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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seinem Stock. Das Ehepaar vor ihm zuckte etwas zusammen, der Herr starrte den Blinden an, trat zurück und machte eine Bewegung wie ›Bitte schön, Sie haben den Vortritt‹. Beate stupste Dabrowski an und führte ihn vorwärts.
    »Ewald Dabrowski und Beate Schlichter«, sagte sie zu Hosteß Laura.
    »Herr Dabrowski und Frau Schlichter!« gab sie in Richtung Teyendorf weiter.
    Teyendorf nahm Dabrowskis Hand, die er ziellos in die Luft streckte, und drückte sie. »Ich freue mich, daß Sie an Bord sind«, sagte er. »Und ich wünsche Ihnen besonders, daß es eine schöne Reise wird. Wenn Sie einen Wunsch haben: Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
    »Danke«, erwiderte Dabrowski. »Danke, Herr Kapitän.« Die dunklen Brillengläser sahen Teyendorf an. »Es wird sicherlich eine schöne Kreuzfahrt.«
    Beate faßte ihn unter und zog ihn weiter. In der Nähe der Tür setzte sich Dabrowski in einen der tiefen Sessel und lehnte sich zurück. In aller Unbefangenheit konnte er jetzt jeden der Passagiere beobachten, ihn taxieren und vor allem den Schmuck der Damen genau betrachten. Am Ende des Einmarsches hätte er fast sagen können, wem das Interesse von Paolo Carducci gelten würde. Es waren Juwelen darunter, bei deren Anblick selbst dem Kenner Dabrowski das Herz schneller klopfte.
    Kapitän Teyendorf stand das Vorbeiziehen der zur 1. Tischzeit eingeteilten Passagiere geübt durch. Er drückte die Hände, sagte zu jedem ein paar kurze Worte und ließ sich von den Damen anfunkeln, in deren Augen die Erregung des Moments und der Stolz, dem Kapitän die Hand drücken zu dürfen, aufglühten. Dennoch war er nach der Begrüßung des letzten Passagieres dieser Abteilung froh, diese Pflicht wieder geschafft zu haben. Es war ein lästiges Ritual, aber es gehörte zu jeder Kreuzfahrt. Der Händedruck des Kapitäns war so etwas wie die Besiegelung, daß man zur Gemeinschaft der Kreuzfahrer gehörte. Teyendorf wunderte sich immer wieder, welch großen Wert manche Passagiere darauf legten, ihm die Hand zu geben und die lapidaren Worte zu hören: »Ich begrüße Sie an Bord!« oder »Ah, Sie sind auch wieder an Bord. Ich hoffe, die Fahrt wird Ihnen wieder gefallen …« Dann glänzten die Augen. Der Kapitän hat uns wiedererkannt! Fritz, er kennt uns noch! Ist das ein toller Mann, der Herr Kapitän …
    Dabrowski drehte sich zur Bühne des Saales, als die Glastüren geschlossen wurden.
    »Na?« fragte Beate leise. »Was denken Sie, Chef?«
    »Nach meinem Gefühl ist Carducci hier nicht dabei. Der muß zur 2. Tischzeit gehören. Aber warum läßt er sich den Anblick dieser Juwelen entgehen? Beate, mir kommt da ein schrecklicher Verdacht: Was ist, wenn es sich um zwei Leute handelt, die gemeinsam Hand in Hand arbeiten? Jeder für seine Tischzeit? Daran hat überhaupt noch niemand gedacht!« Dabrowski wurde sichtbar unruhig. Schon beim Durchlesen der Protokolle, die alle Schmuckdiebstähle Carduccis beschrieben, war ihm aufgefallen, daß er manchmal in zwei Kabinen zur gleichen Zeit gewesen sein mußte. Polizei und Versicherungen hatten angenommen, diese Zeitangaben, die ja in derartigen Fällen nie genau waren, seien durch die Erregung der Bestohlenen beeinflußt worden. Außerdem – und das war immer das Entscheidende und Ausweglose – hatten die meisten Betroffenen geschlafen und das Fehlen der Juwelen erst am Morgen bemerkt. Alle Kabinentüren aber waren abgeschlossen gewesen. Carducci mußte demnach im Besitz eines überall passenden Generalschlüssels sein, wie ihn die Kabinenstewards benutzen. Aber das von allen Schiffen? Unmöglich! Dieser Mann ist ein Genie, hatte der Chef der Kriminalpolizei von Piräus einmal gesagt; bei ihm gibt es auf einem Schiff keine Türen …
    »Aufgrund der idealen Voraussetzungen hier müßte er jetzt im Saal sein«, sagte Dabrowski leise. »Er oder sein Komplize. Die Möglichkeit, daß sie zu zweit arbeiten, wirft meinen ganzen Plan durcheinander.«
    Auf der Bühne begann jetzt das Bordtanzorchester zu musizieren, die ›Happy-Boys‹. Es waren acht Musiker, die zwar sehr laut spielten, aber Mühe hatten, immer im Gleichklang zu bleiben. Dafür sahen sie in ihren weißen, mit Silberlitzen bestickten Phantasieanzügen wirklich sehr gut aus.
    Während Kapitän Teyendorf dann in einer kleinen Rede die Passagiere begrüßte und die Führungsmannschaft des Schiffes vorstellte – vom 1. Leitenden Offizier über den Chef und Hoteldirektor bis zum Chefkoch und den Pfarrern beider Konfessionen –,

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