Projekt Omega
mit dieser Art von Schauspielerei. Mit Mitte zwanzig verschwand er von der Bildfläche. Jahre später tauchte er in New York wieder auf, wo er die lokale Sexfilmbranche aufmischte. Beweise für seine angeblich brutale Vorgehensweise gab es jedoch nicht, denn jeder, der gegen ihn aussagen wollte, verschwand entweder spurlos von der Bildfläche oder kam bei einem dubiosen Unfall ums Leben.
Vor ein paar Jahren wechselte er sein Betätigungsfeld, machte mit einer seriösen Filmfirma weiter, pflegte seitdem ein Saubermann-Image und drehte nur noch Dokumentarstreifen oder banale Filmchen, an deren Titel Cotton sich nicht einmal vage erinnern konnte.
Aus Culkins Unterlagen fürs Finanzamt ging hervor, dass er viel in der Welt herumkam; angeblich zur Sichtung von Locations für in Planung befindliche Filme. Möglicherweise machte er auch nur Urlaub und setzte die Reisekosten durch die kleine Trickserei von der Steuer ab. Was den Hintergrund dieser Reisen anging, waren allerdings auch einige andere, weniger harmlose Gerüchte im Umlauf. Doch es waren eben nur Gerüchte, sodass im Dossier nur am Rande darauf eingegangen wurde.
Mehr als diese spärlichen Informationen gab die Akte nicht her.
Cotton war gerade dabei, sie zu schließen, da meldete sich sein Smartphone.
»He, Jeremiah, ich bin’s.« Die Stimme aus dem Hörer klang wie ein rostiges Scharnier.
Der G-Man wusste auch so, dass Styles am Apparat war. Auf dem Display leuchtete dessen Name.
»Was liegt an, Eric?«
»Es ist an der Zeit für unseren nächsten Zug.«
»Will heißen?«
»Ich hab Kontakt mit Lenny Stanton aufgenommen. Ist ein alter Kumpel aus besseren Tagen. Hält sich aktuell mit einer kleinen Filmfirma in New York über Wasser. Könnte uns beim Einstieg in die Branche nützlich sein. Allerdings wird er dafür bestimmt einen Anteil vom Kuchen wollen.«
»Eine finanzielle Beteiligung an unseren Projekten?«
»Nein, kein Geld. Jedenfalls nicht direkt. Wir könnten ihm Nachschub an Frischfleisch anbieten. Da käme dann unsere Bambi ins Spiel. Sozusagen als Warenprobe.«
»Geht klar.«
»Gut. Ich hab für heute Nachmittag einen Termin mit Lenny ausgemacht. Wir treffen uns in drei Stunden vor meinem Laden und fahren zusammen hin. Und vergiss Bambi nicht.«
»Okay.« Cotton beendete das Gespräch und rief Decker an, die sich gerade in einem Meeting befand.
Decker verließ widerstrebend den Konferenzraum. Sie war alles andere als erbaut über die Aussicht, wieder in die Rolle einer angehenden Pornoqueen zu schlüpfen.
Eine halbe Stunde später kämpften die beiden Agents sich mit einem Dienstwagen den Broadway hinauf zur vornehmen Upper East Side. Gegenüber von Deckers Apartment quetschten sie den Wagen in eine winzige Parklücke und ließen ihn stehen. Decker verschwand in ihrer Wohnung, wo sie sich in Windeseile auf »Schauspielerin« trimmte.
Cotton schlug derweil die Zeit in einem angrenzenden Park tot. Er setzte sich auf eine Bank und schaute drei Enten zu, die stoisch ihre Runden in einem Zierteich drehten. Auf einer Bank schräg gegenüber saßen zwei ältere Ladys. Sie steckten ihre Köpfe zusammen und trugen angeregt Gerüchte und Klatsch aus ihrem Umfeld weiter. Zunehmend schien sich ihre Konversation auch um Cotton zu drehen, dem sie verstohlene Blicke zuwarfen. Aus ihren Kopfbewegungen und den verkniffenen Gesichtern schloss der G-Man messerscharf, dass die Damen ihn als einen der in Parks herumlungernden Perverslinge betrachteten, der gerade nach einem neuen Opfer Ausschau hielt.
Cotton ging gerade seinen Schlachtplan für den heutigen Tag durch, als Decker erschien. In Gedanken versunken bemerkte Cotton sie erst, als sie sich breitbeinig, beide Fäuste in die Hüften gestemmt, vor ihm aufbaute.
»Okay, ich ziehe das jetzt durch«, fuhr sie ihn an. »Buchen Sie mich ruhig für Ihre schmierigen Sexfilme. Na los, schicken Sie mich meinetwegen auch noch als gefallenen Engel auf den Straßenstrich, damit ich mich für zwei Dollar pro Nase einem Rudel Junkies hingeben darf.«
Cotton bedachte sie mit breitem Lächeln. »Sehen Sie die beiden älteren Ladys da drüben auf der Bank? Die haben sicher gerade jedes Wort aus Ihrem bezaubernden Mund mitbekommen. Wenn die jetzt beide tot umkippen, geht das vermutlich auf Ihre Kappe.«
Während Decker verlegen zu den beiden alten Damen schaute, die sie giftig anstarrten, sagte Cotton: »Okay, kommen Sie, es geht los.«
Die Agents fuhren mit dem Dienstwagen über den Broadway zurück bis zum
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