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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daraufhin.« Dabrowski ging wieder um Jim herum. Hendriksen zog den massigen Kopf tief in die Schultern. »Ich bin fast geneigt, Ihnen zu glauben, Jim – aber eben nur fast! Weshalb sich Ihre Haare im Bett der Dame fanden, das ist ja nun geklärt. Und was die zweitausend Dollar anbetrifft, so meine ich: Über Moral zu urteilen, ist nicht unsere Aufgabe. Aber da bleibt trotzdem die Frage, wer außer Ihnen als Mörder in Frage kommen soll. Unbestritten dürfte wohl sein: Es ging bei der Tat allein um das Geld. Und wo die Moneten lagen, sahen Sie genau, als Mrs. White Ihre … Ihre Dienste von dem Packen Dollarnoten in der Schublade bezahlte. Die Gier nach dem Geld, das derart offen und verführerisch direkt vor Ihren Augen lag – wenn das kein tolles Mordmotiv ist!«
    »Ich schwöre es: Ich war es nicht! Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter!«
    Jim schlug die Hände vors Gesicht und begann plötzlich zu weinen. Es war ein merkwürdiger Anblick, diesen starken, bulligen Mann schluchzen zu hören und das Beben seines Körpers zu sehen. Chief Wurzer machte ein paar Handzeichen und schüttelte den Kopf. Er war es wirklich nicht, hieß das. »Beim Leben seiner Mutter … das ist sein höchster Schwur. Er hängt an seiner Mutter, als sei sie eine Heilige. Er hat mir viel von ihr erzählt. Sie hat ihn ohne Vater großgezogen. Sein Vater soll ein fahrender Händler gewesen sein, Textilien und so; er zog über Land zu den armen Bauern abseits der großen Stadt, und er hat dem Bauernmädchen Else eine Bluse aufgeschwatzt und sie sich in der Scheune mit einem Stößchen bezahlen lassen. Daraus ist dann Jim geworden.«
    »Es ist gut, Jim. Sie können gehen!« sagte Dabrowski und lehnte sich an die Theke der Kantine. »Sie bleiben uns ja erhalten – es sei denn, Sie springen über Bord.«
    »Runter zu den Haien?« Jim erhob sich vom Stuhl und lächelte schwach. »Ich bin doch nicht verrückt.«
    Teyendorf wartete, bis die Tür sich hinter Hendriksen geschlossen hatte. Er rauchte jetzt schon die dritte Zigarette hintereinander.
    »War er's oder war er's nicht?« fragte er in die Stille hinein. »Ich sage: Nein! Er war's nicht!«
    »Wer denn?« Dabrowski angelte sich eine Ginflasche aus dem Regal und goß sich ein Wasserglas halb voll.
    »Die Sache mit den Haaren ist also geklärt.« Dr. Paterna nahm Dabrowski das Glas ab und trank auch einen langen Schluck. »Ein Mordbeweis läßt sich daraus nicht herleiten. Während Anne White und Jim nebeneinander schliefen, könnte ein Dritter in die Suite gekommen sein und Anne lautlos getötet haben. Wenn man nun bedenkt, daß sich über neunhundert Menschen an Bord befinden, Herr Dabrowski, wie wollen Sie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen entdecken?«
    »Durch Glück. Ich vertraue auf mein Glück.«
    »Das ist nicht viel.« Chief Wurzer sagte damit, was alle dachten, und fuhr fort: »Jim ist sauber wie ein neues Hemd. Ich möchte fast dafür bürgen! Zum Teufel – wer hat dann aber Mrs. White umgebracht? Was für ein Gefühl: Wir haben einen unbekannten Mörder an Bord!«
    Bis zum Abend hatten die Eingeweihten wirklich das Gefühl, ohnmächtig einem kaltblütigen Täter ausgeliefert zu sein. Erst kurz vor dem Abendessen der 1. Tischzeit meldete sich der Kabinensteward Piet bei Pfannenstiel, der inzwischen informiert worden war. Der Obersteward brüllte, nachdem er ihn angehört hatte, er sei das größte Arschloch, das herumlaufe, und schleppte ihn dann zu Dabrowski.
    Dabrowski, nun wieder konsequent den Blinden spielend, saß auf dem Sofa am Fenster und starrte Piet mit seiner dunklen Brille an. »Wer ist da?« fragte er erschrocken, als habe er jemanden gehört, ohne ihn sehen zu können.
    Pfannenstiel winkte ab: »Sie können die Maske fallenlassen. Das hier ist Piet, Kabinensteward auf dem Sonnendeck. Er hat etwas beobachtet, das ungeheuer wichtig ist. Der Kapitän und Riemke sind schon unterwegs zu Ihnen.«
    Wie auf ein Stichwort im Theater klopfte es, und Teyendorf kam in die Kabine. Ihm folgte der Hoteldirektor, rot im Gesicht vor Aufregung.
    »Piet!« rief er sofort. »Was haben Sie gesehen?«
    Daß Riemke zu ihm Sie sagte und ihn nicht duzte, wie sonst üblich, ließ Piet den Ernst der Lage erkennen. Er starrte abwechselnd den Kapitän und den Hoteldirektor an und erzählte dann stockend.
    »Das war so: Der Jim, er ist mein Freund, kommt völlig am Boden zerstört in mein Etagen-Office und wirft sich auf den Stuhl. ›So 'ne Scheiße!‹ sagt er. ›Man will mir einen

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