Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
Selbstverständlich.« Er schnippte mit den Fingern. Firebug und Steele plumpsten zu Boden. Als Jet nachsehen wollte, ob es ihnen gut ging, sagte Hypnotic: »Mit ihnen ist alles in Ordnung. Sie werden nur eine Weile schlafen.« Er zuckte mit den Schultern. »Kleiner Nebeneffekt«, fügte er hinzu. »Also dann, jetzt bist du dran.«
Jet holte tief Luft. Das hier, sagte sie zu sich selbst, ist absolut bescheuert. Aber Taser war auf dem Weg und mehr noch: Jet hatte das Gefühl, dieser Mann, Doctor Hypnotic, würde ihr nichts antun. Zumindest so lange nicht, wie sie für ihn in irgendeiner Hinsicht interessant war.
Während sie ihre Kapuze zurückschlug, fragte sie sich, ob sie jetzt langsam die Arroganz einer Lichtmacht entwickelte.
»Goldenes Haar«, sagte Hypnotic und lächelte warm. »Genau wie deine Mutter. Warum versteckst du es?«
Überrascht von dieser Frage gab Jet zurück: »Langes Haar ist hinderlich im Kampf.«
»Und der Umhang nicht?« Hypnotic schnaubte spöttisch. »Dann flechte es doch zu einem Zopf«, fuhr er fort und starrte ihre Hochsteckfrisur an. »So wundervoll. Du solltest es nicht so verbergen.«
»Ich nehme es ziemlich genau mit dem Branding«, erwiderte Jet trocken.
»Deine Brille«, sagte er. »Bitte nimm sie ab, wie du versprochen hast.«
Mist. Jet schob ihre Optibrille hoch bis über die Augenbrauen.
Er starrte sie völlig hingerissen an. »Genau wie sie«, keuchte er. »Bis auf die Augen. Du hast die Augen deines Vaters.« Er streckte eine Hand nach ihr aus, als wollte er über ihre Wange streicheln.
Sie trat einen Schritt zurück. Das hier war gruselig.
»So winzig«, murmelte er. »Genau wie Holly.«
Holly. Das war der Name ihrer Mutter. Ihr Nur-zwischen-Angelica-und-Blackout-Name.
»Ich bin Hai.«
Gerade als sie dachte, dieses Gespräch könne abgedrehter nicht mehr werden, passierte etwas vollkommen anderes. Sie ging darauf ein. »Hi, Hai. Ich bin Joan.«
»Joan«, stimmte er zu. »Du hast deine Mutter verloren. Aber sag mir, Joan, hast du auch jemals deine große Liebe verloren?«
Gedanken an Samson flirrten durch ihr Gehirn – sein ungezwungenes Lachen, seine starken und doch liebevollen Hände. Jet schluckte schwer. »Ja.«
Doctor Hypnotic schwieg, studierte sie. »Ja, das hast du, nicht wahr? Wie alt warst du?«
»Vierzehn.«
»Ich war zweiundzwanzig«, sagte er traurig. »Ich habe sie an jemand anders verloren, an einen Schatten.«
»Meine Liebe ist gestorben«, sagte Jet, dumpf und plötzlich voller Zorn. »Er starb auf einer Trainingsmission. Er war fünfzehn Jahre alt und wurde von einem Everyman getötet.«
»So viel Tod«, sagte Doctor Hypnotic, seine Stimme schwer vor Kummer. »Und so jung. Ich kann dir eine bessere Welt geben, Joan.«
Sie lachte kurz. »Ich weiß das Angebot zu schätzen.« Mehr als sie zugegeben hätte. »Aber meine Pflichten binden mich an diese Welt.« Und bevor sie es sich noch einmal überlegen konnte, fügte sie hinzu: »Das können Sie auch tun. Sie können mithelfen, etwas Gutes zu bewirken.«
Doctor Hypnotic lächelte. »Nanu, Joan. Was für eine wunderbare Idee. Darüber muss ich mal nachdenken. Weißt du, wie Hypnose funktioniert?«
Richtig. Das war ihr Stichwort. »Danke, dass Sie ein Mann von Ehre sind, Hai«, sagte sie flink und machte einen weiteren Schritt in Richtung ihrer bewusstlosen Freundinnen. »Leider muss ich mich jetzt wirklich von Ihnen verabschieden …«
»Es ist ganz einfach, wirklich. Man muss das Bewusstsein ablenken, damit es nicht dagegen ankämpft, wenn man dem Unterbewusstsein etwas zuflüstert. Licht ist eine sehr gute Ablenkung. Aber es ist nicht immer nötig. Das hängt ganz von dem Gehirn ab, dem ich gegenüberstehe.« Er grinste. »Du bist eine Schattenmacht, Joan, und dazu praktisch konditioniert, meine Einflüsterungen aufzunehmen. Genau wie dein Vater während der sogenannten Belagerung von Manhattan.«
»Wie nett«, sagte Jet und machte noch einen Schritt.
»Ich habe dich bereits hypnotisiert, Joan. Siehst du es denn nicht? Ich habe das Licht weggenommen.«
»Natürlich haben Sie das«, erwiderte Jet. Dann wandte sie sich ihren Freundinnen zu …
… und das Licht ging aus.
Nein! Sie griff nach ihrer Optibrille, um die Dunkelheit zu bannen, aber da war nichts. Oh Licht, nein!
ja ja kleines mädchen ja
Sie fuhr herum, wollte verzweifelt fliehen, bevor die Stimmen die Oberhand gewannen. Aber es gab nichts, wo sie hätte hingehen können – der Schatten war überall.
Der Schatten war
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