Promenadendeck
gestehen …«
»Ich weiß. Sie sind mit einem Freund an Bord, und nun haben Sie eine junge Dame an Ihrer Seite.«
»Sie … Sie wissen, was mit uns los ist?«
»Das kann man kaum übersehen, Herr Grashorn. Ihr Partner gibt sich keine Mühe, seine Neigungen zu verbergen. Sie scheinen seine große Liebe zu sein.«
»So ist es.« Grashorn schluckte ein paarmal. »Ich … ich möchte Sie bitten, mit niemandem darüber zu sprechen, daß Sie mich heute und hier gesehen haben.«
»Aber das ist doch selbstverständlich.«
Man sah, wie Eduard Grashorn tief aufatmete. Er war jetzt dreiundzwanzig Jahre alt, ein arbeitsloser Maurer. Durch Zufall war er vor einiger Zeit in ein Lokal geraten, in dem vor allem Homosexuelle verkehrten. Dort sah ihn Jens van Bonnerveen, ein reicher Architekt, und verliebte sich sofort in ihn. Grashorn war das, was man einen schönen Jüngling nennt: schlank und mittelgroß, grazil wie ein Mädchen und mit großen blauen Augen. Bevor er das Lokal betreten hatte, wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, sich an einen Mann zu hängen. Nicht die geringste Neigung verspürte er dazu. Aber als van Bonnerveen ihn zu Sekt und Kaviar einlud und ihn mit in seine Villa nahm; als er den Reichtum sah und an seine eigene Lage dachte, da überkam ihn so etwas wie Gleichgültigkeit seinem Schicksal gegenüber. Sein Vater hatte sich totgesoffen, als er neun Jahre alt war, seine Mutter verdiente ehrlich ihr Geld als Bügelfrau in einem Waschsalon, und er war Handlanger auf dem Bau geworden und nannte sich später Maurer, weil er sich gesagt hatte: Bauen hat immer Konjunktur, und was braucht ein Mensch zum Leben außer Essen, Trinken, Liebe und einem Dach überm Kopf? Dann kam der Konjunkturknick, die Baufirma machte Pleite, und eine neue Stellung fand er nirgendwo, weil alle Bauunternehmer Stein und Bein klagten.
Nun saß er in der Villa des Architekten, umgeben von Gemälden und Teppichen, Marmor und Glas, trank Champagner und duldete es, daß van Bonnerveen ihn streichelte und sogar küßte und mit zitternden Fingern über seine Hose strich.
Hier ist Geld, hatte er gedacht. Hier sprudelt eine Quelle. Wenn du mitmachst, hast du keine Sorgen mehr. Der Kerl ist verrückt nach dir … spiel mit, Eduard!
Er blieb diese Nacht bei van Bonnerveen. Zweimal ging er ins Badezimmer und kotzte, aber als er seinen ersten Tausendmarkschein in den Händen hielt, wußte er, wie seine Zukunft sein würde. Fast ein Jahr waren sie inzwischen zusammen, und van Bonnerveen war noch immer so verliebt in ihn wie am ersten Tag. Der grazile, biegsame Körper Grashorns machte ihn verrückt. Es gab keinen Wunsch, den van Bonnerveen nicht erfüllte. So auch diese Reise um die halbe Welt. Und nun hatte Eduard Grashorn auf dem Schiff eine junge Dame gesehen, bei der er spürte, daß sie einem Reiseabenteuer nicht abgeneigt war.
»Ich danke Ihnen, Herr Doktor«, sagte er jetzt.
»Was wird, wenn Ihr Partner es merkt?« fragte Dr. Paterna.
»Das weiß ich noch nicht. Es könnte ein Riesentheater geben. Aber ich hoffe, daß er nichts merkt.«
»Wo ist er im Augenblick?«
»Im Fisherman's Club. Ich habe eine Auseinandersetzung provoziert und bin wütend weggelaufen. Um Annemarie zu treffen …«
»Und Sie haben keine Angst, daß er nachkommt und Sie sucht?«
»Nein. Jens kann stur sein wie ein Panzer. – Nochmals: Vielen Dank, Herr Doktor.«
Grashorn ging zur Bank zurück und setzte sich neben die Dame. Sie legte sofort den Kopf an ihn und schien ihm etwas zuzuflüstern. Nachdenklich ging Dr. Paterna an die Reling zurück.
»Ich möchte Sie jetzt küssen«, sagte er plötzlich und direkt zu Barbara Steinberg.
»Oh! Warum denn?« Ihre Augen wurden ganz weit. »Und fragen Sie immer …?«
»Nein. Nie! Aber bei Ihnen ist es anders.«
Er zog sie an sich, legte die Arme um sie und küßte sie. Es war ihm auf einmal gleichgültig, ob man ihn dabei sah. Und er wurde gesehen!
7.
Genau um 14 Uhr legte die Atlantis von der Pier Acapulcos ab und fuhr langsam, begleitet von zwei Feuerschiffen, aus der herrlichen weiten Bucht hinaus und zurück in den Pazifik. Kapitän Teyendorf stand wie immer auf der Brückennock und dirigierte das weiße Riesenschiff sicher durch den Hafen.
Obwohl noch alles ungeklärt war, atmete er tief auf, als Acapulco sich immer weiter entfernte, um schließlich in der gleißenden Sonne zu verschwinden.
Einem längeren Zwischenaufenthalt war man entkommen dank der Feststellung des mexikanischen Amtsarztes, Mrs.
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