Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht
Iridium hasste und die Lügen glaubte, die Corp über sie verbreitete, geschah dasselbe. Iridiums Erinnerungen und ihr Hass kehrten zurück. »Ich würde sterben, wenn es nötig ist, um dich aufzuhalten«, sagte Jet mit rauer Stimme. »Jeden von euch Abtrünnigen.«
Iridium spürte, wie die Luft um sie herum kälter wurde, und sah, wie die Creeper, die Jet hinter ihrem Rücken geformt hatte, zu einem Schattenbaum wuchsen.
»Wie du willst.« Sie seufzte und schlug Jet mitten ins Gesicht. Jets Kopf flog nach hinten, und sie fiel gegen die Mauer.
»Komm«, sagte Iridium zu Taser und stand auf. »Nichts wie weg hier.«
»Sie ist kaum noch bei Bewusstsein. Du hast ihr ganz schön zugesetzt.«
»Ja, aber wenn es ihr vorhin gelungen ist, Ops zu informieren, dann wird in ungefähr zwei Minuten ihre Verstärkung hier eintreffen.« Sie starrte hinunter auf Jets zusammengesunkenen Körper. »Ich habe für heute genug von diesen Corp-Lakaien.«
»Also gut. Wir trennen uns und treffen uns an der Tunnelkreuzung unter der Innenstadt wieder«, schlug Taser vor. »Das geht schneller, als wenn wir versuchen, den Helden und den Undergoths gemeinsam auszuweichen.«
»Eine Stunde«, stimmte Iridium zu. »Wenn du bis dahin nicht am Treffpunkt auftauchst, gehe ich davon aus, dass du tot bist.«
»Und umgekehrt.« Taser drehte sich um und rannte an Jet vorbei den Tunnel hinunter.
Iridium warf ihrer am Boden liegenden Freundin einen letzten Blick zu. Dann sprintete sie los.
KAPITEL 40
JET
Wenn man sich auf etwas verlassen kann, dann darauf, das Helden immer die Wahrheit sagen – sogar dann, wenn alle anderen es nicht tun.
Lynda Kidder, »Origins, Teil zwölf« New Chicago Tribüne, 11. Juni 2112
Jet versuchte, sich hochzuziehen, aber sie hatte keine Kraft mehr. Ihr zerschmetterter Körper war ein einziger Schmerz. Es fühlte sich an, als sei sie vergiftet worden, und sie atmete zischend ein. Ein scharfes Stechen in ihrem Bein und dem rechten Arm, ein unerträglicher Schmerz in ihrer linken Schulter. Dagegen nahm sich das Pochen in ihrem Unterkiefer beinahe sanft aus. Ihr ganzer Körper musste von tiefblauen Flecken übersät sein. Selbst das Einatmen tat so weh, dass sie am liebsten geheult hätte. Und ihr Kopf fühlte sich an, als hätte Colossal Man ihn als Fußball benutzt. Aber das spielte alles keine Rolle.
Lynda Kidder war tot.
Nein, dachte Jet zitternd. Er hat gelogen. Der Mann in Schwarz muss gelogen haben.
Ich habe sie nicht getötet.
Wieder versuchte sie, sich zu bewegen. Sie wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen. Aber ihr geschundener Körper wollte ihr nicht gehorchen. Erst Kidder, dann der Kampf mit Iri – schon wieder Iri, das zweite Mal innerhalb weniger Tage. Und wieder hatte sie entkommen können, verdammt noch mal! – ihr Körper versagte einfach seinen Dienst. Und er war an mindestens zwei Stellen gebrochen, ganz zu schweigen von der ausgerenkten Schulter.
Oder ihrem Kopf. Als sie feststellte, dass sie doppelt sah, versuchte sie, ihren Blick auf den riesigen Fleischberg zu konzentrieren, der vor ihr im Tunnel lag. Ein furchtbares Schwindelgefühl überkam sie.
In Ordnung. Das war vielleicht keine so gute Idee gewesen.
Bittere Galle stieg in ihrem Rachen hoch, und sie musste schlucken. Sie durfte sich auf gar keinen Fall übergeben. Bei aller Erschöpfung hätte sie es noch nicht einmal geschafft, ihren Kopf zur Seite zu drehen, damit sie sich nicht selbst beschmutzte.
Mit einem schmerzvollen Grunzen hob sie den gebrochenen rechten Arm gerade hoch genug, um an ihr Comlink zu tippen. Eine Männerstimme meldete sich, und sie flüsterte: »Verstärkung … Koordinaten …«
Alles wurde ein bisschen grauer, und sie schluckte erneut. In ihrem Ohr herrschte Stille. Die Verbindung musste unterbrochen worden sein.
Jetzt konnte sie nur noch warten. Und beten, dass die Undergoths nicht über sie stolperten.
Die Verstärkung wird bald eintreffen, sagte sie sich. Ops wird das Rettungsteam, das für die Innenstadt zuständig ist, hierherschicken.
Sie würden sehen, dass Kidder nicht tot war.
Hoch mit dir, befahl sie sich. Du musst aufstehen. Die Undergoths könnten diesen Wegnehmen. Und was, wenn Iridium zurückkommt?
Iri, die vorsichtig Jets Brille hochschob und ihr in die Augen sah. Iri, die ihr sagte, sie solle aufhören zu kämpfen …
Jet knirschte mit den Zähnen.
»Joannie, du bist verletzt. Schlimm. Ist es das wirklich wert, eine Heldin zu sein? Dich selbst in Stücke zu
Weitere Kostenlose Bücher