Promenadendeck
sich!«
»Jawohl, Papa …« Sie lachte hell und planschte wieder wie ein kleines Mädchen. Man müßte ihr wirklich den Hintern versohlen, dachte Dabrowski. Diesen süßen, kleinen Hintern. Er schluckte mehrmals und schob den Gedanken weg.
»Er ist übrigens ein netter Kerl«, rief sie durch das Rauschen der Dusche. Dabrowski zog die Augenbrauen hoch. »Wer?«
»Arturo Tatarani.«
»Der Weinhändler?« Dabrowski lachte. »Auch zu alt für Sie. Kindchen, haben Sie einen Hang zu älteren Männern?«
»Vielleicht. Ich liebe Erfahrung.«
»Und außerdem ist er erst zweiundvierzig, zehn Jahre jünger als Sie.«
»Tatarani sieht aber älter aus als zweiundvierzig. Sein graumeliertes Haar, seine gegerbte Haut … Woher wissen Sie überhaupt, wie alt er ist?«
»Ich habe ihn beim Tanzen gefragt. ›Sie tanzen aber gut für Ihr Alter!‹ habe ich gesagt, und er hat geantwortet: ›Ich bin erst zweiundvierzig, meine Liebe.‹ – Und wenn es Ihnen auch mißfällt: Ich mag ihn. Er ist ein vollendeter Kavalier.«
Dabrowski hörte sie aus der Wanne steigen, dann kam sie ins Zimmer zurück, in das große Badetuch gewickelt, triefend und mit angeklebten Haaren, und sah so kindlich aus, daß Dabrowski spontan sagte: »Wenn Ihnen dieser Arturo zu nahetritt, bekommt er es mit mir zu tun!«
»Wieso? Mein Leben geht Sie nichts an.«
»Vorhin haben Sie es mir, raffiniert harmlos umschrieben, angeboten.«
»Und Sie haben abgelehnt. Also vergessen!« Sie setzte sich aufs Bett, rubbelte sich ab und lehnte sich dann in die Kissen zurück. »Wissen Sie übrigens, daß der Kapitän den schönen François de Angeli in Papeete zurückläßt?«
»Nein!« Dabrowskis Kopf zuckte hoch. »Wer sagt das?«
»Einer der Offiziere. Im Vertrauen. Er muß von Bord, weil sich neunzehn Männer über ihn beschweren.« Sie lachte und spielte mit den Zehen in der Luft. »Ein Haufen Gehörnter. Aber dabei ist mir ein Gedanke gekommen: Wie, wenn de Angeli das alles bewußt provoziert hat, um in Papeete die Reise zu beenden? Er wird vom Schiff geworfen – genau das wollte er. Damit ist es ihm völlig legal geglückt, daß er als einziger unprogrammäßig aussteigt. Unverdächtig, aber mit dem Schmuck aus sechs Kabinen … Was halten Sie davon, Chef?«
»Mein Gott! Das war mal ein zündender Gedanke von Ihnen!« Dabrowski sprang auf. So kann es sein, durchfuhr es ihn. De Angeli, der in Wirklichkeit Carducci ist! Carducci mit den hundert Masken, warum also nicht auch als Playboy? Den Rausschmiß aus dem Schiff hat er raffiniert inszeniert. Unbehelligt kann er seine Beute von Bord bringen und mit ihr nach Paris fliegen. Sitzt in Paris der Hehler? »Beate, ich könnte Sie umarmen.«
»Es hindert Sie niemand daran.«
»Doch. Mein Gewissen.« Er sah, wie sie sich wohlig auf dem Bett räkelte und es nur eines Griffes bedurfte, das Badetuch wegzuziehen und sie in Besitz zu nehmen. »Ziehen Sie sich an! Sie müssen den ›Blinden‹ sofort zum Kapitän bringen.«
»Ach ja. Das habe ich ja ganz vergessen. Sie sind ja blind, Herr Dabrowski.«
Ungeniert ließ sie das Badetuch fallen, ging nackt zum Schrank, wählte ziemlich langsam Wäsche und Kleid aus und ließ Dabrowski genug Zeit, ihren schönen Körper zu betrachten. »Übrigens, Sie können nicht rechnen, mein Kind«, sagte er, während sie den hauchdünnen BH anlegte. »Ich bin nicht zehn Jahre älter als Tatarani, sondern nur drei.«
»Aber Sie benehmen sich, als stünden Sie kurz vor der Hundert. Helfen Sie mir bitte, den BH-Haken zuzumachen. Das ist doch ungefährlich. Mein Höschen kann ich allein anziehen.«
»Man sollte Sie übers Knie legen.«
Er trat hinter sie, hakte den BH zu, atmete die Frische ihrer Haut und den Limonenduft, der vom Badeschaum in ihre Poren gedrungen war, und flüchtete sofort wieder auf seinen Platz am Fenster. Erst als sie vollständig angezogen war, verließ er den Sessel. Sie sah ihn mit einem langen Blick an, schüttelte den Kopf und nickte zur Tür.
»Gehen wir, Herr Dabrowski. Wo ist Ihr weißer Stock, die schwarze Brille … gut so. Tasten Sie sich allein vorwärts oder haken Sie sich wieder bei mir ein? Wie singt der Chor in der Oper Lohengrin! Treulich geführt …«
»Ich kleb Ihnen gleich eine!«
»Vergiß nicht, ich bin seit fünf Jahren großjährig, Papa …«
Kapitän Teyendorf saß gerade mit Chief Ludwig Wurzer zusammen und besprach, wieviel Dieseltreibstoff sie in Papeete bunkern sollten. Außerdem hatte sich der Gouverneur von
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