Projekt Babylon
ebenfalls ein kleines Rätsel beizusteuern. Eine Eitelkeit, gewiss, die Sie mir höflichst verzeihen mögen. Andererseits stellte es sicher, dass Sie mit gebührender Sorgfalt und Liebe zum Detail vorgehen würden.«
»Ich meinte vielmehr die Tatsache, dass Sie wiederholt einen Kreis erwähnten. Und tatsächlich gibt es diese Gerüchte um einen ›Kreis von Montségur‹. Was können Sie uns darüber erzählen?«
»Die Geschichte um den ›Kreis von Montségur‹ ist schon alt, aber wenig verbreitet. Einer der undurchsichtigeren esoterischen Mythen. Ohne Zweifel sind Sie deswegen noch nicht früher darauf gestoßen. Am Leben erhalten wird diese Geschichte seit ihrer Entstehung durch einen kleinen Orden, der sich ›Tempel Salomons‹ nennt.«
»Wir haben ihn heute Morgen kennen gelernt.«
»Es war nur eine Frage der Zeit, bis das passieren würde.«
»Was wissen Sie über den Orden?«
»Es gibt nur wenige Informationen. Das meiste, was bekannt ist, wurde auf die eine oder andere Art von den Mitgliedern selbst in Umlauf gebracht. Der Legende nach bildete sich der Orden als eine Splittergruppe der Tempelritter.«
»Sie meinen die Templer?«, fragte Patrick. Er erinnerte sich an die Ausführungen von Peter und an den verlorenen Schatz jenes Ordens.
»Ja. Sie wissen sicherlich um ihre Taten und ihren sagenhaften Reichtum. Der Überlieferung nach beruhte der so plötzlich steigende Einfluss der Templer auf einer einzigen Ursache: Unter den Ruinen des Tempels von Salomon, wo sich ihr erstes Quartier befand, stießen sie auf ein Archiv des Wissens.«
»Eine Höhle, so wie hier?«, fragte Patrick.
»Es ist wohl nicht bekannt, ob es notwendigerweise eine Höhle war. Jedenfalls soll es ebenjene Quelle gewesen sein, aus der auch König Salomon sein Wissen und seine legendäre Weisheit bezogen hatte. Die Templer jedoch veränderten sich, wurden von der Macht verführt, häuften Reichtümer an und verfehlten das eigentliche Ziel: die Macht zum Wohl der Menschen einzusetzen – oder sie wieder zu versiegeln, falls die Menschen nicht reif dafür wären. Da spaltete sich eine kleine Gruppe von den anderen ab und nannte sich schlicht ›Tempel Salomons.‹«
»Nicht zu verwechseln mit der ›Armen Ritterschaft Christi vom Salomonischen Tempel‹«, warf Peter ein, »dem offiziellen Namen der eigentlichen Templer.«
»Das ist völlig richtig«, sagte van Germain. »Die Mitglieder des ›Tempel Salomons« jedenfalls wollten das Archiv schützen. Doch es gelang ihnen nicht, die Templer aufzuhalten. Das Archiv Salomons ging in den Wirren der Kriege verloren, und was nicht völlig zerstört wurde, wäre wohl heute im dreigeteilten Jerusalem unzugänglicher als jemals zuvor. Die Templer hingegen bauten ihr Reich in alle Richtungen aus. Man sagt, sie seien auf Informationen über die Gründer der Archive gestoßen und hätten in Erfahrung gebracht, dass es weitere solcher Orte gäbe, die sie nun suchten.«
»Und diese Gründer sind der ›Kreis von Montségur‹«, vollendete Peter die Ausführungen.
»In der Tat«, sagte van Germain. »So viel haben Sie also bereits erfahren.«
»Nathaniel ließ es leider dabei bewenden«, sagte Peter. »Er war nicht bereit, uns mehr über den ›Kreis von Montségun zu erzählen.«
»Sie dürfen es ihm nicht verdenken, Herr Professor. Nach allem, was ich gehört habe, verliert sich die Spur an dieser Stelle in allerlei Mythologie. Oh, das Essen.«
Joseph hatte den Salon mit einem Servierwagen betreten. Darauf befand sich ein Rechaud mit der angekündigten Bouillabaisse. Er verteilte Besteck und Geschirr und stellte Brot und Perrier auf den Tisch, bevor er servierte. Dann verließ er sie wieder.
Sie aßen eine Weile schweigend. Peter hielt es nicht für angebracht, das Essen gleich zu Beginn mit Fragen und Gesprächen zu belasten. Lediglich einige Höflichkeiten über die Einladung und Komplimente über die Qualität des Essens wurden ausgetauscht. Patrick ließ es sich nicht nehmen, den Teller mit Brot auszuwischen, während Peter den Faden der Unterhaltung wieder aufnahm.
»Nachdem die Templer also ein weiteres Archiv des Wissens hier in Frankreich entdeckt hatten«, mutmaßte er, »schwor sich der ›Tempel Salomons‹, dass sie zumindest dieses Archiv schützen würden?«
»Richtig«, sagte van Germain. »So leiten sie jedenfalls ihre Geschichte und Berechtigung her.«
»Und was hat es mit den legendären Gründern auf sich, dem ›Kreis von Montségur‹? Was sollen das für Leute
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