Projekt Wintermond
wanderte über die makabren Wände. Schließlich standen sie vor dem Marmorthron. Einer der beiden Killer ließ den Lichtstrahl der Taschenlampe über die Rückwand des Thrones gleiten und entdeckte die Lücke. Er zwinkerte seinem Kumpan zu.
Jennifer und McCaul drangen immer tiefer in den Tunnel ein. Mithilfe der kleinen Flamme des Feuerzeugs fanden sie mühsam den Weg, bis der Gang vor einem hohen Berg aufgetürmter Steine jäh endete.
»Offenbar haben wir den falschen Weg gewählt«, stieß McCaul bitter hervor. Dann machte er sich daran, die Steine zur Seite zu werfen. Seine Hoffnungslosigkeit wich blinder Wut, die ihm ungeahnte Kräfte verlieh. Nachdem er den größten Teil der Steine entfernt hatte, wehte ihm ein leichter Luftzug entgegen. »Helfen Sie mir. Schnell. Vielleicht gibt es doch einen Ausweg.«
Jennifer half McCaul, die Steine wegzuräumen. Die Mühe lohnte sich. Tatsächlich verbarg sich hinter dem Steinhaufen der Weg in die Freiheit. Endlich drang frische Luft in den Tunnel. Sie hörten das laute Prasseln des Regens. »Vater Angelo hat uns die Wahrheit gesagt.«
McCaul kroch als Erster durchs Loch und zog Jennifer hinter sich her. Dann standen sie auf einem Hügel oberhalb der Klostermauern. Es ging steil bergab. Der Hügel war mit Geröll übersät und mit Sträuchern bewachsen. Die Dunkelheit verwehrte den Blick in die Schlucht. Es regnete noch immer in Strömen, doch es blitzte und donnerte nicht mehr. »Ziehen Sie die Schuhe an, sonst schürfen Sie sich die Füße auf«, sagte McCaul.
Als hinter ihnen Stimmen erklangen, drehten sie sich zur Öffnung im Berg um. Sekunden später erhellte das blendende Licht einer starken Taschenlampe die Dunkelheit. McCaul richtete die Beretta auf den Tunnelausgang, drückte zweimal ab, warf sich herum und rannte mit Jennifer den Hügel hinunter.
Sie stolperten über den steinigen Boden und bahnten sich einen Weg durch das dichte Gestrüpp. Am Fuße des Hügels nahm McCaul Jennifer an die Hand und lief mit ihr weiter, bis sie einen schmalen Waldweg erreichten. Sie waren vollkommen durchnässt und außer Atem.
»Wo sind wir?«, fragte Jennifer.
»Irgendwo nördlich vom Kloster, nehme ich an.«
Sie folgten dem Pfad, bis sie einige Minuten später vor den Toren des Klosters standen, wo sie den Nissan geparkt hatten. »Warten Sie hier«, flüsterte McCaul. »Ich sehe schnell nach, ob die Burschen Verstärkung zurückgelassen haben.«
Er hielt die Beretta mit beiden Händen, kroch zum Geländewagen und schaute hinein. Dann öffnete er die Fahrertür, warf einen Blick in den Wagen und kehrte zu Jennifer zurück. »Scheint alles in Ordnung zu sein. Kommen Sie.«
Sie rannten zum Nissan und stiegen ein. McCaul steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Beide waren nass bis auf die Knochen. In ihren Augen spiegelte sich nackte Angst.
»Was hat das bloß zu bedeuten?«, stieß McCaul hervor.
»Wer waren diese Kerle?«
»Wir sollten nicht warten, bis wir es herausgefunden haben«, erwiderte Jennifer.
»Stimmt.« McCaul ließ den Motor an, wendete und fuhr den Berg hinunter.
37
Nach fünf Minuten erreichten sie den Ort Varzo. Jennifer blickte während der Fahrt durch die Heckscheibe. Es schien ihnen niemand zu folgen. McCaul fuhr über den Dorfplatz, auf dem sich tiefe Pfützen gebildet hatten. Dahinter bog er links in eine schmale gepflasterte Straße ein und hielt.
»Warum bleiben Sie stehen?«
»Wir müssen überlegen, was wir jetzt machen.«
Jennifer war mit den Nerven am Ende. »Sollten wir nicht die Polizei verständigen?«
»Wir müssen uns alleine durchschlagen, sehen Sie das endlich ein, Jennifer. Selbst wenn die Cops uns die Geschichte abnehmen, was ich stark bezweifle, würden sie uns zu unserem eigenen Schutz hinter Gitter stecken. Das würde unser Überleben kaum sichern. Wer diese Typen auf uns angesetzt hat, wissen wir nicht, aber sie haben Caruso und seine Frau ermordet. Glauben Sie, eine kleine Zelle hier auf der Wache hält sie davon ab, auch uns zu töten?«
»Woher wussten sie, dass wir im Kloster sind?«
»Die müssen uns irgendwie gefolgt sein. Keine Ahnung. Mir ist nichts aufgefallen. Wahrscheinlich haben sie ein Ortungsgerät benutzt. Das ist ganz einfach. Sie müssen nur einen Peilsender hier im Wagen verstecken, und schon wissen sie, wohin wir fahren. Der Sender kann überall sein. Es könnte Stunden dauern, bis wir ihn finden.«
»Ob die wissen, wo wir in diesem Augenblick sind?«
»Bestimmt. Wenn wir noch lange hier sitzen
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