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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf ihr Essen, dann zu ihm hin.
    »Ja, ich weiß.« Sie brachte ein dünnes Lächeln zuwege. »Tut mir Leid. Bin einfach müde.«
    »Wer ist das nicht, Mensch.« Chris nahm einen übergroßen Schluck von seiner Margarita und sagte dann erst einmal für eine Weile gar nichts mehr.
    Fajitas sind keine Speise, die man in schweigendem Missmut verzehren kann, und so tat keiner von beiden viel mehr, als ein wenig darin herumzustochern. Als der Kellner an ihrem kleinen Tisch vorbeikam, spürte er die Stimmung, die dort herrschte, und trug die abgekühlten Teller kommentarlos ab.
    »Noch ein Nachtisch vielleicht?«, fragte er vorsichtig, als er zurückkehrte.
    Carla schüttelte stumm den Kopf. Chris holte tief Luft.
    »Nein, danke.« Er traf eine ausgesprochen spontane Entscheidung. »Aber Sie können mir noch eine Margarita bringen. Ach, nehmen wir doch gleich einen Krug.«
    »Ich möchte nichts mehr, Chris«, sagte Carla scharf.
    Ihm war völlig klar, dass der verdutzte Blick, den er ihr zuwarf, sie verletzen würde. »Wer hat dich denn gefragt? Der Krug ist für mich.« Er nickte dem Kellner zu, der sich sichtlich erleichtert entfernte. Carla setzte ihr verächtliches Gesicht auf.
    »Du betrinkst dich?«
    »Nun, nach logischem Kalkül muss die Antwort wohl lauten: Ja.«
    »Ich bin nicht hergekommen, um mich zu betrinken.«
    »Hat auch keiner von dir verlangt.«
    »Chris…«
    Er wartete ab, missachtete geflissentlich alle Zugänge, die das verzweifelte Brechen ihrer Stimme ihm eröffnet hatte. Ihre Schultern sackten nach unten.
    »Ich geh nach Hause«, sagte sie.
    »Okay. Sollen sie dir ein Taxi bestellen?«
    »Ich geh zu Fuß«, sagte sie kalt. »Ist ja nicht weit.«
    »Gut.« Er vergrub sich in seinem Margaritaglas, als sie aufstand. Sie machte eine zögernde Bewegung zu ihm hin, aber nur kurz, dann versteifte sich ihr Körper und sie ging weg. Chris ließ es sich sehr angelegen sein, ihr nicht nachzublicken, und als sie an dem Restaurantfenster vorbeiging, war er wieder völlig von seinem Getränk in Anspruch genommen. Aus dem Augenwinkel konnte er immerhin feststellen, dass sie nicht zu ihm hinsah.
    Ein bisschen sorgte er sich darüber, dass sie zu Fuß und allein nach Hause ging, doch dann beschloss er, darin nicht mehr als den Ausdruck von Schuldgefühlen wegen ihres Streits zu erkennen. Hawkspur Green war ein idyllisches Dörfchen, lächerlich wohlhabend geworden durch den Zustrom von Angehörigen der Fahrerberufsstände und ihrer Familien. Die Kriminalität bewegte sich auf dem Niveau einer Spielgruppe, nichts, was über gelegentlichen Vandalismus hinausging, und auch das war meistens nur Graffitisprayerei. Außerdem konnte Carla recht gut auf sich selbst aufpassen, und das Haus war kaum fünfzehn Minuten entfernt. Er konstruierte doch nur Ausreden, um ihr nachzugehen.
    Scheiß drauf.
    Der Krug wurde gebracht.
    Er trank ihn bis zur Neige.

 
ZEHN
     
     
    Südwestzone. Das Brundtland.
    Das verfallende Betongerippe der Wohnsiedlung lag überwiegend im Dunkeln. Einige wenige nicht zerstörte Lampen warfen sporadisch natriumorange Flecken auf Fußwege und Treppenübergänge. Vereinzelte erleuchtete Fenster drückten den verdunkelten Gebäuden einen schwarzgelben Code auf. Kindergroße Schatten flitzten aus Carlas Scheinwerferlicht heraus, als sie den Landrover parkte. Außerhalb des Schutz gewährenden Fahrzeugs wurde es heikel. Sie spürte die Profiaugen, die beobachteten, wie sie die Diebstahlsicherungssysteme aktivierte, und die Profiohren, die dem kurzen, sich steigernden Heulen des sich an der Batterie aufladenden Kontaktbetäubers lauschten. Sie ging so schnell, wie es tunlich war, wenn man keine Angst erkennen lassen wollte, vom Auto aus direkt in den Eingangsflur.
    Wundersamerweise schienen die Fahrstühle zu funktionieren.
    Auf den Knopf gehauen hatte sie eigentlich eher, um Dampf abzulassen, und war daher fast erschrocken, als die Lichter über den ramponierten Metalltüren aufblinkten und der nach unten gerichtete Pfeil zu leuchten begann. Ärgerlich wischte sie eine Träne weg, die ihr aus einem Auge gesickert war, und wartete auf den Fahrstuhl. Ihre rechte Hand war fest um die Betäubungspistole geklammert, die Chris ihr gekauft hatte, und in der Linken hielt sie eine Dose Mace-Spray. Von Eisengittern geschützte Halogenbirnen streuten ein kaltes Licht in die Eingangshalle, die absolut verlassen dalag. Allerdings hatten die mit Draht verstärkten Glastüren, durch die sie gekommen war, etliche Risse und

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