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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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und eine Unmenge von orangen Warnblinklichtern leuchtete hell auf. Mikes parodistischer Sands-Akzent war wieder da, angereichert mit weit aufgerissenen Augen und atemloser Durchgedrehtheit.
    »Tut mir Leid, Schatz. Ich hätte… wohl nicht… so viele Drogen nehmen sollen.«
    Er stieß ein irres Lachen aus, dann riss er im allerletzten Moment das Steuer herum, worauf der BMW heftig nach links ausscherte. Knapp entgingen sie dem sich ungerührt nähernden Lasterungetüm und schleuderten seitlich an ihm vorbei, so dicht, dass Chris einzelne Dellen auf der Metalloberfläche des Containers ausmachen konnte. Durch die Nachtluft drang die zischende Explosion der Bremsen an sein Ohr, und er begriff, dass Bryant jetzt einfach das getan hatte, wozu er Carla vorher aufgefordert hatte. Er hatte mit voller Absicht das Aufprallschutzsystem des Transporters ausgelöst, hatte ein halsbrecherisches Spiel mit dessen Maschinenreflexen gespielt, einfach nur so aus Spaß.
     
    Eine ganze Zeit später betrachtete er denselben Straßenabschnitt noch einmal, während Carla sie in ihrem eigenen Auto nach Hause fuhr. Hätte er mehr Aufmerksamkeit für seine unmittelbare Umgebung gehabt, würde er bemerkt haben, dass Carla schon mehrfach den Mund geöffnet hatte, bevor sie sich dann endlich zum Sprechen entschloss.
    »Tut mir Leid, das war meine Schuld, ich hätte nicht…«
    »Nein, war’s nicht.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass er es so auf die Spitze treibt…«
    »Er hat nur etwas klargestellt«, sagte Chris distanziert.
    Sie fuhren schweigend weiter.
    »Er ist gut, oder?«, sagte Carla nach einer Weile.
    Chris nickte wortlos.
    »Selbst betrunken, in diesem Zustand, ist er der Beste, den ich je gesehen hab.« Sie lachte freudlos. »Und ich sag vorhin noch, du würdest ihn in ein paar Jahren von der Straße fetzen. Meine Fresse, Ironie oder was…«
    »Carla, wirklich, ich möchte nicht darüber reden, okay?«
    Carla sah ihn von der Seite an, die Augen zusammengekniffen, aber falls sie die Absicht gehabt hatte, wütend zu werden, dann nahm das, was sie in seinem Gesicht erblickte, ihr den Wind aus den Segeln. Stattdessen griff sie nach seiner Hand.
    »Sicher«, sagte sie ganz ruhig.
    Chris nahm die angebotene Hand, drückte sie fest. Ein leises Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, aber er wandte nicht für eine Sekunde den Blick von der Straße.

 
NEUN
     
     
    In architektonischer Entsprechung zur Servicepyramidentheorie waren die unteren zwei Ebenen des Shorn-Blocks an diverse Läden und Restaurants vermietet, die gemeinsam unter dem Namen Basecamp firmierten. Nach Auskunft der Shorn-Werbebroschüren, die Chris sich zu Gemüte geführt hatte, bot Basecamp Beschäftigung für über sechshundert Personen und war, im Verein mit den Shorn-eigenen Kfz-Reparaturwerkstätten im Untergeschoss, ein Inbegriff für die Segnungen der Reichtumsverteilung durch den so genannten Trickle-down- oder Sickereffekt. Wohlstand sprieße aus den Fundamenten des Shorn-Blocks wie die Vegetation in Feuchtgebieten, behauptete die Literatur begeistert, während Chris sich eher das Bild vom Wasser aufdrängte, das durch den zerbrochenen Boden eines alten Tonblumentopfs sickerte. Reichtum war nach seiner Erfahrung etwas, das keiner von denen, die es besaßen, gern irgendwohin sickern sah.
    Auf der Straße gegenüber des Shorn-Komplexes war der Wohlstand in Gestalt eines winzigen Eckrestaurants namens Louie Louie’s erblüht – oder versickert. Ursprünglich in Verbindung mit dem Schlachtermarkt eröffnet, der im vorigen Jahrhundert dort existiert hatte, wo jetzt der Shorn-Komplex in den Himmel ragte, hatte der Laden im Zuge der Domino-Rezessionen kurzzeitig schließen müssen, dann aber unter neuer Leitung wieder eröffnet, um die nach überstandener Wirtschaftskrise neu eingestellten Arbeitskräfte im Basecamp mit Kaffee und Snacks zu versorgen. So weit war Chris von Mike Bryant unterrichtet worden, als sie eines Morgens auf einen Kaffee einkehrten. Was ihm selber auffiel, war die Tatsache, dass der Laden überhaupt keine Schließungszeiten zu haben schien und dass die Manager im Shorn-Turm, ob aus Snobismus oder tatsächlich aus Qualitätsgründen, ihren Imbiss lieber aus dem Louie Louie’s als aus jedem anderen Restaurationsbetrieb im Viertel kommen ließen.
    Der Kaffee, musste Chris zugeben, war der beste, den er im Vereinigten Königreich je getrunken hatte, und er zog eine weitere, geradezu lachhaft kindische Befriedigung daraus, dass er ihn aus einem

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