Projekt Atlantis
den Großen wissen als ich. Die sich spezialisiert haben. Und was ist mit den großen Ägyptologen? Franck Goddio fällt mir sofort ein.«
»Alles zu seiner Zeit. Es gibt nur einen ersten Augenblick, und den möchte ich nicht mit einem ganzen Reisebus von Zuschauern teilen. Zudem...«, Yves machte eine Pause und beugte sich nach hinten, von wo er eine Schachtel hervorholte. »Zudem haben Sie offenbar einen Gönner in Kairo.«
Peter sah den Franzosen fragend an.
»Ich habe ein Schreiben der SCA erhalten, das Sie ausdrücklich empfiehlt.«
»Mich empfiehlt? Etwa von Dr. Aziz? Das ist unlogisch... Und außerdem: Weshalb ist er nicht selbst hier? Er scheint mir doch sonst auch keine Gelegenheit auszulassen, überall dabei zu sein und sein Gesicht in die Kamera zu strecken.«
Yves zuckte mit den Schultern. »Oh, fragen Sie mich nicht, warum. Offen gestanden wundere ich mich über die Anwandlungen der SCA schon lange nicht mehr. Aber freuen Sie sich einfach. Und dieses Päckchen hier kam heute Morgen für Sie an.« Er übereichte dem Professor die Schachtel. »Es steht kein Absender darauf. Nur eine Reihe von Hieroglyphen, dort, sehen Sie? Es bedeutet...«
» Thot Wehem Ankh Neb Seshtau «, vollendete Peter. » Der Wiedergeborene Thot, Herr der Geheimnisse. Ich kenne diesen Absender.« Er lächelte, als er sich an die Erlebnisse in Kairo erinnerte. Hierhinter verbarg sich eine geheime Gesellschaft, die ihm manche Steine in den Weg gelegt hatte, bis am Ende klar geworden war, welche Ziele sie eigentlich verfolgte. Sie waren im Guten auseinandergegangen. Allerdings hatte er nicht erwartet, jemals wieder von den Leuten zu hören. Er öffnete das Päckchen. Zuoberst lag eine Postkarte. Es war eine Ansicht des Ägyptischen Museums in Kairo. Die Rückseite enthielt nur eine Zeile:
Wissen, Erkenntnis und Weisheit. M.
Unter der Karte, in das Papier einer ägyptischen Tageszeitung gewickelt, kam eine Statuette zum Vorschein, eine ibisköpfige Gestalt in schreitender Pose. Es war der ägyptische Gott Thot, Begründer der Schrift und der Wissenschaften, der Kulturbringer der altägyptischen Tradition. Peter kannte die Figur. Es war die gleiche, vielleicht sogar dieselbe, die vor einigen Jahren auf dem Schreibtisch von Oliver Guardner gestanden hatte. Jenem alten Herrn, der ihn zur Suche nach der »Quelle des Wissens« eingeladen hatte, die ihn bis tief unter die Wüste und die Nekropole von Sakkara geführt hatte. Damals hatte er auch Melissa kennengelernt, und das »M« war nichts anderes als ihre Unterschrift. Jetzt wusste er nicht nur, dass seine Schritte erneut beobachtet wurden, sondern auch, dass man sie guthieß und dass Melissa ihren positiven Einfluss sogar bis in die Altertümerverwaltung ausgebreitet hatte. Es war ein schönes Gefühl, und mehr Worte als jene auf der Karte waren nicht notwendig.
»Ein Geschenk?«, fragte Yves.
»Ein Segen. Von guten Freunden«, antwortete Peter.
»Wunderbar. Dann können wir uns nun zur Ausgrabung begeben. Sind Sie bereit?«
»Ja, einverstanden.«
Der Franzose führte Peter hinaus, über das Gelände und zu einem knapp zwei Meter tiefen Schacht, der von einem großen Zelt überspannt wurde. Sie duckten sich unter der tief hängenden Plane hindurch und gingen einige Stufen hinab, die in das Erdreich gegraben worden waren. Am Boden der Grube war der obere Absatz einer schmalen Treppe freigelegt worden, die in einem schräg abfallenden Gang tiefer führte, in ähnlicher Weise wie die Zugänge der Gräber im Tal der Könige konstruiert waren.
Yves nahm eine Taschenlampe von einem der umherstehenden Assistenten entgegen. »Kommen Sie, Professor Lavell«, sagte er und betrat den Gang.
Sie waren der Treppe erst wenige Meter gefolgt, als erste Beklemmungsgefühle Peter befielen. Er spürte das Gewicht der Steine und der Erde über ihm, und trotz des Scheins des Eingangs hinter ihm und des Lichtkegels der Taschenlampe vor ihm drängte die Dunkelheit an ihn heran. Er hatte bemerkt, dass es mit dem Alter schlimmer wurde. Er konnte sich nicht erinnern, dass er die Dunkelheit in jungen Jahren je so drohend empfunden hatte. Es war keine konkrete Angst und auch keine unbestimmte abergläubische Furcht, sondern ein Gefühl der Haltlosigkeit, des Verlusts von Orientierung und Sicherheit. Vielleicht waren seine Erlebnisse in Südfrankreich vor mehreren Jahren der Auslöser gewesen. Besonders schlimm war es dann in Sakkara geworden. Vermutlich gab es eine psychologische Ursache, etwas, das
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