Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Zeichen. Er sah zu, wie das Glas sich auffüllte.
    »Ich bin eine Bestie«, murmelte er verbittert. »Ausgerechnet ich bin eine gottverschissene Bestie.«
     
    Eine Stunde später hauten sie in den Sack, als klar wurde, dass aller Whisky der Welt nicht reichen würde, Bryant aus seiner Trübseligkeit zu reißen. Chris musste seinen Freund mehr oder weniger zum Fahrstuhl und dann den Flur entlang zu seinem Zimmer tragen, wo er ihn erst einmal an der Wand abstellte, während er den richtigen Schlüssel suchte. Anschließend schleppte er ihn quer durchs Zimmer, lud ihn auf dem noch unberührten Kingsize-Bett ab und machte sich daran, ihm die Schuhe aufzubinden. Bryant begann zu schnarchen. Chris streifte die Schuhe ab und schaufelte die Füße mitsamt dem ganzen Rest aufs Bett hinauf.
    Als Chris sich über ihn beugte, um ihm die Krawatte abzunehmen, rührte Bryant sich wieder.
    »Liz?«, erkundigte er sich verschlafen.
    »Keine Chance«, sagte Chris, während er den Krawattenknoten löste.
    »Oh.« Bryant hievte den Kopf hoch und machte einen Versuch, klar zu sehen. »Chris. Mach keinen Scheiß, Mann. Mach keinen Scheiß.«
    »Keine Angst.« Chris hatte die Krawatte aufgeknotet und zog sie Bryant mit einem einzigen Ruck vom Hals.
    »Genau.« Bryants Kopf sackte zurück aufs Bett, die Augen fielen langsam wieder zu. »Du bist ein guter Junge, Chris. Das bist du. Ein… verdammt… guter Junge.«
    Er schlief wieder ein. Chris überließ ihn seinem Schnarchen und schlüpfte leise aus dem Zimmer. Wie ein Dieb schlich er sich in sein eigenes Zimmer und legte sich in sein Hotelbett, wo er noch eine ganze Weile wach blieb und mit dem Bild von Liz Linshaws sonnengebräunten Schenkeln und Dekollete vor Augen masturbierte.
     
    Es war jetzt sehr still in der Limousine. Der wolkenbruchartige Regen hatte sich zu einem stetigen Nieseln abgeschwächt, der zwar die Windschutzscheibe verschmierte, aber nicht mehr auf das Dach trommelte. Der Rolls-Royce-Motor war weniger geräuschvoll als das Rauschen der Reifen auf dem nassen Asphalt. Das lauteste Geräusch im Fond war das Tschilpen von Louise Hewitts fleißig Daten verarbeitendem Notebook.
    Landkarten und grafische Darstellungen kamen und gingen, aufgerufen und wieder entfernt von Hewitts versiert über die Tastatur tanzenden Fingern. Verlaufsmodelle des kambodschanischen Konflikts in immer neuen Varianten, je nachdem, welche in Frage kommenden Faktoren eingearbeitet wurden. Missernten, welche Folgen? Taifunschäden, welche Folgen? Hongkong-Föderation bricht diplomatische Beziehungen ab, welche Folgen? Bryants Vorarbeiten waren einfallsreich und umsichtig gewesen, aber Hewitt schaute ihren Untergebenen gern auf die Finger und klopfte deren Vorgaben so lange nach möglichen Schwachpunkten ab, bis diese zum Vorschein kamen. Es war dies eine grundlegende Sicherheitsmaßnahme. Wie bei irgendeiner Metalllegierung war man auch hier erst so richtig mit seinem Material vertraut, wenn man wusste, wie man es knacken konnte.
    Das mobile Autotelefon, das in den Sitz gekuschelt lag wie eine rotäugige Katze, schnurrte zu ihr hinauf. Sie schaltete die Videooption aus und griff zum Handapparat, die Augen immer noch auf die Hongkong-Variante gerichtet.
    »Ja?«
    Eine vertraute Stimme knisterte in ihr Ohr. Sie lächelte.
    »Bin auf dem Weg nach Edinburgh, warum?«
    Knister, knister.
    »Nein, das hielt ich nicht für sinnvoll. Um acht treffe ich mich mit einem Kunden zum Frühstück im Howard, und vorher muss ich noch Verträge durchsehen.«
    Knister knister GRUMMEL. Hewitts Lächeln wurde breiter.
    »Oh, das hast du gedacht? Nun, tut mir Leid, wenn ich dich enttäuschen muss, aber nur dafür wäre ich nicht den ganzen Weg gekommen. Obwohl du appetitlich genug ausgesehen hast.«
    Das Telefon knisterte weiter. Hewitt seufzte und richtete den Blick an die Decke. Ihre Stimme wurde besänftigend.
    »Ja, Medienpräsenz macht viel Eindruck. Aber ich hab dabeigesessen, denk dran. Ich würde mir an deiner Stelle keine Sorgen machen.«
    Die Stimme an ihrem Ohr wurde erregt, und Hewitts Geduld schien nun ernsthaft auf die Probe gestellt. Sie beugte sich vor.
    »Na gut, hör zu. Du überlässt es mir, mir Gedanken um Faulkner zu machen. Du hältst dich da raus.« Das Knistern schloss mit einem scharfen Ausrufezeichen ab.
    »Ja, ich weiß. Ich war dabei, vergiss das nicht. Es ist keine große Überraschung, um ehrlich zu sein. Nein, hör zu, es ist einfach eine Frage der Perspektive.«
    Grummel, knister.

Weitere Kostenlose Bücher