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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine der weißen Bänke. Ludwig Moor hatte gerade wieder einen seiner Kilometerläufe aufgenommen und kam an ihnen vorbei. Die Tür zum Suitentrakt öffnete sich, und eine stark geschminkte Dame ungewissen Alters, die Lockenpracht ihrer Perücke mit einem goldenen Band verziert, blickte über das Deck. Der Ausschnitt ihres Kleides war so tief, daß ein Vornüberbeugen alles enthüllt hätte.
    »O Gott!« flüsterte Dr. Paterna. »Entschuldigen Sie mich. Ich muß ins Hospital. Nur dort bin ich halbwegs sicher.«
    »Was ist denn los, Doktor?«
    »Sehen Sie die Dame dort an der Tür?«
    »Ja.«
    »Kommen Sie ihr bloß nicht zu nahe. Anne White heißt sie. Die Höhe ihres Bankkontos weiß nur ihr Anwalt. Wenn Sie in ihre Fänge kommen, sind Sie verloren. Sie frißt die Männer wie ein Spinnenweibchen.«
    »Dollarmillionärin?« fragte Ambert interessiert. Sein Blick wanderte zu Mrs. White, tastete sie ab. Er fand, daß der erste Eindruck durchaus vorteilhaft war. Ein reifes Mittelalter und somit rundherum auch ansehnlich gereift. »Witwe?«
    »Seit zweiundfünfzig Jahren.«
    »Wie bitte?«
    »Mrs. White müßte jetzt gute sechsundsiebzig sein …« Dr. Paterna erhob sich, drückte seine Arzttasche an sich und hatte keine Lust, weiter an Deck zu bleiben. »Ich warne Sie nochmals, Herr Ambert. Als sie an Bord kam, ging durch das ganze Schiff ein Seufzen. Noch hat es sich nicht herumgesprochen, wer in der ersten Nacht bei ihr war. Bis heute abend!«
    Dr. Paterna verschwand schnell hinter der Tür zum Treppenhaus. Claude Ambert zog die Unterlippe durch die Zähne, knackte mit seinen Fingern und erhob sich dann von der Bank. Lässig schlenderte er das Promenadendeck hinab, wurde von dem marschierenden Moor überholt und lehnte sich dann an die Reling, als wolle er das ruhige Meer und die fliegenden Fische beobachten. Er spürte Mrs. Whites Blick in seinem Nacken.
    Dollarmillionärin, dachte er. Wild auf Männer. Eines muß man ihr lassen: Sie sieht aus wie eine gute Endvierzigerin. Da haben Schönheitschirurgen ein Meisterwerk geschaffen. Da waren wirkliche Plastiker am Werk. Und wenn man darüber nachdenkt, daß sie auf Dollarnoten liegt, wenn sie sich hinlegt …
    »Wie blau das Meer ist«, sagte plötzlich eine zwitschernde Stimme neben ihm. Ambert erschrak. Auch das noch – sie sprach wie ein Teenager in der Tanzstunde. Er blickte zur Seite. Mrs. White lehnte neben ihm an der Reling, ihr Busen – wie viele Straffungen? dachte Ambert – war fast entblößt. Das Gesicht wirkte unter dem Make-up wie ein katzenhafter Puppenkopf. Was die Medizin heute doch alles vermag!
    »Man könnte zum Romantiker werden«, sagte Ambert auf englisch.
    »Oh!« Ihre Stimme bekam einen jubelnden Laut. »Sie sprechen englisch? Woher kommen Sie?«
    »Aus Frankreich, Madame.«
    »Ein charmanter Franzose. Ein bel ami … habe ich recht?«
    »In etwa.«
    »Was sind Sie von Beruf?«
    »Ich dressiere Elefanten.«
    »Nein! Wie aufregend.« Ihr Blick fiel ungeniert auf seine Hose. »Ein Elefant! Das müssen Sie mir erzählen. Darf ich Sie zu einem Glas Champagner in meine Kabine einladen? Elefanten. Das ist etwas Neues in meinem Leben. Kommen Sie!«
    Mit klopfendem Herzen folgte Ambert Mrs. White zu ihrer Suite. Als er die Tür zum Gang schloß, war Moor gerade auf seiner letzten Strecke und machte eine zackige Kehre an der Tür. Millionen, dachte Ambert, Millionen … sie soll ihren Elefanten haben. Es ist ein kreuzerbärmliches Leben, mit zwei Elefanten durch die Welt zu ziehen.
    Dabrowski sorgte dafür, daß er der erste war, der beim Begrüßungscocktail von Kapitän Teyendorf in den Sieben-Meere-Saal kam. Auf seinen weißen Stock gestützt, wartete er mit Beate schon zwanzig Minuten an der gläsernen Eingangstür zum Festsaal und war trotzdem nicht der erste. Ein Ehepaar, der Mann rotgesichtig, in weißem Smoking und schwarzem Rüschenhemd, darauf eine silberne Schleife, starrte unbewegt geradeaus, seine Frau neben ihm, zart, verschüchtert, aber in einem Modellkleid und behangen mit einem sündteuren Smaragdschmuck, lehnte sich an die Wand. Das lange Stehen in den hochhackigen Schuhen schien ihr Schmerzen zu bereiten.
    Dann war es soweit, die Tür ging auf. Kapitän Teyendorf, in einer weißen Uniform, stand zum Händedrücken bereit. Die Chefhosteß Laura, in einem fließenden, roten Abendkleid, nickte. Sie war mit der Aufgabe betraut, jeden Passagier nach seinem Namen zu fragen und ihn dem Kapitän dann vorzustellen.
    Dabrowski klapperte mit

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