Projekt Babylon
gehört haben!«
»Vielleicht auch nicht.«
»Was?!? Haben Sie nun etwas gehört, oder nicht?«
»Worte, warte! Confisus, Konfuzius! Welchen Sinn haben Worte? Wer weiß Bescheid? Ist es so, oder nicht?«
Patrick wollte den Greis am liebsten schütteln. »Mein Gott, Mann, reißen Sie sich mal zusammen, das ist wichtig! Was hat er gesagt?!?«
Der Alte hatte sein Grinsen plötzlich eingestellt. Wieder ging er zum Fenster und drückte sein Gesicht gegen das Gitter. »Ich weiß Bescheid, ich weiß Bescheid. Vielleicht, vielleicht ...«
» Mist «, fluchte Patrick. Aus dem Schwachkopf war nichts herauszubekommen. Aber immerhin gab es ihm Hoffnung zu hören, dass der Schäfer dann und wann vor sich hin brabbelte. Er musste ihn wieder zum Reden bringen.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und die Frau mit der Schürze kam herein. Als sie den Alten am Fenster sah, ging sie schnell auf ihn zu. »Hugo! Wachen Sie auf!«
Der Alte sah die Frau an, und sein Gesicht verzog sich zu einem elendig aussehenden Lächeln. Widerstandslos ließ er sich von ihr zu seinem Bett führen. Sie setzte sich auf seine Bettkante und zog die Gardine vor, während er sich hinlegte. Wenige Augenblicke später kam sie wieder hinter dem Vorhang hervor.
»Ich hoffe, er hat Sie nicht belästigt. Er schläft jetzt wieder.«
»Nein, ist schon in Ordnung. Was haben Sie mit ihm gemacht? Haben Sie ihm auch Tabletten gegeben?«
»Ja, die beiden brauchen sie in regelmäßigen Abständen, weil sie immer wieder zu sich kommen. So, und nun ist Jacques dran.« Sie schüttete zwei Kapseln aus einem braunen Fläschchen auf ihre Hand.
»Darf ich sie ihm geben?«, fragte Patrick.
»Wie bitte?«
»Ich möchte sie ihm gerne geben, ist das in Ordnung?«
»Nun... ja, wenn Sie unbedingt möchten...« Unsicher reichte ihm die Frau die Tabletten.
»Vielen Dank. Wissen Sie, es ist das Einzige, was ich für ihn tun kann. Wir haben uns sehr nahe gestanden...« Patrick nahm die Kapseln entgegen und tat so, als lege er sie dem Schäfer in den Mund. Dabei ließ er sie unauffällig in seiner Handfläche verschwinden, so ähnlich, wie er es machte, wenn er seinen Zigarettentrick vorführte.
Die Frau beobachtete den Vorgang, schien jedoch nichts zu bemerken. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen verließ sie den Raum.
Wieder war Patrick allein. Allein mit einem schwachsinnigen Greis und dem offensichtlich nicht gesünderen Schäfer. Ob er tatsächlich zu sich kommen würde, jetzt, wo er keine Tabletten bekommen hatte?
»Jacques, hören Sie mich? Sie müssen aufwachen!«
Der Schäfer zuckte nur wieder, wie er es zuvor auch getan hatte. Es war aber nicht deutlich, ob es eine Reaktion auf Patricks Stimme war. Er blieb auf der Seite liegen, zusammengerollt wie ein Embryo.
»Monsieur Henrot. Hören Sie, Sie müssen von der Höhle erzählen. Was haben Sie entdeckt? Jacques, die Höhle.«
Keine Reaktion.
»Gut. Vielleicht hat der Alte Recht. Vielleicht sind Sie nicht da drin. Vielleicht können Sie mich aber trotzdem hören, wo auch immer Sie sind. Wir haben Ihre Höhle auch gefunden. Eine wunderbare Höhle, voller Schriften und Malereien. Erinnern Sie sich daran? Wir erforschen sie gerade. Wir haben einige der Inschriften schon entziffert. Haben Sie die auch gelesen? Haben Sie vielleicht die Rose gesehen? Vielleicht erinnern Sie sich ja daran. Mit einem lateinischen Spruch. Hoc sit exemplum irgendwas.«
»Ne sis confisus...« Die krächzende Stimme ließ Patrick förmlich zusammenfahren.
»Was?!? Was war das? Haben Sie etwas gesagt? Jacques!«
»Ne sis confisus... illis...« Die Worte kamen nur undeutlich hervor. Der Schäfer bewegte plötzlich den Kopf von einer Seite auf die andere, als ob seine Augen den Raum durchsuchten.
»Was sagen Sie da? Jacques? Nesis confises? Was heißt das?« Patrick tastete hektisch seine Taschen ab, ob er etwas zum Schreiben bei sich trug. »Nesis confises idis?« Während er noch nach einem Stift suchte, versuchte er, sich die Worte einzuprägen. »Sagen Sie es noch mal! Nesis...?«
Die dürren Hände des Kranken krallten sich plötzlich um Patricks Jacke und zogen ihn zum Bett herab. Die irren Augen fixierten ihn in einer bedrohlichen und zornigen Weise.
»Ne... sis... confisus...« Die Worte kamen eindringlich und stoßweise. Patrick wiederholte sie halblaut, während der Schäfer weitersprach: »illis..., qui te... adiuvare student!« Die Stimme des Schäfers wurde fester und lauter. » Ne sis confisus illis, qui
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