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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mehr ich an sie hängte, um so mehr trat sie mich in den Hintern. Ich war das aufgefressene Spinnenmännchen.« Dr. Schwarme winkte ab. »Lassen wir das, Herr Fehringer! Was geht es Sie an, nicht wahr? Warum quatsche ich überhaupt davon? Sie sind mir sympathisch, das ist es. Sie sind ein Mensch, und das ist immer noch besser als ein Spiegel, dem man alles erzählt.« Er saugte wieder an dem Strohhalm und blinzelte mit den Augen, die vom Alkohol langsam glasig wurden. »Auch mich geht Ihr Faible für diese Frau de Jongh einen feuchten Dreck an, ich weiß. Ein Ferienflirt – o.k. Schlimm wird es erst, wenn Sie sich verlieben. Sehen Sie mich an! Ich habe meine Frau beim Skifahren in Vorarlberg kennengelernt, ein süßes Skihaserl damals, mein Gehirn setzte völlig aus …« Er winkte ab, rutschte vom Barhocker, trank den Rest aus und wackelte gefährlich mit dem Kopf. »Was geht das Sie an? Vergessen Sie das Gespräch, junger Mann. Gute Nacht!«
    Ziemlich schwankend verließ Dr. Schwarme die Atlantis-Bar. Der Keeper sah ihm nach.
    »Wer war das?« fragte er. »Er hat die Rechnung nicht unterschrieben.«
    »Setzen Sie es bei mir drauf. Kabine 213. Fehringer.« Er blickte auf den gläsernen Tresen und fühlte sich plötzlich unwohl. Man kann es sehen, daß ich Sylvia liebe; man sieht es, wenn man Augen dafür hat. Genau das soll nicht sein. Wenn irgend jemand Hans darauf ansprechen sollte, ich weiß nicht, wie er reagieren würde. Sylvia hat recht: Man sollte etwas vorsichtiger sein.
    Und wie würde es überhaupt werden, wenn Sylvia einmal dahinterkäme, daß sie zwei Männer gleichzeitig geliebt hat, Zwillinge?
    Er dachte an Dr. Schwarmes Worte; an die Spinnen, die ihre Männchen fressen, und hob unbehaglich die Schultern. Auch ein zweites Glas Pear Plum Rickey konnte dieses Gefühl nicht vertreiben.
    Am nächsten strahlenden Morgen, um elf Uhr, wo alles in der Sonne lag bis auf den Wanderer Ludwig Moor, der heute verschlafen hatte und nun einsam auf dem Promenadendeck seine tausend Meter in strammer Haltung abmarschierte, bauten zwei Matrosen auf dem Oberdeck die Anlage zum Tontaubenschießen auf.
    Tontaubenschießen gehörte an Bord zu den exklusiven Sportarten; nicht, weil es zu teuer war – Geld hatte jeder genug –, sondern weil Hunderte von Augen zusahen und man sich gründlich blamieren konnte, wenn man bei zehn Schüssen nur zweimal traf. Selbst erfahrene Jäger, die zu Hause ihr eigenes Jagdrevier hatten und in ihren Häusern stolz zwischen präparierten Trophäen lebten, sahen recht dumm aus, wenn die hochgeschnellte Tonscheibe schneller war als ihr Reaktionsvermögen. So fanden sich nur kleine Gruppen von Schützen ein, die tapfer genug waren, vor den Augen der anderen Passagiere ihr Können oder Versagen zu demonstrieren.
    Knut de Jongh gehörte zu diesen Tapferen. Im Tontaubenschießen war er unerreicht; er wußte selbst nicht, wieso und wodurch. Vor vier Jahren hatte er es einmal auf einer kleinen Kreuzfahrt durchs östliche Mittelmeer so ganz aus Jux probiert und auf Anhieb gewonnen: Von zehn Schuß neun Treffer! Er versuchte es dann immer wieder, und immer gewann er zu seinem eigenen Erstaunen. Wenn er »Hopp!« rief, die Tonscheibe hoch in den Himmel schnellte, weggeschossen von der Schleudermaschine, riß er sein Gewehr hoch und gab seinen Schuß in genau dem Moment ab, wo sich die Scheibe an ihrem Kulminationspunkt befand. Paff – und die Scheibe zerspritzte. Die meisten Mitschießer drückten zu früh ab, noch während die Scheibe flog, oder zu spät, wenn die Scheibe sich abwärts senkte. Knut de Jongh hatte ein untrügliches Gefühl dafür, wann die Tontaube im richtigen Winkel zu ihm lag. Das konnte man nicht lernen, das war Begabung. Er stellte das mit Stolz fest, nachdem er in neunzehn Wettbewerben nur einmal besiegt worden war. Bei der Jagd war das völlig anders, merkwürdig, geradezu unverständlich: Hier schoß de Jongh so oft an Böcken und Rehen, Fasanen und Enten vorbei, daß er zwar seine Freunde noch zur Jagd einlud, aber selbst kaum aktiv mitmachte.
    »Das kommt vom Saufen und vom Bett!« johlten seine Freunde dann. »Wer eine Sylvia beschießt, trifft keinen Hirsch mehr!«
    Das Tontaubenschießen an diesem Tag auf der Atlantis war eine Art Vorübung. Das große Preisschießen sollte auf See zwischen Arica und Valparaiso stattfinden, an den letzten zwei Seetagen vor dem Abflug von rund dreihundert Passagieren, die von Chile nach Frankfurt zurückkehrten. Bis dahin hatte man noch

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