Promenadendeck
stehen und betrachtete die glitzernden Auslagen. Es waren Juwelen darunter, die das Herz schneller schlagen ließen. Und alles mehrwertsteuerfrei; auf See gibt es keine Mehrwertsteuer und keinen Zoll. Wenn auch die Preise etwas überhöht waren: Wer hier einkaufte, machte immer noch ein Geschäft.
»Such dir was aus«, sagte de Jongh plötzlich.
»Was soll ich?« fragte sie entgeistert zurück.
»Was dir gefällt, sollst du haben. Was interessiert dich?«
»Nichts.«
»Das wäre das erstemal. Bist du krank?«
»Ich will keinen Schmuck mehr.« Sie sah ihn voll an. »Wieviel wolltest du ausgeben?«
»Das ist keine Frage. Was dir gefällt.«
»Kann ich das Geld auch in bar haben?«
De Jongh schwieg. Sammelst du jetzt Scheinchen, um nicht völlig armselig von mir abzuhauen, dachte er. Eine kleine Mitgift für dein blondes Böckchen? Hat wohl sonst nicht viel zu bieten als nur seinen Schwanz? Nicht einen Pfennig, meine Liebe! Und der Schmuck kommt in den Tresor, auch da langst du nicht mehr zu.
»Bares Geld sieht häßlich aus, vor allem, wenn die Scheine zerknittert sind.« Er lächelte verkrampft und tippte mit dem Zeigefinger gegen die Fensterscheibe. »Da, diese Ohrringe. Smaragde und Brillanten. Sind sie nicht eine Wucht? Die an deinen Ohren, das wäre ein Funkeln. 62.000 Mark. Stell dir zweiundsechzig Tausendmarkscheine vor … ein unansehnliches Häufchen. Aber diese Brummer an deinen Ohren – das ist Glanz. Das mag ich.«
»Und warum willst du mir sie kaufen?«
»Warum? Nur so … Weil ich dich liebe.«
Sie trat vom Schaufenster zurück und ging weiter zur Boutique. De Jongh sah ihr mit zusammengekniffenen Augen nach. Keine Regung zeigt sie, dachte er verbittert. Jede andere Frau hätte jetzt gestrahlt. Aber sie geht wortlos weiter und läßt mich stehen.
Das Atmen tat ihm weh vor innerer Zerrissenheit, fast unhöflich beantwortete er den Gruß eines vorbeigehenden Ehepaares und sah, daß Sylvia im Friseursalon verschwand und schnell wieder herauskam.
»Ich kann sofort drankommen«, sagte sie hastig. »Nur Waschen und Fönen. Eine halbe Stunde … Wo treffen wir uns wieder?«
»In der Kabine. Wenn ich dort nicht bin, dann in der Atlantis-Bar.«
Er blieb am Eingang stehen und beobachtete, daß sie tatsächlich Platz nahm und wie die Friseuse ihr ein großes Tuch umlegte. Da kann sie jetzt nicht weg, dachte er zufrieden. Ich werde mich die halbe Stunde über in der Boutique aufhalten und die Bücherregale durchgehen. Oder Postkarten kaufen; sie haben schon welche von Tahiti im Drehständer. Auch Fotos in den Schaukästen könnte man aussuchen. Wir kriegen die halbe Stunde schon rum, du Hürchen. Entwischen kannst du nicht.
Sylvia wartete, bis man ihr die Haare gewaschen hatte. Im Spiegel konnte sie den Eingang überblicken und atmete auf. »Kann ich ein Telefon haben?« fragte sie.
»Aber ja, gnädige Frau.«
Der Apparat wurde ihr gebracht, und Sylvia wählte die Kabinennummer 213. Hans Fehringers Stimme meldete sich.
»Hans, mein Liebling«, flüsterte sie hastig.
»Sylvia, mein Engel!«
»Ist alles in Ordnung?«
»Alles. Und bei dir!«
»Wir dürfen uns jetzt ein paar Tage nicht treffen. Wo auch?«
»Mir wird schon etwas einfallen. Liebe beflügelt die Phantasie.«
»Oh, ich bin ganz krank.« Sie hauchte einen Kuß ins Telefon. »Ich liebe dich wahnsinnig …«
»Für meine Liebe gibt es keine Worte mehr.«
Sie legte schnell auf, ließ den Apparat wieder wegbringen und schloß die Augen, während der warme Fönstrahl ihr glänzendes schwarzes Haar aufwirbeln ließ. Wenn wir wieder in Deutschland sind, laufe ich Knut einfach weg, dachte sie. Die Welt ist groß genug, um einen Platz für Hans und mich zu finden. Und wenn ich einmal weg bin, wird Knut mich nicht suchen. Dazu ist er viel zu stolz und zu träge. Außerdem spart er Geld; nicht einen Pfennig will ich mehr von ihm. Er weiß ja nicht, wieviel ich beiseite getan habe, auf fünf Konten. Ich brauche ihn nicht mehr für den glücklichen Rest meines Lebens.
Nach knapp einer halben Stunde war sie fertig und trat wieder auf den Flur. De Jongh lehnte an einem der Schaukästen und winkte ihr zu. »Bin gerade gekommen«, rief er. »Jetzt müßte sie fertig sein, habe ich ausgerechnet. Und siehe da: Es stimmt.« Er blickte auf seine große goldene Armbanduhr. »Wird Zeit, sich für das Dinner und das Schlagerfestival umzuziehen. Was meinst du?«
Sie nickte stumm, ging ihm voraus, schloß die Kabinentür auf und warf die Badetasche aufs
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