Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht
heutzutage so schnell erwachsen.«
Die Röte in Jets Gesicht nahm einen tieferen Ton an. »Ja, ich glaube, es stimmt. Ich bin verliebt.«
Iri legte ihr vertraulich einen Arm um die Schultern. »Ohne Scheiß, Kleines. Ich glaub’s dir. Aber sag dem Riesenbaby einen schönen Gruß von mir. Wenn er dir das Herz bricht, dann brech ich ihm die Kniescheiben.«
»Du bist so gut zu mir.«
»Wozu hat man denn schließlich Freunde?«
»Freunde, wie du und ich es sind? Oder Freunde, wie ich und Samson es sind?«
»Über die Art Freunde, wie du und Samson es seid, kann ich nur lachen«, gab Iri zurück. »Au, prima! Wir sind da. Jetzt lass uns mal sehen, mit wem sie uns für den Rest unserer Zeit hier zusammengesteckt haben.«
Im Empfangsraum vor der Aula drängelten sich die Schüler des dritten Jahres. Alle waren begierig zu sehen, mit wem sie den Rest ihrer Zeit an der Akademie verbringen würden, und diskutierten die Ergebnisse. Der Raum summte wie ein Bienenstock. Zahlreiche Ausbilder und ein paar Proktoren bemühten sich darum, dass zumindest ein Anschein von Etikette gewahrt blieb. Jet wünschte ihnen viel Glück. Ein Haufen aufgeregter Jugendlicher mit Superkräften war bestimmt kein toller Anblick.
Statt sich einen Weg durch die Massen zu bahnen, hielten sich Iri und Jet im Hintergrund. Zwar brannte Jet darauf zu erfahren, mit wem sie für den Rest der Ausbildung trainieren und arbeiten würde. Aber sie spürte, dass Iri etwas auf dem Herzen hatte.
Trotzdem wäre es leichter gewesen, einen Everyman dazu zu bringen, eine Predigt über das Wunder der Außermenschlichen zu halten, als Iri zum Sprechen.
»Was bedrückt dich?«, fragte Jet sanft. »Scherz beiseite. Iri, das sieht dir nicht ähnlich. Was ist los? Willst du es denn nicht wissen?«
Iri presste die Lippen zu einer schmalen weißen Linie zusammen. Einen Moment lang dachte Jet, sie würde es ihr nicht sagen. Aber dann begann Iri mit leiser, stockender Stimme und leicht britischem Akzent zu sprechen. »Ich bin nicht scharf drauf, mit irgend so einem Grünschnabel von Möchtegernheld verkuppelt zu werden, der noch nicht trocken hinter den Ohren ist. Es gibt genau zwei Leute, mit denen ich einverstanden wäre. Der eine davon scheidet sowieso aus. Die Akademie fürchtet gemischte Ausbildungspaare wie der Teufel das Weihwasser. Schlimmer als ein Nonnenkloster.« Sie warf Jet einen raschen Seitenblick zu. »Und die andere verhält sich, als wäre sie total verrückt geworden.«
Jet lächelte. »Verliebt.«
»Das kommt auf’s selbe raus.«
»Wer auch immer deine Partnerin ist, du wirst auf jeden Fall großartig sein.« Jet biss sich auf die Lippen. Dann fuhr sie fort: »Du kannst gar nicht anders. Ohne dich hätte ich es auf keinen Fall bis ins dritte Jahr geschafft.«
Iri winkte ab. »Du hättest auch ein anderes Kindermädchen gefunden.«
»Nein, du Dummerchen. Nicht so eins.« Sie versetzte Iri einen leichten Hieb auf den Oberarm. »Komm schon. Du bist die pfiffigere von uns beiden. Du weißt genau, was ich meine.«
»Stimmt«, erwiderte Iri. »Und – aua! – verdammt. Was ist bloß los mit dir?«
»Ich will dir mal was sagen: Du hast mir die Akademie erträglich gemacht. Zum Teufel, Iri, mit dir zusammen hat es fast sogar Spaß gemacht. Und das hört doch nicht auf, wenn wir jemand anderem zugeteilt werden.«
»Ich will aber niemand anderem zugeteilt werden!« Iri fuhr sich mit der Hand durch ihr schwarzes Haar. »Gott im Himmel! Kannst du dir vorstellen, wie ich Steele Rückendeckung gebe?«
»Steele ist in Ordnung.«
»Ja, kann sein. Aber sie ist eine noch größere Paragrafenreiterin als du. Immer schön nach Vorschrift.«
Jet lächelte süß. »Siehst du? Du wirst mich also gar nicht vermissen.«
»Ich werde dein Bettlaken anzünden, wenn du schläfst.«
»Und ich werde ein paar Creeper auf dein Kopfkissen schicken, wenn du nicht hinguckst.«
Die beiden Mädchen brachen in Gelächter aus, dann verstummten sie wieder. Schließlich sagte Iri: »Im Ernst, Joannie. Ich bin einfach gerne mit dir und Derek dem Trottel zusammen. Bei euch kann ich sein, wie ich wirklich bin.«
»Du wirst auch mit einem neuen Partner du selbst sein.«
»Ja. Sicher.«
»Was spricht dagegen?«
»Ich habe keine Lust, noch einem zukünftigen Helden beizubringen, wie der Hase läuft.«
»Weißt du was, Iri«, sagte Jet trocken. »So unmöglich ist es nun auch wieder nicht, mit dir auszukommen. Für eine Kriminelle bist du ziemlich umgänglich.«
Iri
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