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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kosten hier untragbar wären. Selbst mit dem Zonensteueraufschlag ist das Mailen so billig, dass es bei der Anzahl der Artikel, die ich im Monat verschicke, praktisch keinen Kostenfaktor darstellt. Und selbst wenn, selbst wenn ich meine Arbeit, um Geld zu sparen, zu Fuß in die Osloer Redaktionen tragen würde, müsste ich das Gesparte für Wintersocken wieder ausgeben.«
    »Übertreib nicht, so kalt ist es auch wieder nicht.«
    »Ich glaube, du kannst dich nur nicht mehr erinnern.«
    »Dad.« Ihre Stimme wurde sanft. »Wir waren im Januar da.«
    »Oh.« Sie konnte dieser einzelnen bärbeißigen Silbe entnehmen, wie sehr er sich getroffen fühlte. Er sah ihr demonstrativ ins Gesicht. »Deine Mutter besucht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Dazu war keine Zeit, und ich glaube, sie war sowieso grade in Neuseeland. Chris hat mich zur Winter-Auto-Ausstellung in Stockholm mitgenommen, und auf dem Rückweg haben wir einen Abstecher nach Sognefjord gemacht. Er war noch nie da gewesen.«
    »Und es soll nicht kalt gewesen sein? Also hör mal, Carla. Ich bin vielleicht nicht in der Lage, mir Spontanflüge zu leisten, aber so lange her ist es auch wieder nicht.«
    »Na schön, es war kalt. Ja, es war kalt. Aber Dad, es war so…« Sie brach ab und deutete in die Runde. »Dad, sieh dich doch nur mal um.«
    »Ja, ich weiß, ich hab länger nicht aufgeräumt, aber…«
    »Du weißt, was ich meine.«
    Erik sah sie eine Weile schweigend an. Dann ging er zum Fenster und zog einen der zerschlissenen Vorhänge zurück. Draußen war irgendetwas angezündet worden, und das Feuer malte zuckende Schatten auf die Zimmerdecke. Rufe drangen durch die dünne Glasscheibe. »Ja«, sagte er leise. »Ich weiß, was du meinst. Das hier meinst du. Städtischer Verfall, wie nur die Briten ihn zustande bringen. Und ich mit meinen siebenundfünfzig Jahren stecke mitten drin.«
    Sie wich seinem Blick aus.
    »Es ist einfach viel zivilisierter dort, Dad. Niemand schläft draußen auf der Straße.«
    »Kein Wunder, er würde glatt erfrieren.«
    Sie achtete nicht auf ihn. »Niemand muss sterben, weil er sich die ärztliche Behandlung nicht leisten kann; es gibt keine alten Leute, die zu arm sind, um zu heizen, und zu ängstlich, um im Dunkeln noch auf die Straße zu gehen. Dad, es gibt keine von Gangs beherrschten Zonen, keine gepanzerten Polizeilaster, es gibt einfach keinen Ausschluss von Menschen, so wie hier.«
    »Klingt so, als solltest du darüber lieber mit Chris reden, anstatt mit mir.« Erik stürzte einen großen Teil seines Drinks in einem Zug hinunter. Es war eine von Zorn gespeiste Geste, und in seiner Stimme hallte das zerklüftete Echo seiner Regung wider. »Vielleicht kannst du ihn überreden, dorthin zu ziehen, wenn es dir so gefällt. Obwohl man sich nicht recht vorstellen kann, wovon ihr beiden dort leben solltet, wo es doch niemanden umzubringen gibt auf den Straßen.«
    Sie zuckte zusammen.
    Er sah es und zügelte sich.
    »Carla…«
    Sie blickte auf ihren Schoß. Sagte nichts. Er seufzte.
    »Carla, tut mir Leid. Ich… ich hab es nicht so gemeint.«
    »Hast du wohl.«
    »Nein.« Er stellte sein Glas ab und hockte sich vor sie hin. »Nein, Carla. Ich weiß, dass du nur das tust, was es braucht, um über die Runden zu kommen. Tun wir ja alle. Sogar Chris. Das weiß ich wohl. Aber verstehst du denn nicht? Jedes Argument, warum ich nach Norwegen zurückkehren soll, lässt sich genauso gut auf dich beziehen. Was glaubst du, wie ich mich fühle, wenn ich sehe, wie du in dieser ganzen Scheiße drinhängst?«
    Der Gedanke ließ sie auffahren, als hätte sie eine Ohrfeige erhalten. Ihre Hände krampften sich um seine.
    »Dad…« Sie schluckte und fing noch mal neu an. »Dad, das ist nicht der Grund, oder? Du bleibst nicht meinetwegen hier?«
    Kichernd legte er eine Hand unter ihr Kinn und hob es hoch.
    »Deinetwegen hier bleiben? Hier bleiben, um dich zu beschützen, mit all dem Geld und dem Einfluss, die ich zusammengerafft habe? Ja klar, so ist es.«
    »Dann sag mir, warum.«
    »Warum.« Er erhob sich, und für einen Moment dachte sie, dass sie wieder mal eine Vorlesung zu hören bekommen würde. Doch dann ging er zurück zum Fenster und starrte hinaus. Die Flammen waren gewachsen, warfen orange Flecken in sein Gesicht. »Erinnerst du dich an Monica Hansen?«
    »Deine Fotografin?«
    Erik lächelte. »Ich bin nicht sicher, ob ihr das Possessivpronomen so gut gefallen würde, aber ja, Monica, die Fotografin. Sie ist jetzt wieder in Oslo, macht

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