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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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überschwemmen?«
    »Ich hab nicht gesagt, dass sie es nicht sollen.«
    »Nein, denn in Wirklichkeit ist dir auch das scheißegal. Dir ist nämlich alles egal. Das Einzige, was dich interessiert, ist, dass du bei diesem Deal gut aussiehst, damit du weiter ganz oben mitmischen kannst. Allein darum geht’s dir doch, nicht wahr, Chris?« Sie lachte, doch es klang beinahe wie Schluchzen. »Chris Faulkner, der Mann, der die Welt bewegt und aufmischt. Achtet auf den Schnitt seiner Anzüge, die lässige Souveränität, mit der er auftritt. Prinzen und Präsidenten schütteln ihm die Hand, und wenn er spricht, dann hören sie zu. Öl fließt, wo und wann er es für richtig hält, Männer mit Waffen folgen seinem Befehl und ziehen in den Kampf…«
    »Halt doch einfach mal die Klappe, Carla.« Die Wut wärmte sich plötzlich wieder auf, heizte seine Innereien an, wollte nur noch verletzen. »Wenn du so auf Barranco und seinen moralischen Kreuzzug stehst, hättest du vielleicht lieber mit ihm auf sein Zimmer gehen sollen, anstatt mit mir nach Hause zu fahren. Vielleicht kann ein Mann mit Gewissen es dir ein bisschen besser besorgen als ich.«
    Ein plötzlicher Druck auf dem Brustkorb, fast Schmerz. Der Gurt presste ihn in seinen Sitz. Er hörte das kurze Aufkreischen der Reifen, bevor der Saab abrupt zum Stehen kam.
    »Du blödes Arschloch, Chris. Du mieses Stück Scheiße.«
    Sie saß da, die Fäuste ums Lenkrad gekrallt, den Kopf gesenkt. Der Wagen ruhte, geringfügig aus der geraden Linie geschleudert, unter dem Natriumdampfgleißen der Autobahnbeleuchtung. Der Motor rumpelte vor sich hin. Er sah, wie sie langsam den Kopf erst schüttelte, dann hob. Ein unstetes Adrenalinschocklächeln klebte um ihren Mund herum. Erneut schüttelte sie den Kopf, flüsterte wie von einer neuen Erkenntnis überwältigt.
    »Du mieses Stück Scheiße.«
    Das war aus ihrem Mund die ultimative Beschimpfung, eine, die sie für ihn, außer im Scherz, noch nie verwendet hatte. In den sieben Jahren ihres Zusammenlebens hatte sie vielleicht ein halbes Dutzend Bekannte mit dieser Bezeichnung charakterisiert. Männer, ein einziges Mal auch eine Frau, die sie aus ihrem Leben streichen wollte, und in den meisten Fällen hatte sie es auch getan. Für Carla hieß das Sendeschluss, der Fall war gegessen, aus und vorbei.
    Chris fühlte es an sich heruntertropfen wie etwas Physisches.
    »Das solltest du nicht nur so dahingesagt haben.«
    Sie sah ihn nicht an.
    »Das ist eine neue Stufe, Carla.« Er betrachtete seine Hände in dem fleckig orangen Strahlen, das durch die Windschutzscheibe drang. Durch seinen Körper tobte ein wildes Hochgefühl, das näher in Augenschein zu nehmen er sich nicht traute. »Wir kommen nicht gut miteinander aus in letzter Zeit, aber… das ist neu. Das hier.«
    Er hob die Hand zum Gestikulieren. Gab dann doch auf halbem Wege auf.
    Sie hatte es offenbar aus dem Augenwinkel gesehen. Jetzt warf sie ihm einen flüchtigen Blick zu. Hinter ihren Augen bemerkte er Furcht, aber nicht vor ihm.
    »Ich sollte dich aus dem Scheißauto schmeißen.« Ihre Stimme zitterte, und er wusste, dass auch sie von dem schwindelerregenden Am-Rande-des-Abgrunds-Gefühl erfasst war. »Ich sollte dich zwingen, zu Fuß nach Hause zu gehen.«
    »Es ist mein Auto«, sagte er sanft.
    »Ja, und jeden Zentimeter davon hab ich für dich gebaut, neu gebaut und noch mal neu gebaut, wenn du je wieder, Chris, wenn du noch einmal so mit mir redest…«
    »Es tut mir Leid.« Es war aus dem Mund heraus, bevor es ihm bewusst wurde.
    Und dann streckten sie die Arme nach einander aus, zurückgehalten von dem idiotischen Klammergriff der Sitzgurte, Tränen liefen über ihre Wange, während sie bei ihm in der Kehle feststeckten. Entrissen waren sie dem gähnenden Abgrund, der feste Boden ihrer Beziehung plötzlich wieder unter den Füßen spürbar, das Dröhnen der Höhenangst, des Höhenrauschs in den Ohren ließ nach, das vertraute warme, ja klebrige Suhlen in Reue und Bedauern, die
    Sicherheit
    des Ganzen jetzt wieder, die sie auf Händen trug und aneinander kettete.
    Sie rissen sich von den Gurten los und hielten einander, ohne zu sprechen. Lange genug, dass die heißen Tränen auf ihrer Wange an seinem Gesicht abkühlen und trocknen konnten. Lange genug, um die Blockade in seiner Kehle aufzulösen und dem knapp unterdrückten Zittern Einhalt zu gebieten.
    »Wir müssen da raus«, klang es schließlich gedämpft an seinem Hals.
    »Ich weiß.«
    »Es bringt uns um, Chris.

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