Promenadendeck
zu unruhig. Detektiv … da guckt einen jede Frau erst mal nachdenklich an.«
»Sie haben eine bezaubernde ›Krankenschwester‹ mit, Herr Dabrowski.«
»Beate? Ja, ein hübsches Mädchen. Dreiundzwanzig und brav. Das findet man selten. Aus einem guten Elternhaus; ihr Vater ist Staatsanwalt. Oberstaatsanwalt.«
»Und dann übernimmt sie solche Jobs?!«
»Ihr eigener Vater hat sie mir an die Hand gegeben. Von ihm stammt die Idee mit dem Blinden, damit die Versicherung endlich den Paolo Carducci, den Unsichtbaren mit den vielen Namen, in die Zange nehmen kann.«
»Und dieser Meisterdieb befindet sich hier an Bord?«
»Ja.«
»Wissen Sie das genau?«
»Nein. Ich fühle es nur.«
»Also wirklich ein Blinder, der herumtappt.« Paterna lachte wieder und warf einen Blick hinüber zu Barbara Steinberg. Sie antwortete sofort mit einem sonnigen Lächeln. Sie sah wunderbar aus. Ihr blondes Haar glänzte wie blankgeputztes Gold. In ihrem Polstersessel lehnte sie sich weit zurück und zeigte Dr. Paterna eine im straffen Kleid deutlich sich abzeichnende beachtliche Oberweite. Im Badeanzug an Deck galt sie als blonde Konkurrenz der schwarzgelockten Sylvia de Jongh. Ihr Vorteil war, daß sie im Gegensatz zu Sylvia keinen Ehemann an der Seite hatte.
Dabrowskis Augen folgten scheinbar zufällig Paternas Blick. Für jeden Fremden war es so, als starre der Blinde ins Leere. »Nun geh'n Sie schon hin, Doktor«, sagte er leise. »Ich beurlaube Sie. Die Schöne kriegt ja einen Muskelkrampf vor Sehnsucht. Ich taste mich schon allein nach oben. Jaja, Schiffsarzt müßte man sein, kein Blinder.«
»Glauben Sie, daß ich Chancen bei Ihrer Beate hätte?«
Diese plötzliche, direkte Frage machte Dabrowski für ein paar Sekunden stumm vor Verblüffung. »Sie – und Beate?« fragte er dann stockend.
»Sie gefällt mir.«
»Das schminken Sie sich am besten schnell wieder ab. Beate ist kein Mädchen, das einem bloß gefällt, die ist nichts für so ein Reiseabenteuer à la Schiffsarzt. Da stehe ich dazwischen wie ein Erzengel!«
»Eifersüchtig?«
»Ich bin siebzehn Jahre älter als Beate.«
»Ist das ein Hinderungsgrund? Viele Mädchen verlieben sich in ältere Männer.«
»Wie alt sind Sie, Doktor?«
»Ich bin in genau dem Alter, das zu ihr paßt: Fünfunddreißig.« Dr. Paterna wurde ernst: »Spaß beiseite, Herr Dabrowski. Ich möchte Sie bitten, mich mit Beate bekannt zu machen.«
»Ich bin Detektiv, aber kein Ehevermittler.«
»Denken Sie an Ihre Blindenausbildung …«
»Das ist Erpressung, Doktor!«
»Sie wollen einen Millionendieb entlarven, und ich helfe Ihnen dabei. Ich könnte es ja auch anders machen und Beate einfach als Arzt ansprechen. Statt dessen bitte ich Sie quasi um Erlaubnis. Wenn das kein Beweis ist dafür, wie fern mir ein flüchtiges Abenteuer liegt!«
»Für heute haben Sie erst mal die süße Friseuse, Doktor. Und wenn das die ganze Fahrt so weitergeht, tut mir Beate viel zu leid. Sie sagten da vorhin etwas von noch drei Jahren Seefahrt. Soll Beate drei Jahre lang warten oder Sie drei Jahre mit einer Kompanie anderer Frauen teilen? Das ist doch nicht Ihr Ernst! Das können Sie mir doch nicht zumuten! Beates Vater hat mir seine Tochter anvertraut, und deshalb kommt an mir keiner vorbei. Auch Sie nicht, Doktor, bei all unserer plötzlichen Freundschaft.« Dabrowski rutschte vom Barhocker, und Dr. Paterna tat so, als helfe er ihm dabei. »Ich taste mich jetzt ins Bett. Bleiben Sie hier und löschen Sie den Brand der Friseurmeisterin. Sie ist viel hübscher als Beate, wahrscheinlich die schönste Frau an Bord.«
»Wir reden morgen weiter darüber.« Dr. Paterna führte Dabrowski, den Blinden, bis zur Tür des Fisherman's Club und kam dann zurück, nachdem er noch gewartet hatte, bis Dabrowski in den Lift gestiegen war. Wie selbstverständlich setzte er sich dann Barbara Steinberg gegenüber an den runden Tisch. Sie starrte ihn aus ihren großen, runden blauen Augen geradezu ängstlich an. Die Überrumpelung ließ ihren Atem stocken … was sie sich im Inneren gewünscht hatte, war plötzlich Wahrheit geworden.
»Darf ich?« fragte Dr. Paterna lässig, ja jungenhaft, und zeigte dabei sein verzauberndes Lächeln.
»Sie … Sie sitzen ja schon, Herr Doktor«, stotterte sie.
»Ich dachte mir: Dieses schöne Wesen ist so allein, das ist ja eine Schande! Ich kann aus Erfahrung verstehen, wie schwer es für eine Alleinreisende ist, den richtigen Anschluß zu finden. Mit Ehepaaren wird es nichts, weil die
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