Projekt Wintermond
Adressen zweier Bürger unserer Stadt. Ich habe ihr die Anschriften gegeben.«
»Um welche Personen handelte es sich?«, fragte Mark.
»Sie schien sich nur für einen bestimmten Mann zu interessieren, einen gewissen Heinrich Vogel. Ich habe ihr beschrieben, wie sie zu seinem Bauernhof kommt.«
Kelso seufzte erleichtert. »Erklären Sie mir bitte auch den Weg.«
Jennifer verstummte. Nur das Ticken der Küchenuhr war in der Stille zu hören. Vogel war kalkweiß; seine Hände zitterten.
»Sie kennen den Mann, der auf dem Wasenhorn starb, nicht wahr?«, fragte Jennifer.
»Ja, ich kenne ihn.«
»Wer ist es?«
»Mein Bruder Peter«, sagte Vogel sichtlich erschüttert. Es fiel ihm schwer, die Fassung zu bewahren.
»Was hat er auf dem Berg gemacht?«
»Sie wissen es nicht, stimmt’s? Sie wissen wirklich gar nichts.«
»Was denn? Haben Sie ihn getötet? Haben Sie darum Angst, Herr Vogel?«
»Ihn getötet?«, rief Vogel. »Warum hätte ich das tun sollen?«
»Warum ist Ihr Bruder auf dem Gletscher gestorben?«
»In der Nacht vor seinem Tod kam Peter mit zwei Männern hierher, die er am Bahnhof von Brig abgeholt hatte.
Der eine war Karl Lazar, und der andere hier . «, Vogel zeigte auf das Foto, »war Ihr Vater. Ich hatte ihn nie zuvor gesehen. Karl Lazar kannte ich. Er kam seit Jahren zum Skifahren nach Murnau. Eines Tages haben mein Bruder und ich ihn kennen gelernt.«
»Warum kamen Lazar und mein Vater hierher?«
»Lazar bat mich und meinen Bruder, sie zu führen… nein, er befahl uns, sie über den Gletscher nach Italien zu bringen. Sie hatten offenbar große Angst. Besonders Ihr Vater. Er wirkte sehr besorgt. Später habe ich erfahren, dass sie vor ihren russischen Mafia-Freunden auf der Flucht waren.«
»Ich… verstehe nicht…«, sagte Jennifer stockend.
»Ich dachte, Sie wären hierher gekommen, um mich zu töten. Ich dachte, Sie gehören zu denen. Darum war ich so vorsichtig. Das Foto beweist, warum Sie gekommen sind. Ich war ein Narr.«
»Zu wem sollen wir gehören? Was beweist dieses Foto?«
Jennifer hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon Vogel sprach. Sie wechselte einen Blick mit McCaul, der verdutzt mit den Schultern zuckte.
»Herr Vogel, wir müssen wissen, wer Karl Lazar war und was mein Vater mit ihm zu tun hatte.«
»Sie wollten über die Grenze fliehen. Lazar hat für die Russenmafia gearbeitet.«
»Und warum war mein Vater bei ihm?«
Vogel blickte auf den Monitor. In seinen Augen spiegelte sich nackte Angst. »Wir haben keine Zeit für lange Erklärungen. Sie werden bestimmt gleich hier sein. Jetzt weiß ich auch, warum sie das Haus observieren. Daran sind Sie schuld. Und wenn sie kommen, werden sie uns alle töten. Sie müssen sofort gehen .«
»Was reden Sie denn da? Wer kommt? Wer will uns töten?«
Vogel umklammerte die Pistole und trat ans Fenster.
McCaul sprang auf und warf den Tisch um. Er prallte krachend auf den Boden. Vogel stürzte, und Jennifer taumelte ein paar Schritte zurück. McCaul versperrte den Dobermännern, die gerade zum Sprung auf ihn ansetzten, den Weg. Sie prallten gegen die Tischplatte und liefen winselnd hinaus. McCaul stellte den Tisch hochkant vor den Türrahmen und drehte sich um.
Vogel packte die Pistole und stand mühsam auf. McCaul warf sich auf ihn und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Er schoss zweimal in die Decke. Das ohrenbetäubende Krachen hielt die Dobermänner nicht zurück. Sie bissen wütend ins Holz des Tisches und sprangen wild umher. »Pfeifen Sie Ihre Hunde zurück«, rief McCaul. »Rufen Sie die Biester zurück, oder ich knall sie ab.«
»Sitz, Ferdi! Sitz, Hans!«, rief Vogel.
Die Hunde folgten knurrend dem Befehl.
»Jagen Sie die Köter raus!«
»Raus! Raus mit euch!«
Die Hunde sprangen zurück in die Diele. McCaul schlug die Tür zu und klemmte die Tischplatte unter die Türklinke.
Vogel tastete nach seiner Sig Sauer.
»Frank!«, schrie Jennifer, doch es war zu spät. Vogel hatte abgedrückt. Die Kugel durchschlug McCauls Arm. Der Verwundete wurde gegen den Schrank geschleudert. Jennifer stürzte sich auf Vogel und versuchte, ihm die Pistole aus der Hand zu winden. McCaul lief benommen zu den beiden und entriss Vogel die Waffe.
»Bitte, nicht schießen!«, bettelte Vogel. »Ich wollte Sie nicht verletzen.«
»Das habe ich gesehen, du Spaßvogel.«
»Das war Notwehr, ich schwöre .«
McCaul presste eine Hand auf seinen Arm. »Holen Sie ein Tuch, Jennifer, damit ich die Blutung stoppen kann.«
Jennifer riss ein
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