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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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überfallen. Das Rindvieh hatte trotz Warnung seine goldene Armbanduhr um. Nur weil er einem der Banditen in den Unterleib trat, bekam er etwas Luft und konnte wegrennen. Ein Polizist stand übrigens an der Straßenecke und blickte zur Seite. Das alles regt mich schon nicht mehr auf; es hätte ja auch keinen Zweck.«
    Im Hospital hatte Dr. Paterna endlich de Jongh richtig untersuchen können. Nach einigen Injektionen gegen die Schmerzen und das Fieber, zur Kreislaufstützung und zur Verhinderung einer Tetanie war er geröntgt worden. Innere Blutungen waren nicht festzustellen. Der Arzt desinfizierte die Einstichwunden und verband sie dann wieder. Mehr war im Augenblick nicht zu tun.
    Sylvia, die im Warteraum hockte, sprang auf, als Dr. Paterna aus dem Behandlungstrakt hereinkam. Ihre panische Sorge spielte sie vorzüglich.
    »Doktor, was ist? Sagen Sie mir bitte, bitte die Wahrheit. Ich kann sie vertragen; ich bin tapferer, als ich aussehe.«
    Dr. Paterna legte den Arm um Sylvias Schulter. »Er schafft es. Er hat eine Bärennatur. Falls es keine unerwarteten Komplikationen gibt, kann er in vierzehn Tagen wieder an Deck in der Sonne liegen, mit einigen attraktiven Narben in Brust und Rücken.«
    »Kann … kann ich ihn sehen …?«
    »Natürlich. Er schläft jetzt. Sie können jederzeit ins Hospital kommen.«
    Auf Zehenspitzen betrat Sylvia den Krankenraum und stellte sich vor das weiße Eisenbett. De Jonghs Gesicht war eingefallen und gelblich-blaß, aber sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Ganz weit beugte sie sich zu ihm hinüber und starrte ihn haßerfüllt an.
    »Stirb!« sagte sie leise. »Stirb doch … Ich kann dich nicht mehr ertragen …«
    Sie zuckte zusammen, weil die Tür hinter ihr aufging. Kapitän Teyendorf trat ein, drückte ihr mitfühlend die Hand, und sie bekam es tatsächlich fertig, wie in völliger Hilflosigkeit zu weinen.
    Der Überfall auf Knut de Jongh war für einen Tag der große Gesprächsstoff an Bord. Kammersänger Rieti blieb in seiner Kabine, tief beleidigt, als habe die Schiffsführung ihn nackt entkleidet. Er sagte sein Opernkonzert für übermorgen abend ab, ließ sich von Dr. Paterna Beruhigungstabletten geben und spielte den total Vernichteten, als seine Kollegin, Kammersängerin Reilingen, ihn besuchte.
    »Ein Schock …«, stammelte er dramatisch. »Das ist es, liebe Margarete. Ein Schock, der mich fast lähmt. Ob ich jemals wieder singen kann? Ob die Stimme darunter leidet? Keinen Ton bringe ich mehr hervor. Alles zugeschnürt, verkrampft, unbeweglich. Hör dir das an!« Er intonierte einige schaurige Töne und unterbrach dann entsetzt. »Das klingt wie das Hirschröhren, nicht wahr? Ich bin vernichtet!«
    Er schloß die Augen, faltete die Hände über der Brust und lag da wie ein Toter.
    Margarete Reilingen, die von der bekannten Hysterie ihres Kollegen keineswegs angesteckt wurde, verließ ihn mit den Worten: »Ruh dich aus, Franco. Schone dich. Ich werde die Konzerte schon allein bestreiten.«
    Dieser letzte Satz half mehr als alle Medikamente. Kaum hatte Margarete Reilingen die Kabine verlassen, sprang Rieti vom Bett, stürzte in das Badezimmer, gurgelte mit seinem Geheimsud und übte dann in einem schwingenden Piano seine schöne Stimme. Er war nicht bereit, der Reilingen den Triumph allein zu überlassen.
    Bei Dr. Schwarme gab es wieder die erregten internen Diskussionen. Erna fühlte sich verraten: Ihr großer Flirt François de Angeli kümmerte sich kaum noch um sie und jagte anderen schönen Frauen an Bord nach, umschwänzelte sie wie ein gockelnder Auerhahn und brachte einige Ehemänner dazu, ihre Frauen nicht mehr ausschließlich als Aushängeschild ihres Erfolges zu betrachten, sondern endlich wieder ihre weiblichen Qualitäten zu erkennen. Das führte mitunter zu grotesken Situationen, wenn zum Beispiel ein bislang abgeklärter Ehemann am späten Abend in der Kabine und im Bett die Brust seiner Frau streichelte und sich dabei die berechtigte, aber ernüchternde Frage einhandelte: »Was ist denn mit dir los?!«
    Erna Schwarme ließ ihre Enttäuschung über de Angeli natürlich an ihrem Mann aus, so wie es sich für eine langjährige Ehefrau gehört. Sie nahm Dr. Schwarme die Bordzeitung weg, in der er gerade las, und sagte bissig: »Da liegt nun der arme Herr de Jongh im Hospital und kann nicht leben und nicht sterben! Es trifft immer die Falschen!«
    »Dir wäre es wohl lieber, ich läge da, nicht wahr?« Dr. Schwarme warf einen haßerfüllten Blick auf seine

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