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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Du bist ein guter Sohn.« Da war kein Spott in ihrer Stimme. Ravi errötete.
    »Loki ist viel zu alt für dich«, sagte er. »He, sieh dich und mich an. Wir sind ein gutes Team.«
    Ash lehnte den Kopf matt an die Rückenlehne des Sessels. »Ravi«, sagte sie leise, »du täuschst dich. Ich bin älter als ich aussehe. Und wir waren nie ein gutes Team.«
    »Unsere Tattoos«, sagte er wie jemand, der seinen letzten Trumpf in einer bereits verlorenen Partie zieht.
    Ash lachte. Sie schob den Ärmel hoch und hielt ihm ihren Unterarm hin. Glatt und makellos. Vom Feuer gereinigt. Hatte sie je eine Tätowierung an ihrem Handgelenk getragen? Sie erinnerte sich nur sehr verschwommen daran.
    Ravi nickte, als hätte das etwas bewiesen. »Ich dachte, ich versuche es noch mal«, sagte er resigniert. »Weißt du, jetzt, wo ich tot bin, hab ich doch niemanden mehr, der zu mir gehört.«
    Ash umarmte ihn. »Nun sorge dich doch nicht um so eine Kleinigkeit. Wenn wir alle die nächsten Tage heil überstehen, wird alles vollkommen verändert sein. Und was das Totsein angeht – Engelchen, lass es dir von einem Profi wie mir gesagt sei: man gewöhnt sich daran, und es ist selten von Dauer.« Sie gab ihm einen festen Kuss auf den Mund und einen nicht weniger festen Klaps auf die Wange. »Jetzt lass mich und meinen ›alten Junkie‹ noch ein paar Stunden ausruhen. Das Gleiche solltest du auch tun. Wer weiß, wann wir wieder zum Schlafen kommen.«
    Er nickte mit unglücklicher Miene und erhob sich. Ash wartete, bis die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, dann löschte sie das Deckenlicht, zog ihr Hemd über den Kopf, warf es auf einen Stuhl und ging zum Bett.
    Loki knurrte leise, als sie neben ihm unter die Decke schlüpfte. Sie kuschelte sich in seinen Arm.
    »Hat der Rotzbengel mich gerade einen alten Junkie genannt?«, fragte er, ohne die Augen zu öffnen.
    Ash lachte und stützte sich auf, um ihn anzusehen. »Wie geht es dir?«
    »Eine Mütze Schlaf und alles ist wieder gut.«
    Sie blieb auf die Ellbogen gestützt und musterte ihn besorgt. Sein Gesicht besaß sogar im warmen Licht der Nachttischlampe einen kranken, kalten Grauton, der sie erschreckte.
    »Eine Mütze Schlaf bringt dich nicht wieder auf die Beine«, sagte sie. »Lieber, wir müssen etwas tun. Entweder schluckst du jetzt alles, was in dem Behälter noch drin ist, oder ich ...«
    »Nein«, sagte er. »Du nicht. Du hast mir schon zu viel von deiner Lebenskraft gegeben. Das Risiko ist zu groß.«
    Ash legte ihre Hand auf seine Brust. Seine Haut war kalt wie die eines Reifriesen. »Ich kann ja wohl kaum daran sterben«, sagte sie. »Wird mir überhaupt etwas passieren, wenn ich in diesem Zustand über die Grenze gehe?«
    Er öffnete die Augen. »Ich möchte es lieber nicht ausprobieren. Du könntest im Nullraum stranden, wie Luzifer. Oder du verlierst so viel Energie, dass du elender dran bist als ich jetzt. In beiden Fällen würde es das Aus für unsere Pläne bedeuten.« Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. »Gib mir gerade so viel, dass ich einschlafe. Morgen nehme ich Dellingrs gepanschten Apfelsaft und hoffe, dass ich damit bis zum Tag X komme.« Er grinste schief. »Schlimmstenfalls muss ich mir eine nette junge Dämonin suchen, die mich wieder auflädt ... he, du wirst dich doch nicht an einem hilflosen alten Junkie vergreifen!«
    Sie zog seinen Kopf herab, dass er an ihrer Schulter ruhte, und legte ihre Arme um ihn. Kalt war er, knochig, und leicht wie Treibholz oder ausgeglühter Stein. Sie hielt ihn umfangen und ließ Wärme und Lebenskraft in einem sanften, steten Strom in seinen ausgemergelten Körper fließen. Er schlief ein, und sie lag da, hielt ihn fest und starrte mit weit offenen Augen ins Dunkel. Wie oft hatte sie so gelegen und ihm Kraft, Leben, Wärme gegeben? Sie konnte es nicht mehr zählen.
    Wie hatte sie es verflucht, dass sie nicht unsterblich war wie ihr Großvater, wie Loki. Dass sie gezwungen war, zu sterben, wieder ins Leben zurückzukehren, zu altern, zu sterben ... Diese seltsame Form der Unsterblichkeit, die Odin ihr ermöglichte, erschien ihr schon nach einem halben Dutzend gelebter Leben, gestorbener Tode nur noch als ein Fluch, nicht als Geschenk.
    Aber dann hatte sie begriffen, welch großes Glück das war. Sie konnte Loki von ihrer frischen Lebenskraft geben, ihm so helfen, sich zu regenerieren und auch ohne Iduns Äpfel weiterzuleben.
    Loki war anfälliger für den Kampf mit der alten Riesin Zeit als sein Bruder. Der Allvater

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