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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tischzeit, das Ewald Dabrowski versäumte – seine ›Pflegerin‹ Beate saß allein an Tisch C 8 –, erhielt Kapitän Teyendorf per Telefon die Nachricht, er möge doch bitte in den Kinosaal kommen; man habe wahrscheinlich den Mörder von Anne White gefunden.
    Teyendorf trank nach dieser Meldung schnell ein Glas Cognac, stülpte seine Mütze auf und fuhr mit dem Lift zum Hauptdeck hinunter. Vor dem Fernseh-Großbildprojektor saßen bereits Dabrowski, Hoteldirektor Riemke und Dr. Paterna und zogen nervös an ihren Zigaretten, obwohl das Rauchen hier streng verboten war.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« rief Teyendorf auch gleich beim Eintritt. Dr. Paterna hob abwehrend die Hand.
    »Wenn Sie die Bilder sehen, rauchen Sie auch, Herr Kapitän!«
    »Das meine ich nicht. Daß in meiner Crew ein Mörder ist, das macht mich verrückt! Wer ist es denn?«
    Dabrowski zeigte auf den freien Platz neben sich. Vorn leuchtete schon die Mattscheibe. Wieder sah man neugierige, erstaunte, belustigte Gesichter, Lachen und Blinzeln … und dann tauchte ein Kopf auf, dichter schwarzer Bart, lockige schwarze Kopfhaare und von der vergangenen Nacht noch trübe Augen. Der Mann blickte etwas scheu in die Kamera, seine Augenwinkel zuckten, sein Mund war fest zusammengepreßt, in den Augen lag eine Art Lachen. Je länger die Kamera bei ihm verweilte, um so auffälliger wurde das unterdrückte Zucken des Gesichtes.
    Der nächste. Wieder ein fröhliches Gesicht, ganz anders als das von dem Mann mit dem Bart. Dabrowski ließ den Film anhalten, zurücklaufen und in dem Augenblick stoppen, als der bewußte Bartträger wieder in die Kamera sah. Dieses Standbild verriet noch mehr: Eine Verzerrung des Gesichtes, das der Mann offensichtlich nicht mehr beherrschen konnte.
    »Was fällt ihnen auf, Herr Kapitän?« fragte Dabrowski ruhig.
    »Der Mann hat die ganze Nacht in Acapulco gesoffen und gehurt.« Teyendorf starrte das Bild an. »Das haben 'ne Menge meiner Leute getan. Seemänner an Land sind wie Bullen auf einer Kuhweide.«
    »Dieser Mann hat Angst, Herr Kapitän!«
    »Wer ist es?«
    »Er heißt Jim Hendriksen und ist hier an Bord einer der Mechaniker im Maschinenraum, ich habe den Chief schon unterrichtet; er hält ihn für einen seiner besten Leute.«
    »Der Chief soll kommen!«
    Auf einem Schiff ist der Chief immer der Chefingenieur, dem die gesamte Maschinentechnik dieser schwimmenden Stadt untersteht. Ohne ihn geht einfach gar nichts. Was nützt der beste Kapitän oder der beste Navigationsoffizier, wenn die Maschinen nicht laufen? Über 28.000 PS wollen beherrscht und gepflegt sein, das Seitenstrahlruder und die Stabilisatoren, die Generatoren und die gesamte technische Einrichtung. Wenn irgendwo im Bauch des Schiffes die Technik versagt – der Chief ist immer zur Stelle.
    Der Chief der Atlantis hieß Ludwig Wurzer, stammte aus dem Schwarzwald, fuhr seit vierundzwanzig Jahren zur See und feierte im nächsten Jahr sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum als Schiffsingenieur. Der Tag stand schon fest: Die Feier würde auf See, auf der Fahrt von Mogadiscio nach Aden stattfinden. Eine Riesensauferei stand da bevor, denn Ludwig Wurzer war ein lebensfroher Mensch, bei den weiblichen Passagieren immer sehr beliebt, ein wahrhaft blendender und unermüdlicher Tänzer und ein Charmeur. Ihm ging die Sage voraus, so fabelhaft geschmiert seine Maschinen liefen, so gepflegt und doch immer im Einsatz sei er auch im Bett. Mit Teyendorf verstand er sich nicht besonders, der war ihm zu sittenstreng und disziplinwütend – wie er es nannte – und vor allem persönlich zu unnahbar. Mit dem anderen Kapitän der Atlantis, dem jüngeren und forschen Erik Hoher, hatte er einen besseren Kontakt, wenngleich auch Hoher die Tradition fortsetzte: Ein Kapitän auf Fahrt ist unbedingte Autoritätsperson!
    Es dauerte etwa zehn Minuten, bis Chief Ludwig Wurzer in den Filmtheatersaal kam. An der Tür blieb er stehen. Im nur mäßig erhellten Raum und im fahlen Schein des Bildschirmes konnte er Teyendorf und Riemke erkennen, dann auch Dr. Paterna. Den Mann in der Mitte kannte er nicht, aber er ahnte, daß es der Detektiv sein mußte, von dem Riemke ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt hatte.
    »Wer ist das auf dem Bildschirm, Chief?« fragte Teyendorf mit dienstlicher Stimme.
    »Der Mechaniker Jim, Herr Kapitän. Einer meiner besten Männer. Er fährt seit drei Jahren auf der Atlantis … Sie kennen ihn doch, Herr Kapitän.«
    »Natürlich.« Teyendorf

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