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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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führte. Er verwarf den Gedanken. »Nun, was auch immer das für eine Stele war, ich denke nicht, dass sie etwas mit dem Stein zu tun hat, den wir gefunden haben. Der war nämlich im Mittelalter im Besitz der Templer, ist dann vor der Zerschlagung des Ordens an die Johanniter übergeben worden und war jahrhundertelang im Großmeisterpalast auf Rhodos verschollen. Er war nie in irgendeinem Museum, und dieser Stein wäre auch mit Sicherheit aufgefallen. Es ist nämlich ein ganz besonderer Stein, und der Text war aufsehenerregend.«
    »Nun machst du es aber spannend. Was war es denn?«
    Patrick überlegte einen Augenblick, ob er Melissa weitere Details verraten sollte. Ob er ihr trauen konnte. Wenn er wollte, dass sie ihm half, dann durfte er nicht zu sehr auf Konfrontationskurs gehen. Und bei der Suche nach dem eigentlichen Kern, dem Pyramidion, würde er ihre Hilfe sicher gebrauchen können. Ganz abgesehen davon, dass der Abend einen äußerst angenehmen Verlauf nahm.
    »Also schön. Hast du schon einmal etwas von der Tabula Smaragdina gehört?«
    Melissa fasste Patrick am Arm. »Ihr habt die Tabula Smaragdina gefunden? Ist das wahr?!«
    »Du kennst sie, hm?«
    »Ich bitte dich, selbstverständlich kenne ich sie! Neben den Tafeln mit den Zehn Geboten, der Bundeslade und dem Heiligen Gral ist die Tabula eines der bedeutendsten mystischen Objekte. Selbstverständlich kenne ich sie – und sämtliche Versionen ihrer Geschichte. Die Tabula ist also ein ägyptischer Text? Ja, natürlich ... das passt ... Hermes Trismegistos, der Dreifach Große Hermes ... von Alexander dem Großen in Ägypten gefunden, während der Ptolemäerzeit ... Ein ägyptisches Artefakt! Aber wer hat ihn verfasst? Habt ihr das herausgefunden? Was steht drauf?«
    Patrick schmunzelte über Melissas Begeisterung. Auf eine gewisse Weise war sie Peter sehr ähnlich. Nur merkte man ihr auch an, dass sie einer anderen Generation angehörte. Sie war offener, ihre Begeisterung nicht lehrmeisterlich, sondern mitreißend. Und außerdem sah sie deutlich besser aus.
    »Die Tabula Smaragdina«, erklärte Patrick, »war zwar nicht aus Smaragd, aber aus poliertem grünem Marmor. Das hat ihr sicherlich den Namen gegeben. Aber was durch die Jahrtausende als Text großer Weisheit und Schlüssel für die Rätsel des Lebens überliefert wurde, ist bei genauer Betrachtung einerseits viel schlichter, und gleichzeitig führt es noch viel weiter.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause und lächelte sie an.
    Ihre Augen strahlten erwartungsvoll zurück. »Nun?«
    Patrick streckte eine Hand aus und fuhr mit dem Zeigefinger behutsam über ihren Nasenrücken. »Darf ich es dir morgen sagen?«
    Melissa lachte auf. »Du bist mir vielleicht einer!« Sie rückte näher an ihn heran. »Ich weiß, was du vorhast ... Aber weißt du was? Ich halte nichts davon, mich für irgendetwas bezahlen zu lassen.«
    Patrick wollte überrascht etwas erwidern. Aber noch bevor er einen Ton herausbringen konnte, legte sie einen Finger auf seine Lippen. »Wir machen es anders. Du behältst euer Geheimnis einfach für dich. Und morgen möchte ich es auch nicht hören. Und stattdessen möchte ich viel lieber ... dich! « Und mit diesen Worten küsste sie Patrick lang und leidenschaftlich.
    Für einen Moment schwirrten Patricks Sinne. Wieder hatte sie ihn überrumpelt. Sie war so schwer einzuschätzen, mal scheinbar naiv, verspielt, dann aber auch intelligent, belesen und forsch. Trieb sie ein Spiel mit ihm? Verführte sie ihn? Auf jeden Fall küsste sie außergewöhnlich gut, zärtlich und fordernd. Ihr Duft umfing ihn, er spürte, wie sich ihr Körper an ihn schmiegte, und es dauerte nur wenige Lidschläge, bis es ihm egal war, wer wen verführte.
    Melissa lag noch wach, als Patrick bereits eingeschlafen war. Mit der rechten Hand spielte sie mit dem Anhänger ihrer Kette, während ihr Blick nachdenklich zur Decke gerichtet war. Mit Hilfe des Franzosen hatte sie einen neuen Weg beschritten. Er hatte eine Saite in ihr berührt, die sie mehr als nur körperlich erregte. In ihm verbarg sich mehr, als der erste Anschein verriet, und sie fragte sich ernsthaft, welche Macht oder Fügung des Schicksals sie zusammengeführt hatte. Aber sie wusste auch nicht, wie sehr sie ihm vertrauen konnte. War er wirklich auf demselben Weg wie sie? Brachte sie ihn weiter, war das ihre Aufgabe, oder war er es, der sie in eine neue Richtung führen würde? Wer würde den anderen befruchten, dem anderen als Katalysator dienen?

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