Projekt Babylon
gar aus ihren Löchern treibt«, hatte sie erklärt. Sie seien zu allem fähig, wären kriminell und niederträchtig. »Ich bin sicher, dass wir uns einigen werden«, hatte Patrick erwidert. Und das Geheimnis der Höhle würde selbstverständlich gewahrt bleiben. Renée hatte das Gespräch nur widerwillig beendet und nicht, ohne sich versichern zu lassen, dass man auf sie zurückkommen würde, falls Hilfe nötig sei, und spätestens, sobald Peter wieder da sei.
»Sie haben mir noch nicht erklärt, was genau Sie nun vorhaben«, sagte Stefanie. »Ich hoffe, Ihnen ist klar, dass wir keinesfalls allein dort hineingehen.«
»Nein, natürlich nicht. Aber wie ich schon am Telefon sagte, finden wir sicherlich ein paar überzeugende Argumente.«
»Und was meinen Sie damit? Glauben Sie, den Satanisten könnte man drohen? Oder wollen Sie einen Handel betreiben? Sagen Sie es mir.«
»Einen Handel? Nein, nicht direkt. Ob Sie es glauben oder nicht, aber ich wollte mich an ganz offizielle Stellen wenden: die Polizei. Was meinen Sie, wie schnell die auf den Füßen sind, wenn wir ihnen erzählen, dass unsere kleine Tochter von einem Paar grobschlächtiger Männer vom Fahrrad gerissen und in den Untergrund gezerrt worden ist...«
»Unsere Tochter? Also, jetzt gehen Sie aber zu weit mit Ihrer Fantasie.«
»Wenn Sie eine bessere Idee haben, lassen Sie es mich wissen.«
Eine Weile erwiderte sie nichts, so dass Patrick schon dachte, sie würde sich tatsächlich einen anderen Plan ausdenken. »Madelaine«, sagte sie dann.
»Hm?«
»Sie muss doch einen Namen haben. Sie heißt Madelaine. Und sie ist Ihre Tochter. Aus erster Ehe.«
Patrick lächelte, »Meinetwegen.«
Bald hatten sie Carcassonne erreicht und suchten die Straße über Mazamet nach Castres. Von dort würden es noch etwa vierzig Kilometer nach Albi sein. Patrick hatte sich für die Landstraße entschieden, weil er der Meinung war, dass er die gesamten hundert Kilometer auf ihr schneller zurücklegen konnte als die doppelte Strecke auf der Autobahn über Toulouse. Stefanie hatte dies zwar zunächst bezweifelt, aber als sie nun Zeuge wurde, wie Patrick den Landrover über die bei Tage wohl durchaus malerische Strecke jagte, wurde ihr klar, dass es ihm hauptsächlich darum ging, auf den weniger befahrenen Strecken den wachsamen Augen der Verkehrspolizei zu entgehen.
»Eines noch, Patrick...«
»Ja?«
»Es ist mir wichtig, dass wir vorher darüber reden und Sie mir etwas versprechen.«
Patrick wusste nicht recht, wie ihm geschah. Plötzlich umgab eine intensive Aura seine Beifahrerin. Er sah Stefanie von der Seite an. Ihr Gesicht lag im Dunkeln, dennoch waren ihre Haare von einem unwirklichen Glanz umgeben. Sein Herz schien für einen Moment auszusetzen. Ein Gefühl, das er seit seiner Jugend nicht mehr gekannt hatte. Wie schon in der Höhle strömte das Blut warm in seinen Unterleib, aber es überlief ihn gleichzeitig auch ein Schauer, den er voller Verwirrung nicht als Erregung, sondern als Angst erkannte. Angst davor, dass er sie berühren wollte, Angst, dass sie sich von ihm abwenden würde, Angst, dass sie wie ein Traumbild verschwände.
»Hören Sie mir überhaupt zu?«
»Wie? Oh, ja. Ich war gerade in Gedanken. Was sagten Sie?«
»Sie müssen mir etwas versprechen, Patrick.«
»Aber ja, sicher doch. Um was geht es?«
»Die Höhle. Sie ist unantastbar. Sie ist zu mächtig. Sie ist nicht für jeden Menschen bestimmt. Sie dürfen nichts davon erzählen. Und ganz besonders nicht diesen Sektenmitgliedern. Sie dürfen niemals das Geheimnis der Höhle erfahren!«
»Na ja, wo sie ist, wissen die ja schon. Aber ich hatte nicht vor, ihnen auf die Nase zu binden, wie man hineinkommt.«
»Schwören Sie es.«
»Wie bitte?«
»Sie sollen es schwören. Dass Sie das Geheimnis der Höhle niemandem verraten werden. Schlimm genug, dass Elaine es weiß.«
»Ich bitte Sie, sie ist schließlich unsere Auftraggeberin. Und außerdem haben wir ihr den Bericht ja noch gar nicht geschickt, den sie haben wollte.«
»Schwören Sie es!«
»Meine Güte, ja doch. Ich versprech's Ihnen.«
»Schwören Sie auf das Leben von Madelaine.«
»Auf meine virtuelle Tochter?«
»Nein, auf Madelaine, Ihre jüngere Schwester.«
Patrick verriss das Steuer, hatte den Wagen aber gleich darauf wieder unter Kontrolle. Anschließend ging er vom Gas und rang nach Luft. »Wie können Sie das wissen?!«, brachte er halblaut hervor.
»Sie haben sie geliebt und wie eine Prinzessin behandelt. Und sie
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