternehmergeist gerufen wird, den wir brauchen, um nicht gegen Asien zurückzufallen und am Ende einen Wohlstandsverlust hinnehmen zu müssen. Die Verbände wollen mehr Mut zum Risiko und sie ermutigen überall, die Selbstständigkeit zu suchen. Sie fordern auf, etwas Innovatives zu beginnen.
Warum wollen wir insgesamt nicht? Meine Ansicht: Wir spüren, dass die Zeiten einfach nicht normal sind, dass wir unsicher in eine neue Zeit kommen und noch nicht genau wissen, was uns erwartet. Ja, wenn wir das wüssten – dann würden wir uns schon einzurichten wissen. Die Zeit ist in einem manischen »ausgerasteten« Zustand, den ich am Anfang des Buches schon in einer Grafik veranschaulicht habe. Blättern Sie zurück, dort habe ich gezeigt: »Wir ziehen nach Nordosten.« Das Ich und unsere »Allein-Ich-Firma« beunruhigen uns als Themen, die Gemeinschaften à la Facebook sind uns noch nicht geheuer.
Wir sehnen uns eigentlich nach einer Rückkehr in den Normalbereich. Wir möchten vor allem sichere Arbeitsplätze in eher größeren Firmen, die uns klare Arbeitszeiten und ein gutes Betriebsklima auf Dauer in Aussicht stellen können. Wir springen nicht gerne hin und her! Wir bewerben uns nicht ständig, um an Gehaltserhöhungen zu kommen – obwohl wir gesichert wissen, dass es so funktioniert. Wir schimpfen auf zu generöse soziale Absicherungen der Arbeitslosen, würden aber unter Angst zusammenbrechen, wenn wir diese Absicherung für unseren eigenen Absturz nicht erwarten könnten. Wir wollen im Grunde nicht so sehr viel Verantwortung für uns selbst tragen. Wir möchten von der Gemeinschaft vieles abgenommen haben, wir möchten behütet sein – die Deutschen traditionell viel mehr als etwa die Amerikaner. In der nächsten Arbeitswelt werden wir aber viel stärker auf uns selbst gestellt sein. Wir werden uns wie die »Generation Praktikum« an ein Leben gewöhnen müssen, das mehr Eigeninitiative und Lebensflexibilität erfordert.
Das predige ich schon überall vorsorglich. Es hilft leider nicht viel. Man lehnt die Idee der vollen Selbstverantwortung ab und empfindet mich deshalb als störend, provozierend, polarisierend, kalt, technokratisch oder auch elitär. Dabei sage ich nur, dass es NÖTIG ist. Es hat etwas mit neuen Beschäftigungsmodellen zu tun, die mit dem Internet möglich werden. Ich stelle Ihnen eines dieser Modelle vor. Es heißt Crowdsourcing. Hier ist dann jeder auf sich selbst gestellt. Ältere werden das Modell gruselig finden, viele jüngere Digital Natives werden es dagegen schon begrüßen.
Crowdsourcing
Es zeichnet sich noch eine weitere Welle der Notwendigkeit zur Selbstverantwortung ab, die selbst bei mir Frösteln erzeugt. »Ich weiß ja nicht …«, denke ich da. Und ich ertappe mich bei dem furchtbaren Gedanken, den ich gemeinhin Ihnen und anderen immer wieder vorwerfe – nämlich: »Ich bin schon alt, mich trifft das nicht mehr!«
Es geht um das Wetterleuchten rund um die Bezeichnung »Crowdsourcing«. Es gab einmal erfolgreiche Aufrufe von Firmen im Internet, die ihre Forschungsfragen dort publizierten und auch qualifizierte Antworten erhielten. Andere Unternehmen fragten ihre Kunden um Rat: »Was sollen wir
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