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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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verlieren hat. Fliegt er auf und wandert ins Gefängnis, dann wandert er eben ins Gefängnis. Im Gegenteil, er hat noch was davon, er kommt in die Presse und ist wer.«
    Bulkowski hatte eine Kugel aufgehoben und ließ sie trotz ihres Gewichtes von sieben ein viertel Kilo wie einen Tennisball von der linken in die rechte Hand und zurück von der rechten in die linke Hand gleiten. »Er wird also nur Ruhe geben, wenn er …« Bulkowski warf die Kugel auf einen herumliegenden Ziegelstein und zertrümmerte ihn.
    »Er wird sich abgesichert haben, und wenn ihm was passiert, läuft seine Freundin zur Polizei.«
    »Aber Angst einjagen wird man ihm doch können«, sagte Bulkowski.
    Narsdorf lächelte. »Genau deswegen bin ich ja hier. Sie spielen den Killer und dürfen ihm auch mal kräftig auf die Füße treten.«
    Bulkowski grinste. »Liebend gern.«
    »Wir müssen ihn einschüchtern und auf kleiner Flamme weichkochen, sodass er irgendwann von selbst aufhört. Anders geht es nicht.«

8
     
    Es war eine Endlosschleife. Leon Völlenklee spielte die Szene mit Narsdorf in Gedanken immer wieder durch:
    Er steht am Weltkugelbrunnen und sieht Hagen Narsdorf drüben auf der Budapester Straße. Die rote Ampel hält ihn für Sekunden auf. Dann entdeckt er ihn und kommt auf ihn zu. Es ist wie in einem Western. Wird Narsdorf die Contenance verlieren und auf ihn feuern? Oder einstechen? Oder ihn einfach nur würgen? Er bleibt etwa einen Meter vor Narsdorf stehen, damit er sich bei einer Attacke rechtzeitig zur Seite werfen kann. Todfeinde sind sie, waren es schon immer. Das Absurde daran ist, und das irritiert ihn gewaltig, dass ringsum keiner merkt, dass hier ein Showdown der ganz besonderen Art stattfindet. Liebespaare schlendern vorbei, Leute, die selig in Plastiktüten ihre Shopping-Beute nach Hause tragen. Sie agieren beide wie Marionetten. Die Strippen zieht einer oben im Himmel.
    »Hallo«, sagt er und fühlt sich dabei so elend, dass er glaubt, jeden Augenblick zu kollabieren. Sein Aussehen scheint Narsdorf zu überraschen.
    »Hallo«, kommt das Echo von Narsdorf. »Du bist es also wirklich.«
    Das verunsichert ihn. Hatte Narsdorf geglaubt, er sei zu einer solchen Schurkerei wie dieser Erpressung nicht fähig? War sie ihm tatsächlich wesensfremd? Narsdorf war schließlich der Fachmann für solche Sachen. Er riss sich zusammen, und seine nächsten Sätze kamen ganz mechanisch.
    »Ich habe alle Trümpfe in der Hand«, hört er sich sagen. »Jede Karte ein Ass. Wobei meine Karten das sind, was ich mir bei dir runtergeladen und ausgedruckt habe. Hier das, was Jöllenbeck zu Protokoll gegeben hat.«
    Er hält Narsdorf das Blatt hin. Der nimmt es und bedankt sich so formvollendet, als hätte er ihm eine Fahrkarte für einen gemeinsamen Ausflug in den Spreewald besorgt.
    An dieser Stelle hielt Völlenklee den Film jedes Mal an und wiederholte die letzte Sequenz, weil er im Nachhinein nicht begreifen konnte, wie sie das beide durchgestanden hatten, ohne durchzuknallen und nicht so aufeinander einzuschlagen wie damals auf dem Schulhof. Das war eine ungeheure Zivilisationsleistung, wie ihm schien. Weiter!
    »Und wo ist das Geld?«, fragt er.
    »Hier.« Narsdorf greift in die Innentasche seines
    Jacketts.
    Er fährt unwillkürlich zurück, denn es könnte ja eine kleine Pistole versteckt sein. Nein, der andere fördert wirklich einen prall gefüllten Umschlag zutage.
    »Danke.« Er lässt den Umschlag in seiner dunkelblauen Sommerjacke verschwinden. Auf das Nachzählen glaubt er verzichten zu können.
    »Und, wie soll es weitergehen?«, hört er Narsdorf fragen.
    Er antwortet ganz cool und spricht Sätze wie aus einem Drehbuch. »Lange. Ich werde deine Kreise nicht stören, lieber Hagen, denn niemand schlachtet das Huhn, das ihm goldene Eier legt. Keine Angst also.«
    Damit lässt er Narsdorf stehen und wendet sich mit schnellen Schritten zur U-Bahnhof Wittenbergplatz.
    Neustart: Er steht am Weltkugelbrunnen und sieht Hagen Narsdorf drüben auf der Budapester Straße …
     
    *
     
    »Willst du nicht endlich aufstehen?« Corinna riss ihm die Bettdecke weg.
    Völlenklee fuhr wütend hoch. »Ich gehe heute nicht arbeiten.«
    »Natürlich gehst du in die Firma. Wir müssen zunächst so weiterleben wie immer, sonst fliegen wir auf.«
    »Quatsch!«, rief Völlenklee.
    Corinna überging seinen Ausbruch. »Außerdem müssen wir abwarten, wie viel Geld wir zusammenkriegen, und ob Narsdorf wirklich jeden Monat was zahlt.«
    Völlenklee gähnte.

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