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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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meine Personalien ausgelassen hätte. Wo ich aufgewachsen bin, das ist kein Geheimnis. Das steht in meinem Lebenslauf.«
    »Was?« Mike blinzelte ihn an. »Ja, gut, aber ich hatte angenommen, was weiß ich, ungewollter Sohn eines Managers, der sich unters Volk gemischt und ein Barmädchen, eine Tänzerin oder was, geschwängert hat.«
    »Vielen Dank.«
    »Scheiße, das soll ja nichts heißen, so was kommt vor, weißt du. Hab’s mit eigenen Augen gesehen. War selbst ein paarmal nahe dran. Hab nur gedacht, auf irgend so ’ne Art bist du bei Ross Mobile reingekommen, hast vielleicht auch einen Fuß bei LS in die Tür gekriegt.«
    »Nein.« Chris lächelte angespannt. »Ross hab ich über einen alten Freund meines Vaters bekommen. Alles andere hab ich mir selbst gekrallt. Mach dir keine Gedanken, Mike. Du hattest völlig Recht. Einige von uns bringen die Voraussetzungen mit, und die wichtigste Voraussetzung ist Hass. Ich hatte genug Hass, um ein Hochhaus anzumalen. Ich bin mit Hass aufgewachsen. Das war wie Kraftstoff. Wie Nahrung. Du brauchst sonst nicht viel, wenn du nur genug Hass hast.«
    »Hör mal…«
    »Und eines Morgens bin ich aufgewacht und hatte Edward Quain getötet, und die Welt war immer noch da. Ich hatte einen Job, hatte ein gutes Leben, na ja, also jedenfalls einen Lebensstil. Hammett McColl hatte mich gerade befördert. Ich hatte Geld, viel Geld, zum ersten Mal in meinem Leben.« Er kippte sein leeres Glas in die Horizontale. Sah hinein und lachte. »Es schien ein bisschen unhöflich, nicht mit dem Leben weiterzumachen.«
    Die beiden Männer saßen eine Weile schweigend da. Schließlich machte Mike eine nervöse Bewegung und räusperte sich.
    »Chris.« Er zögerte. »Willst, äh, willst du heute bei mir übernachten?«
    »Nein. Danke, nein. Ich muss für eine Weile allein sein, Mike. Es gibt einiges, worüber ich mir klar werden muss. Ich werd in ein Hotel gehen. Trotzdem danke. Und…« Er wedelte undeutlich mit der Hand. »Danke für, na ja, dass du mir das Leben gerettet hast und alles.«
    Bryant grinste.
    »Scheiße, ich war dir immer noch was schuldig für Mitsue Jones. Sagen wir einfach, wir sind quitt.«
     
    Im Hotel hielt es ihn nicht so richtig.
    Er schenkte sich einen Whisky ein – noch ein verdammter Whisky – und starrte auf das Telefon, als sei es giftig. Sein Handy war immer noch ausgeschaltet. Niemand außer Mike wusste, wo er war. Er würde den Hörer abnehmen und wählen müssen.
    Stattdessen nahm er die Fernbedienung zur Hand und zappte sich durch die Fernsehkanäle. Endloser, hirnloser, knallbunter Scheiß und ein gerade eingetroffener Jubelbericht aus Kambodscha. Er erkannte die Bilder gleich wieder.
    Er schloss das bemalte Fenster des Fernsehers und ging auf den Balkon hinaus. Warme Nachtluft wehte ihm ins Gesicht. Eine gut beleuchtete Kensingtoner Straße führte sieben Stockwerke tiefer am Gebäude vorbei. Ein Pärchen war darauf unterwegs, Arm in Arm. Gelächter wurde zu ihm heraufgetragen.
    Ein Taxi gondelte in die entgegengesetzte Richtung, auf der Suche nach Kundschaft.
    Er zog sich ins Schlafzimmer zurück. Er lag auf dem Bett und starrte die makellos verputzte Zimmerdecke an. Die Anspannung zwickte in allen Gliedern.
    Er tigerte durch die Suite und kaute einen Daumennagel ab.
    Er aktivierte das Notebook und versuchte einfache Datenbestandsaufgaben zu erledigen.
    Er schleuderte das Whiskyglas durchs Zimmer.
    Er schnappte sich Brieftasche, Nemex, Jackett und machte, dass er wegkam.
     
    Sie erwartete ihn.
    Sie musste sein Taxi gehört haben. Die Tür öffnete sich, als er auf den Klingelknopf drückte. Sie trug noch dieselben Sachen wie im Break Point, schwarze Leggins und ein weites graues Joggingoberteil, das Gesicht war abgeschminkt, die Haare zurückgebunden. Sie standen da und sahen sich an, eine Armlänge voneinander entfernt.
    »Ich muss mit dir reden«, begann er, doch sie schüttelte den Kopf.
    Sie streckte die Hände aus, als er über die Schwelle trat. Es fühlte sich an wie Fallen. Er war nahe genug, um frisch konsumierten Kaffee in ihrem Atem zu riechen, dahinter den Strudel weiblichen Dufts, vermischt mit Orangenblüte. Der Kuss war eine Kollision mit offenen Mündern, die ihm Tränen in die Augen presste, ein gegenseitiger Ansturm von Zungen, von an Lippen nagenden Zähnen, von an Kleidung zerrenden Händen. Sie lachte aufgeregt in seinen offenen Mund hinein, als sie einander umklammerten, und seine Hände schienen unfassbar voll von ihrem Körper,

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