Projekt Sakkara
unten, sah dann Peter ebenso abschätzend an und blieb schließlich mit dem Blick auf ihren Namenschildern hängen. »Ah, Vereinte Nationen, ja?«, stellte er fest. »Können Sie sich ausweisen?«
Patrick nickte. »Aber sicher, einen Moment!«, und dann begann er, seine Taschen zu durchsuchen. Dabei holte er die Utensilien hervor, der er dort verstaut hatte und gab sie Peter, der sie auf dem Klammbrett stapelte. »Es tut mir leid«, sagte Patrick schließlich, »ich muss sie im Lager gelassen haben.« Dabei hielt er dem Mann eine Zigarettenpackung hin. »Möchten Sie eine? Ich hoffe, es bereitet Ihnen keine Umstände, wenn Sie uns ins Lager begleiten? Ich fürchte, wir müssen ohnehin zurück, um Johnson nach dem Schlüssel zu fragen. So ein Arger. Entschuldigen Sie vielmals die Mühe. Tja, ich schätze, da hätte ich mal gleich drandenken sollen ... «
Der Wachposten nahm die Zigarette dankend entgegen und ließ sich von Patrick Feuer geben. Inzwischen war er zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den beiden Fremden eindeutig um reichlich orientierungslose Akademiker handelte, die von irgendeiner Behörde hergeschickt worden waren und mit einem der zahlreichen Grabungsteams in Sakkara zusammenarbeiteten. Er hatte wenig Interesse, mit den beiden kilometerweit auf dem Gelände herumzulaufen. Stattdessen holte er einen Schlüsselbund heraus.
»Kein Problem«, sagte er, öffnete das Schloss und zog das Gitter auf. »Sie können hinein. Wir lassen das Schloss offen, damit Sie wieder herauskommen, hm?«
»Oh, vielen Dank«, sagte Patrick, ehrlich erstaunt, »das ist überaus zuvorkommend! Danke sehr! Wie sagt man: Shukran!«
»Tafadal!«, erwiderte der Mann lächelnd, hob kurz zwei Finger der Hand zu einem angedeuteten militärischen Gruß an den Kopf, nickte und ging.
Peter blieb etwas perplex zurück. »Das ist ja unglaublich! Wie machen Sie das, Patrick? Sie werden mir unheimlich.«
»Diesmal habe ich mich selbst überrascht, mein Freund!«, gab der Franzose grinsend zu. »Los, kommen Sie!« Damit schlüpfte er in den Eingang; Peter folgte ihm und zog das Gitter hinter sich zu.
Patrick schaltete seine Taschenlampe ein und leuchtete voraus, während sie dem absteigenden, in den Fels gehauenen Weg folgten. Der Gang war kaum mannshoch und unscheinbar.
Die Luft schien sich zu verändern, je tiefer sie kamen. Während sie oben den trockenen Geruch nach sandigen Steinen und Sonne trug, wirkte sie unten dichter. Sie war noch immer trocken, aber kühler und würziger, sie roch nach staubigem Holz und verkrustetem Harz.
Als sie unten angekommen waren, wurde der Gang etwas höher und war beiderseits von Nischen gesäumt, die mit allerlei Unrat gefüllt waren. Im Schein der Lampe wurden Gesteinsbrocken, Tonscherben und undefinierbares Gerümpel sichtbar.
»Das ist es!«, sagte Peter. »Die Ibisgalerien! Sehen Sie die Trümmer? Das ist alles, was Grabräuber zurückgelassen haben. Aber Schätze gab es hier keine zu finden.«
»Nein? Was sonst? Nur Tontöpfe?«
»Hier sind Ibise bestattet worden, zu Hunderttausenden. Man hat sie mumifiziert und die Ibismumien in kleinen Tongefäßen in den Nischen gestapelt.«
»Ziemlich merkwürdig, finden Sie nicht?«
»Jeder, der damals Sakkara besuchte, füllte diesen Ibisfriedhof weiter auf und brachte damit seine Huldigung für den gottgleichen Imhotep zum Ausdruck. Deswegen war Emery ja auch der Überzeugung, dass das Grab hier in der Nähe sein müsse, denn warum sonst sollten die Leute alle ausgerechnet hierherkommen?«
Sie kamen an eine Kreuzung. Die abzweigenden Gänge sahen identisch aus. »Und jetzt?«, fragte Patrick.
Peter zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Karte der Anlage gefunden. Wir müssen im Prinzip alles ablaufen und uns überall umsehen.«
»Dann fangen wir einfach hier an«, sagte Patrick und wandte sich nach rechts.
»Sie denken daran, dass wir auch den Rückweg wiederfinden müssen?«
»Keine Sorge, auf meinen Orientierungssinn können wir uns verlassen. So groß wird das hier unten ja nicht sein.«
Sie gingen an unzähligen Nischen vorbei. Die meisten waren nur noch mit Trümmern gefüllt, häufig war der Inhalt herausgewühlt worden und lag nun auf dem Boden des Ganges verstreut. Überall bot sich ihnen das gleiche Bild der Verwüstung. Was ehemals eine eindrucksvolle und ordentliche Begräbnisstätte gewesen war, war nur noch ein verwahrloster Keller.
Sie kamen an weitere Abzweigungen, und jedes Mal wählte Patrick den Weg. Die
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