Projekt Wintermond
er um zwei Uhr früh in den Hotels Erkundigungen einzog, würde das unweigerlich den Verdacht der Nachtportiers erregen.
Mit diesem Gedanken legte Mark sich ins Bett und schloss die Augen. Lange Zeit wälzte er sich ruhelos hin und her, bis er endlich einschlief.
49
New York
Lou Garuda betrat die Eingangshalle des Trump Hotels und steuerte auf die Cocktailbar zu, wo mehrere sehr attraktive Frauen saßen. Garuda fiel es schwer, sich auf seinen Job zu konzentrieren. Er setzte sich an einen freien Tisch und bestellte einen trockenen Martini. Kurz darauf stürmte Madeline Fulton wie ein Wirbelwind in die Bar.
Sie war Mitte fünfzig und kleidete sich wie eine Dreißigjährige: kurzes Top, schwarzer, geschlitzter Rock, ein Mantel von Armani. Die umtriebige Journalistin schrieb Klatschkolumnen für die New Yorker Daily News und besuchte jede Promi-Party in der Stadt. Sie kannte alle wichtigen Leute, die Big Apple zu bieten hatte.
Garuda kannte Madeline besonders gut: Die beiden hatten vor Jahren eine heiße Affäre gehabt.
Mehrere Männer warfen ihr begehrliche Blicke zu, als sie an Garudas Tisch rauschte und sich setzte. »Ich hoffe für dich, es ist wichtig, Lou. Draußen warten ein Taxi und ein Fotograf auf mich, und die Uhr tickt.«
Garuda küsste ihr die Hand. »Schön, dich zu sehen, Madeline. Was darf ich dir bestellen?«
»Vergiss es. Ich muss zu einem wichtigen Empfang und bin spät dran. Was willst du?«
Typisch Madeline, dachte Garuda. Stets auf dem Sprung. Sie hatten an diesem Nachmittag telefoniert und sich für sieben Uhr im Trump verabredet.
»Prime International«, sagte Garuda. »Schon mal gehört?«
»Sollte ich?«
»Der Laden hat vor einem Jahr dichtgemacht. Die Büroräume waren früher an der Fifth Avenue. Ein ziemlich unauffälliges Unternehmen.«
Madeline hielt sich nicht an das Rauchverbot in der Bar und zündete sich mit einem goldenen Feuerzeug eine dünne Mentholzigarette an. Niemand, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, ließ sich auf einen Streit mit Madeline ein. Sie inhalierte den Rauch, stippte die Asche auf den Teppich und hob die Brauen. »Klar. Ich erinnere mich. Was ist damit?«
»Das Unternehmen gehörte einer Scheinfirma auf den Caymans.«
Madeline zwinkerte Lou zu. »Das interessiert mich nicht die Bohne.« Sie drückte die Zigarette in der Nussschale auf dem Tisch aus. »Die Uhr läuft. Lou, ich hab’s wirklich eilig. Sagtest du nicht, es sei verdammt wichtig?«
»Es ist wichtig. Sehr wichtig, Madeline. Ich muss wissen, wer hinter Prime International gesteckt hat. Du hast einflussreiche Freunde. Einer von denen könnte bestimmt herausbekommen, wohin die Spur auf den Caymans führt.«
»Könntest du mir sagen, warum du dich dafür interessierst? Oder ermittelst du neuerdings in Sachen Wirtschaftskriminalität?«
»Wir hatten es vor zwei Jahren mit einem sehr komplizierten Fall zu tun. Ich hab mir den Hintern aufgerissen, aber es kam nichts dabei heraus. Jetzt gibt es neue Spuren. Ich brauche Infos über die Prime International, damit ich weiterkomme. Es ist eilig.«
»Treibst du es noch immer mit diesem Model?«
»Regelmäßig.«
Madeline musterte ihn lüstern und strich mit ihrem spitzen, langen Fingernagel über seinen Oberschenkel, bis sie seinen Schritt erreichte. »Was hältst du davon, wenn wir unser altes Verhältnis auffrischen würden?«
Garuda tätschelte ihre Hand. »Wenn du mir diesen kleinen Gefallen tust, reden wir darüber.«
Madeline zog lächelnd die Hand weg und stand auf.
»Okay. Ich werde ein paar Telefonate führen und einigen Leuten auf den Zahn fühlen. Ein Bekannter von mir arbeitet als Reporter auf den Caymans. Er ist ein verdammt guter Schnüffler. Wenn ich was habe, ruf ich dich an.«
»Ich verlasse mich auf dich, mein Schatz.«
50
In Marks Hotelzimmer klingelte das Telefon. Er wachte auf, tastete nach dem Hörer und hob ab. Es war Garuda.
»Ich hab deine Nachricht erhalten, Mark. Was, zum Teufel, machst du in der Schweiz?«
Mark schaute benommen auf die Uhr. Es war halb sechs. »Es würde zu lange dauern, es dir zu erklären. Hör zu, Lou. Kennst du Danny Flynn? Dezernat organisiertes Verbrechen?«
»Natürlich kenne ich Danny. Warum?«
Nachdem Mark Garuda erklärt hatte, was er von ihm wollte, herrschte am anderen Ende der Leitung einen Augenblick Schweigen. »O Mann, zuerst die CIA und jetzt die Russenmafia. Was ist eigentlich los, Mark? Was machst du in der Schweiz? Ich wette, du recherchierst im Fall March,
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