Projekt Wintermond
Ihnen eine Leihwagenfirma ganz in der Nähe empfehlen.«
Fünfzehn Minuten später füllte ein Angestellter der Autovermietung die Formulare aus und reichte Jennifer die Schlüssel für den dunkelblauen Golf. »Gute Fahrt.«
»Noch eine Frage, bitte. Wir haben im Rathaus von Murnau etwas zu erledigen. Wie kommen wir dorthin?«
Der Mann reichte ihnen eine Straßenkarte und kennzeichnete den Weg mit einem blauen Marker. »Es ist ganz leicht zu finden. Fahren Sie auf der Hauptstraße zum Ortsausgang, und folgen Sie dann einfach den Hinweisschildern.«
Mark observierte die Hertz-Autovermietung von der anderen Straßenseite aus. Er trug den Regenmantel und den grünen Federhut, den er am Flughafen gekauft hatte. In dieser Verkleidung kam er sich zwar ziemlich lächerlich vor, doch sie war notwendig, damit Jennifer ihn nicht auf den ersten Blick erkannte.
Das kurze Gespräch mit Kelso ging Mark nicht aus dem Sinn. Ganz wohl fühlte er sich nicht in seiner Haut. Über Kelsos heftige Reaktion auf sein Telefonat wunderte er sich noch immer. Und ihn beunruhigte noch etwas anderes: Lous Information über Bobbys schlechten Gesundheitszustand. Im Augenblick konnte Mark nichts für den Jungen tun. Er war fünftausend Kilometer weit weg und musste Bobbys Schwester beschützen.
Nach einer halben Stunde sah Mark ein Paar, das die Autovermietung betrat. Die beiden waren mittleren Alters und hatten keine Ähnlichkeit mit Jennifer und McCaul. Der Mann war klein und dünn, die Frau übergewichtig. Nur eine Person hatte die Autovermietung vor ihnen aufgesucht.
Mark fluchte vor sich hin. Wie lange musste er denn noch warten? Und wenn Jennifer gar nicht auftauchte? Vielleicht war sie überhaupt nicht in Brig.
Je länger Mark darüber nachdachte, für umso aussichtsloser hielt er die Suchaktion. Der Gedanke, dass Jennifer in Lebensgefahr schwebte, war ihm unerträglich. Er hatte das dringende Bedürfnis, dieser Farce auf der Stelle ein Ende zu machen, und nahm sich vor, Jennifer reinen Wein einzuschenken, falls sie bei der Autovermietung erschien. Zum Teufel mit Kelso!
Marks Handy klingelte. Es war Kelso.
»Ryan?«, sagte er in drängendem Tonfall.
»Nichts. Sie sind bisher nicht aufgetaucht.«
»Sie können Ihre Observierung abbrechen. Wir haben Jennifer gefunden. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich hole Sie in zwei Minuten ab.«
Der Opel hielt mit kreischenden Reifen am Bürgersteig. »Steigen Sie ein«, rief Kelso aufgeregt.
Mark schwang sich auf den Beifahrersitz. »Wo ist Jennifer?«
Kelso gab Gas und machte eine Kopfwende auf der Hauptstraße von Brig. Ein halbes Dutzend Autofahrer drückten wütend auf die Hupe, doch Kelso ließ sich nicht beirren.
»Unsere Datenbank-Recherche war erfolgreich. Jennifer und McCaul haben gestern Nacht um ein Uhr fünfzehn in einem Hotel eingecheckt.«
»Wo?«
»Hier in Brig. Im Ambassador.«
53
Grimes ging auf dem Bürgersteig auf und ab. Als Kelso vor dem Hotel hielt, rannte er zum Wagen. »Die beiden haben vor einer halben Stunde die Rechnung bezahlt und nach einer Leihwagenfirma gefragt.«
»Das kann nicht sein«, sagte Kelso. »Ryan hat die Hertz-Autovermietung observiert.«
»Es ist nicht Hertz, sondern ein kleiner Laden, den das Hotel seinen Gästen stets empfiehlt.«
»Verdammt!«
»Es ist ganz in der Nähe. Fellows war schon da und hat erfahren, dass sie vor fünfzehn Minuten in einem blauen Golf weggefahren sind. Wir haben das Kennzeichen. Sie haben sich nach dem Weg zum Rathaus in Murnau erkundigt. Der Ort ist vier, fünf Kilometer von hier.«
»Können wir uns darauf verlassen?«, fragte Mark.
»Das hat Fellows jedenfalls gesagt. Er hat sich Murnau auf der Karte zeigen lassen.«
»Warum fahren die beiden zu diesem Rathaus?«
»Keine Ahnung. Der Portier hat sie nicht danach gefragt.«
»Wo ist Fellows jetzt?«
»Auf dem Weg hierher.«
»Steigen Sie ein. Wir gabeln ihn unterwegs auf«, sagte Kelso.
Jennifer bog auf die Hauptstraße von Brig ein und folgte dem Hinweisschild nach Murnau. Die kurvenreiche Straße führte durch eine malerische Landschaft mit weidenden Kühen und schneebedeckten Bergen.
Zehn Minuten später erreichten sie Murnau, ein hübsches Dorf mit ein paar kleinen Hotels und Privatpensionen für Skitouristen. Das Rathaus war ein altes Gemäuer aus dem letzten Jahrhundert mit einem modernen Anbau aus Stahl und Glas. Die Rezeption war von einem Schweizer Beamten besetzt. Da seine Englischkenntnisse sehr begrenzt waren, bat er eine Kollegin
Weitere Kostenlose Bücher