Projekt Wintermond
zu wissen, Frank.«
McCaul stieg aus. »Bleiben Sie an meiner Seite. Wir gehen langsam aufs Haus zu.«
Nachdem sie ein paar Meter zurückgelegt hatten, fletschten die Hunde die Zähne und begannen zu knurren. Jennifer blieb stehen, und McCaul packte ihren Arm.
»Wir warten einen Moment«, sagte er.
Der Anblick der Dobermänner war Furcht einflößend. Jennifer und McCaul verharrten auf der Stelle. Als McCaul einen Schritt weiter ging, knurrten die Hunde lauter und fletschten die Zähne.
»Sitz, Ferdi! Sitz, Hans!«
Ein Mann mit ergrautem Haar trat vor die Tür. Die Hunde gehorchten aufs Wort. Der Mann war um die fünfzig und trug eine abgewetzte Arbeitsjacke. Die rechte Hand steckte in seiner Jackentasche. Auf seiner Nasenspitze fehlte ein Stück Fleisch, was sein Äußeres nicht gerade anziehender machte.
»Sprechen Sie Englisch?«, fragte Jennifer.
Der Mann musterte sie mit feindseligem Blick. Jennifer konnte sein Misstrauen verstehen. Immerhin betraten zwei wildfremde Personen unerlaubt sein Grundstück. Sein Blick wanderte von McCaul zu Jennifer. »Ja, ich spreche Englisch«, sagte er schließlich.
»Wir suchen Heinrich Vogel.«
Die Hunde knurrten. Der Mann gab ihnen auf Deutsch Befehle. Beide Dobermänner verstummten augenblicklich. »Ich bin Heinrich Vogel. Was wollen Sie?«
»Es wäre nett, wenn Sie die Hunde zurückpfeifen würden, Herr Vogel.«
Vogel sprach tadelloses Englisch mit deutschem Akzent. »Sie haben mein Grundstück unerlaubt betreten. Was wollen Sie?«
»Dürfen wir hereinkommen, Herr Vogel? Wir werden Ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen. Es ist sehr wichtig…«
»Wer sind Sie?«
»Ich bin Jennifer March, und das ist Frank McCaul. Wir sind Amerikaner.«
»Wenn Sie einen Bergführer suchen, müssen Sie sich anderswo umsehen. Ich habe im Augenblick keine Zeit.«
»Wir suchen keinen Bergführer. Wir möchten mit Ihnen reden.«
Vogel zog die Stirn in Falten. »Worüber?«
»Es wäre wirklich nett, Herr Vogel, wenn wir im Haus mit Ihnen sprechen könnten, ohne von Ihren Hunden zerfleischt zu werden.«
Vogel schien über das Risiko nachzudenken, zwei Fremde in sein Haus zu lassen. Schließlich schürzte er die Lippen und stieß einen lauten Pfiff aus. Die Dobermänner sprangen ins Haus. Vogel wies mit dem Kopf auf die offene Tür. »Also gut, kommen Sie herein.«
Sie betraten die Küche. Vogel folgte ihnen. Die Dobermänner tauchten sofort wieder auf, kauerten sich vor die Tür und versperrten den Rückweg. Jennifer fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut.
Die Küche war nach Schweizer Tradition eingerichtet. An einer Wand stand ein Küchenschrank aus Kiefernholz, in einer Ecke ein alter Holzofen. Auf dem Kieferntisch lag ein Stapel Zeitungen mit einem Fernglas obenauf. Neben dem Küchenschrank hing ein Monitor, auf dem die Einfahrt und die Fassade des Hauses zu sehen waren. Jennifer überraschte die Sicherheitsmaßnahme nicht. Vogel schien ein misstrauischer Mensch zu sein.
Auf dem Küchenschrank standen mehrere gerahmte Fotos. Auf einem waren vier Männer zu sehen, die Bergsteigerausrüstung trugen und für den Schnappschuss auf einem Felsvorsprung Aufstellung genommen hatten. Einer der Bergsteiger war Heinrich Vogel. Neben ihm stand ein Mann mit dunklem Haar, schmalem Gesicht, dünnen Lippen und dichten schwarzen Augenbrauen. Er trug einen blauen Parka. Jennifer kam das Gesicht irgendwie bekannt vor.
Vogel bot ihnen Platz am Küchentisch an.
»Also, um was geht es?«, fragte er.
Jennifer sprach über den Leichnam, der am Wasenhorn-Gletscher gefunden worden war. »Vielleicht haben Sie davon gehört, Herr Vogel. Nach Angaben der Karabinieri soll der Tote zwei Jahre lang im Eis gelegen haben.«
Vogel warf einen Blick auf den Monitor, ehe er sich wieder den Fremden zuwandte. »Ja, ich habe im Dorf davon gehört. Und was habe ich damit zu tun?«
»Die Polizei hat bei dem Leichnam etwas gefunden, was Sie interessieren könnte«, sagte McCaul. »Dürfen wir es Ihnen zeigen?«
»Warum nicht?«
Jennifer zog die Notiz aus der Tasche. Vogel ließ die rechte Hand beharrlich in der Jackentasche stecken. Er nahm den Zettel mit der Linken entgegen und blickte auf die verwitterten Zahlen und Buchstaben.
»Der Name H. Vogel ist deutlich zu erkennen«, sagte Jennifer. »Darunter stehen die Worte >Berg Edelweiß< und drei Zahlen, die mit den letzten drei Ziffern Ihrer Telefonnummer übereinstimmen.«
Vogel blieb wachsam. »Könnte sein.«
»Wir dachten, Sie könnten uns erklären,
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