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Projekt Atlantis

Titel: Projekt Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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gewesen und hatte ein gemischtes Publikum von Hobbyarchäologen, Neugierigen, Skeptikern und Esoterikern angelockt. Peter Lavell als Geschichtsprofessor und mit seiner besonderen Ausrichtung auf Anthropologie und Mythologie eilte der Ruf eines unorthodoxen Denkers voraus. Aufsehenerregende Entdeckungen im Feld wurden ihm nicht zugeschrieben, wohl aber zahlreiche kontrovers diskutierte Theorien und Veröffentlichungen, die häufig Jahre später erst durch Funde belegt werden konnten.
    »Sicherlich werden Sie mir zustimmen«, fuhr Peter fort, »dass kaum ein Thema die Fantasien der Menschen über so viele Jahrhunderte gefesselt hat, und noch heute ist es immer wieder im Gespräch. Man sollte also meinen, dass wir inzwischen einiges über Atlantis wissen – schließlich sucht man seit über zweitausend Jahren nach dem versunkenen Kontinent.
    Aber was wissen wir wirklich?
    Unsere wichtigste Quelle ist Platon, der in seinem Werk Kritias ausführlich von Atlantis berichtet.«
    Ein Raunen und einzelne Ausrufe waren im Saal zu hören. Peter Lavell hob beschwichtigend die Hand. Vor einem Publikum mit heterogenem Wissensstand war es immer schwierig, nicht die eine Hälfte zu langweilen oder die andere zu überfordern.
    »Ich weiß, ich weiß. Heute führen Forscher unzählige weitere Textpassagen anderer Autoren an mit dem Hinweis, dass damit derselbe Ort gemeint sein könnte. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird Atlantis inzwischen bei Helgoland, in der Türkei, bei Thera, bei Zypern, im Süden Spaniens, auf den Azoren, vor der Westküste Afrikas, in der Antarktis oder vor Kuba vermutet, um nur einige der gängigen Theorien zu nennen. Hierbei handelt es sich aber zumeist um neuzeitliche Schlüsse und Verbindungen, sie basieren auf Quellen, die alle auf fast eintausend Jahre nach Platon datiert sind. Unsere einzige ursprüngliche Quelle, die Atlantis ausdrücklich nennt und beschreibt, bleibt Platon. Er schrieb Kritias, nachdem er fünf Jahre zuvor in seinem Werk Timaios Atlantis zum ersten Mal erwähnte. Und darin erklärt er auch, wo die Informationen über Atlantis herrühren:
    In diesem über zweitausenddreihundert Jahre alten Text führen vier Menschen einen – wohlgemerkt fiktiven – Dialog. Kritias, einer der vier, erklärt, er habe die Geschichte von seinem Großvater, Kritias dem Älteren, erzählt bekommen. Kritias der Ältere selbst habe die Geschichte durch seinen Vater, Dropides, erfahren. Dropides nun hätte sie gehört von seinem Verwandten und Freund Solon. Und Solon schließlich habe die Geschichte – insgesamt nun etwa zweihundert Jahre vor Platon – von einem Priester in Ägypten erzählt bekommen.
    Stellen Sie sich also vor: Die Geschichte von Atlantis erzählt uns jemand in einem Buch, worin sie jemand erzählt, der sie erzählt bekommen hat, der sie erzählt bekommen hat, der sie erzählt bekommen hat. Und übrigens: Der Priester, bei dem diese Stille-Post-Kette anfängt, behauptet, das Ganze habe sich neuntausend Jahre vor seiner eigenen Zeit zugetragen. Nun könnte man sich fragen, was der für ein Gedächtnis gehabt haben muss.«
    Ein kurzes Auflachen im Publikum war die Folge.
    »Ihre Reaktion zeigt die Schwierigkeit an Platons Geschichte: Er stellte sie auf ein Fundament aus Strohhalmen, das jedem rationalen Wissenschaftler unglaubwürdig erscheinen musste. Und das ist einer der Gründe, weshalb sich die Menge der seriösen Wissenschaftler, die sich mit dem Mythos Atlantis beschäftigen, an einer Hand abzählen lässt. Sicher, Literatur gibt es allenthalben. Sie finden sie in Form von Abenteuergeschichten oder pseudowissenschaftlichen Sachbüchern, und Letztere zu einem großen Teil in der Esoterik-Abteilung Ihrer Buchhandlung.« Peter schmunzelte. »Und deswegen werde auch ich Ihnen heute nicht erzählen, was ich über Atlantis denke. Aber ich werde Ihnen einige der gängigen Theorien über den versunkenen Kontinent darlegen.
    Platon beschreibt nicht nur die Insel, ihre geografischen Eigenheiten und ihren Untergang, er berichtet auch über die Kultur der Atlanter, in ganz ähnlicher Weise, wie wir es von Herodot aus seinen Historien kennen, in denen er unter anderem das alte Ägypten beschreibt. Nun ist Platon nicht als Reisejournalist bekannt, und schon immer stand die Frage im Raum, ob seine Dialoge nicht allesamt rein allegorischer Natur waren.
    Bei rein analytischer Herangehensweise wird klar, dass es nur drei Möglichkeiten geben kann: Alles ist erfunden, alles ist wahr, oder aber es ist

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