Projekt Sakkara
Es könnte höchstens sein, dass Essam, der mir den Schlüssel gegeben hat, etwas weitererzählt hat. Aber das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Das meine ich gar nicht. Aber vielleicht hat dich jemand verfolgt oder beobachtet. Ist dir etwas aufgefallen?«
»Viel wahrscheinlicher ist es doch, dass man euch beobachtet hat, findest du nicht?«
»Das mit Sicherheit. Aber vielleicht ist dir auch etwas aufgefallen? Wenn du genau nachdenkst?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich nicht. Und ich achte immer darauf, wer sich in meiner Nähe herumschleicht. Du ahnst gar nicht, wie viele Touristen versuchen, sich heimlich einer Führung anzuschließen, nur, um nichts zu bezahlen.«
Patrick nickte nachdenklich. »Dann kannst du mir vielleicht etwas über diese Gesellschaft erzählen, die sich Thot-Wehem-Ankh-Irgendwas nennen. Schon mal von denen gehört?«
» Thot Wehem Ankh Neb Seshtau heißt sie. Ja, natürlich.«
»Man hat uns gesagt, dass sie harmlos sind. Wollen alte ägyptische Traditionen wiederbeleben. Eher politisch orientiert.«
»Na ja, nur politisch würde ich nicht sagen. Es geht schon darüber hinaus, ihre Texte und Ansichten haben auch etwas Religiöses an sich. Sie nennen sich ja nicht umsonst Der Wiedergeborene Thot, Herr der Geheimnisse. Sie verehren den altägyptischen Gott Thot als den Begründer der Wissenschaften und der Kultur. Sie sind der Ansicht, dass die Geheimnisse Thots noch immer darauf warten, zur rechten Zeit offenbart zu werden, und sie behaupten, dass es eine jahrtausendealte Quelle des Wissens gibt, die erschlossen werden kann und wird, wenn sie nur den Weg bereitet haben. Sie sehen sich als Diener und Helfer des übermächtigen Al Haris, jenes mystischen Hüters, der diese Quelle bewachen soll ... Wenn man es sich überlegt, ist es nur logisch, dass ihr den Thot-Anhängern in die Quere gekommen seid. Ihr seid ja schließlich auch auf der Suche nach einer Quelle des Wissens, richtig?«
»Ja, das könnte man so sagen ... Denkst du, die Thot-Leute könnten uns gefährlich werden? Wie schätzt du sie ein?«
Melissa zuckte mit den Schultern. »Puh, keine Ahnung. Wer weiß? Wenn sie etwas beschützen wollen und es ihnen wichtig genug ist ... «
»Weißt du, wer sie sind, wie man sie kontaktieren kann? Vielleicht sollten wir mal ein Auge auf die Jungs werfen.«
»Tut mir leid, die halten sich vollkommen anonym. Ich meine, klar, irgendjemand muss es wissen, aber ich wüsste nicht, wo man anfangen sollte. Ich kann mich ja mal umhören.«
»Ich weiß nicht ... vielleicht ist das doch keine gute Idee.« Patrick dachte an sein Erlebnis in Albi. Damals hatte er sich einmal Hilfe suchend an die Polizei gewandt, nur um festzustellen, dass diese mit den Entführern unter eine Decke steckte. »Je nachdem, wen wir fragen, haben wir dann vielleicht mehr Ärger als vorher.«
»Dann hilft nur, besonders wachsam zu bleiben.«
»Sieht so aus, ja.« Patrick stand auf und trat auf das Bildnis von Aleister Crowley zu. »Der Bursche hier«, sagte er dann, »darüber müssen wir auch reden.«
»Okay ... « Melissa sah fragend zu ihm auf.
»Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht. Was du mir gestern erzählt hast. Und ich halte überhaupt nichts davon.« Er erwartete eine besondere Reaktion, aber sie schwieg, sah ihn nur an und wartete, dass er fortfuhr. »Du bist so klug, gewitzt und selbstständig. Ich kann nicht verstehen, dass du dich so einer Gruppe von Spinnern anschließt. Ich kann nicht mit einer Frau ins Bett gehen, die einen Typ anhimmelt, der von sich behauptet, der Teufel zu sein, das Tier mit der Zahl 666 ... «
Melissa hob abwehrend die Hände. »Erstens hat er das nie von sich selbst behauptet ... «
»Moment«, unterbrach Patrick sie, »ich will erst zu Ende reden. Also, ich habe nicht viel Ahnung über die Details von eurem Kram. Ich weiß nur das, was so allgemein bekannt ist, und mehr interessiert mich ehrlich gesagt auch nicht. Was du mir bisher erzählt hast, war schon merkwürdig genug, und damit kann und will ich nichts anfangen. Ich weiß aber auch, dass du eine Menge Ahnung von Geschichte und Philosophie hast, dass du dich für Hintergründe interessierst. Du bist nicht so naiv, wie es manchmal scheint. Ich denke, du weißt viel mehr, als du zugibst, und du suchst nach mehr, nach einer größeren Wahrheit. Und bei dieser Sekte bist du nicht fündig geworden.« Patrick leerte sein Glas und redete dann weiter. »Deswegen warst du auch so fasziniert von Peter, weil ihr beide
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