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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Adern. Sie hebt ihn empor, stößt ihn hinein in den Nullraum und lässt ihn dort. »Pass gut auf ihn auf«, sagt sie und erwidert das Lachen, das ihr antwortet.
    Den Weg zurück muss sie suchen. Gungnir in den Nullraum zu schieben, war leicht. Aber sich selbst dorthin zu heben, erfordert mehr Kraft, und die Gegenwart von Urds Brunnen erzeugt einen starken gegenläufigen Sog. Sie sieht sich um. Dort führt ein Pfad um Yggdrasils mächtigen Stamm herum. Dies ist der Weg.

    Ein kleines Haus liegt verborgen in einer Senke unter einem tiefhängenden Ast der riesigen Esche. Vor die Tür tritt eine Frau, hochgewachsen auch sie, hellhaarig, schön.
    Hjördis blinzelt. Licht spielt in ihren Augen, blendet sie. »Móðir«, ruft sie, »Mutter«, hört den Zweifel in ihrer Stimme.
    Sie nähert sich der großen, stillen Gestalt, die ihr aus dunkelblauen Augen entgegenblickt. Schön ist sie, aber alt, uralt.
    »Amma * ?«, fragt Hjördis, denn dies ist das Gesicht ihrer Mutter, aber sie ist es nicht. Die alte Frau nickt schweigend, sieht sie an.
    »Meine Enkelin«, sagt sie schließlich. »Ist es ihm also doch gelungen, dich zu finden und herzubringen?« Sie zweifelt, das ist deutlich zu sehen.
    Hjördis reicht ihr die Hand, um zu zeigen, dass sie aus Fleisch und Blut ist, kein Truggebilde. Die alte Frau nimmt sie, umschließt sie mit beiden Händen. »Du bist es wirklich.« Sie seufzt. »Was hat es zu bedeuten, dich hier zu sehen? Ich verspüre Furcht, meine Enkelin.«
    Hjördis beugt sich vor, küsst die faltige Wange, die weich ist wie ein Pfirsich. »Hab keine Angst«, flüstert sie. »Ich bin nicht die Vorbotin des Untergangs. Bleibt hier, bergt euch in Yggdrasils Schutz, es wird euch nichts geschehen.«
    Die alte Frau nickt, aber Misstrauen färbt ihren Blick. Sie wendet sich ab, geht hinein, schließt die Tür fest hinter sich zu.
    Hjördis legt den Kopf in den Nacken, blinzelt. Befiehlt eine Erinnerung. Ash. Sie ist Ash und muss zurückkehren, um etwas zu tun. Sie ist ein Teil des PLANs, hat eine Aufgabe, die wichtig ist. Es hat zu tun mit Gungnir und einem brennenden Baum.
    Sie reißt die Erinnerung los und legt sie an den richtigen Platz. Von hier fort, zurück in den Nullraum. Das ist der nächste Schritt. Wenn sie ihn getan hat, wird sie sich wieder erinnern und wissen, was als nächstes zu tun ist. Schritt für Schritt. Erinnerung für Erinnerung.
    Ash betritt den Pfad, der um Yggdrasils Stamm führt. Das Plätschern der Quelle verstummt. Sie taucht in den Schatten. Raschelnde Schritte in der Stille. Vor ihr führt der Pfad zwischen hohen Hecken hinunter in ein tiefes Tal. Immer noch liegt der mächtige Stamm an ihrer linken Seite, begleitet ihren Weg. Wasser flüstert über Steine. Ein gemauerter Brunnen liegt am Weg. Sie rastet, setzt sich auf die Umrandung, taucht ihre Hände ins Wasser. Begegnet dem Blick des Auges, das in der Mitte des Brunnens schwimmt. Erinnert sich. »Afi«, grüßt sie und blinzelt. Das Auge erwidert das Zwinkern.
    Ein Gähnen lässt sie aufschauen. Was sie für einen Felsbrocken gehalten hat, der am Rand des Brunnens aufragt, öffnet die Augen und sieht sie an. »Ah, Besuch«, sagt das Riesenhaupt. »Das ist aber eine nette Überraschung. Du bist die kleine Hjördis, nicht wahr? Erinnerst du dich noch an deinen Großonkel Mimir?«
    »Wie könnte ich dich vergessen?«, sagt sie warm. »Du hast mir vorgesungen. Und Geschichten erzählt, so schöne Geschichten!«
    Sie beugt sich vor, weit über den Brunnenrand und küsst den uralten Riesen auf beide Wangen, die nicht Stein sind und nicht Fleisch.
    »Bleib ein Weilchen bei mir«, bittet der Riese. »Ich bekomme so selten Besuch.«
    Ash streckt die Beine aus und lauscht einer Amsel, die hoch über ihrem Kopf den Abend begrüßt. »Wie ist es, so ganz ohne seinen Körper leben zu müssen?«, fragt sie. Diese Frage hatte sie als Kind schon stellen wollen, aber sie hatte gefürchtet, Mimir damit zu verletzen.
    Der Riese blinzelt. »Wie soll es schon sein? Man kann sich nicht an der Nase kratzen. Und es macht überhaupt keinen Spaß mehr, etwas zu essen.« Er lacht dröhnend.
    »Ich gehe zurück«, sagt Ash, mehr zu sich als zu ihm. »Ich muss vollenden, was ich begonnen habe. Was wir begonnen haben.« Sie runzelt die Stirn. Wir? Wer sind die anderen?
    »Weißt du noch …«, murmelt das Riesenhaupt. »Weißt du noch, wie sie ihn gebunden hatten, den jungen Loge? Dort oben, auf einen Felsen?«
    Sie taucht nach der Erinnerung, findet sie, holt sie

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