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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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eingetreten war, voller Bewunderung und auch ein wenig Neid. »Wie sagt Theodor Fontane so schön: ›Wie viel kann das Leben geben, aber wie wenigen nur.‹ Und davon sind Sie einer.«
    »Danke für die Blumen!« Mägdesprung verbeugte sich wie ein Schauspieler. »Was alles zu machen ist, habe ich auf einen Zettel geschrieben.«
    Er musste zu einer Operation in die Belegklinik. Sowie er dort ankam, hatte sein Team bereits alles vorbereitet. Dieselbe Prozedur wie immer. Nein. Als er in den Kittel schlüpfte, merkte er, dass seine Hände zitterten. Das war das Schlimmste, was einem Chirurgen passieren konnte.
    »Sekunde, ich muss noch einmal schnell auf die Toilette, irgendwer muss mir ein harntreibendes Mittel in den Tee geschüttet haben.«
    Auf dem Gang hallte es in seinem Kopf: Heute wird es geschehen! Und du musst es zulassen, wenn du jemals frei sein willst.
     

10
     
    Mannhardt saß auf einer der raren Bänke in den Arkaden am Bahnhof Gesundbrunnen und suchte verzweifelt, die Welt zu verstehen. Da hopste eine junge Frau, die man nicht gerade schön nennen konnte, ungelenk auf einer kleinen Bühne herum und sang mit piepsiger Stimme in schlechtem Englisch einen grottenschlechten Song – und an die hundert Kids tobten vor Begeisterung.
    »Was findest du an Millie Malorny denn so toll?«, fragte Mannhardt eine vielleicht Elfjährige.
    »Die ist geil!«
    Für ihre Generation war alles geil. Hätte Mannhardt als Kind das Wort in den Mund genommen, hätte er eine gescheuert bekommen und wäre für den Rest des Tages in den Keller gesperrt worden, denn geil stand bei seinen Eltern für die höchste Stufe sexueller Erregung und war in hohem Maße tabuisiert. Was war denn nun so geil, also großartig, an Millie Malorny? Mannhardt versuchte, sich in die Kids hineinzuversetzen. Das höchste Ziel für sie war, ins Fernsehen zu kommen und berühmt zu werden. Früher wollten die Menschen alle in den Himmel, heute wollten sie ins Fernsehen, das wusste er. Und Millie Malorny war öfter im Fernsehen, in den Musikkanälen sogar täglich. Dabei war sie nur Mittelmaß, genau wie ihre Fans, und aufgrund dessen konnten sie sich alle so gut mit ihr identifizieren. Da es Millie Malorny bei den Castings geschafft hatte, hatten auch sie eine reelle Chance.
    Schön, doch was mochte Millie Malorny zu Dr. Narsdorf getrieben haben, was hatte sie an Enthüllungen zu befürchten? Dass sie strohdumm war und nicht singen konnte, war offensichtlich. Vielleicht aber war sie so krankhaft schüchtern wie Yves Saint Laurent es gewesen war, und von ihrem Manager nur auf die Bühne zu bringen, wenn er ihr einen Revolver an die Schläfe setzte. Allerdings reichte das nicht, jemanden zu erpressen, das machte ihn eher sympathischer. Das, was sie zum Psychiater getrieben hatte, musste demnach etwas sein, was die Leute schockieren und darin hindern würde, ihre CDs zu kaufen. Was konnte das sein? Dass sie Drogen konsumiert hatte und immer noch süchtig war? Das erschütterte heute auch keinen mehr. Er erinnerte sich, was Orlando gestern gesagt hatte: »Weil Millie Malorny aus Brandenburg kommt, ist anzunehmen, dass sie ihre sieben Babys nach der Geburt getötet und in die Kühltruhe gepackt hat.«
    Mannhardt blickte auf die Uhr. Sein Enkel hatte schon vor zehn Minuten hier sein wollen. Nach über 40 Jahren bei der Kripo litt er so stark unter der déformation professionnelle, dass er sofort an alles Schreckliche dachte, was Orlando widerfahren sein könnte. Er hatte sich in Völlenklees Umfeld umhören wollen, und vielleicht … Mannhardt griff zu der Bravo, die jemand auf seiner Bank vergessen hatte. ›Die besten Style-Tipps für Dich!‹ verhieß eine Überschrift. Das brachte ihn dahin, die Zeitschrift in die Hand zu nehmen und aufzuschlagen. ›Amy Whinehouse – Schon wieder dicht! Von wegen nur gute Freunde! Rihanna und Chris Brown belügen alle. Sie verbringen jede freie Minute miteinander. Jina, 14: »Er will, dass ich ihn mit dem Mund befriedige!« Florian: »Sie nannten mich Pickelmonster!« Jetzt kämpft Vanessa gegen Ashley: Wer ist der größere Star? Lampenfieber! Der erste Casting-Auftritt deiner Stars.‹ Mannhardt staunte, was Menschen alles anstellten, um ihrem Leben einen Sinn zu geben. Irgendetwas brauchte jeder, um sich daran festzuhalten.
    Da tauchte Orlando auf, begrüßte ihn Wange an Wange, halb als Großvater, halb als Kumpel, und sagte, dass er etwas herausbekommen habe.
    Mannhardt lachte. »Ja, 50 Cent als du dir für 1,50

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