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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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nachdenken zu können. »Wenn ich mich recht erinnere, hat ein Herr Jöllenbeck einmal bei uns angerufen, er wollte meinen Sohn sprechen.«
    »Oh.« Mannhardt vermied es, ihr mit dem Allgemeinplatz zu kommen, dass alles mit allem zusammenhängen würde. »Aber vielleicht …«
    »Warten Sie, ich muss noch ein Foto von ihm haben …« Sabrina Immelborn begann, in ihrer Handtasche zu suchen. »Ah, ja, hier.« Sie reichte es Mannhardt. »Das ist er: Richard. In der Szene haben sie ihn Ritchie genannt.«
    »Ein hübscher Junge.« Nach dem, was er so erfahren hatte, musste Ritchie für Jöllenbeck interessant gewesen sein. Mannhardt steckte das Foto in die Brusttasche seines Oberhemdes. »Wir werden sehen, ob es da einen Zusammenhang geben könnte.«
    »Somit wäre Ihr Besuch bei mir wenigstens nicht umsonst gewesen«, sagte Mägdesprung und wandte sich zur Tür.

11
     
    Nach außen hin funktionierte Sören Fröttstädt wie immer. Auch das, was viele seiner Passagiere verwundert aus dem Kabinenfenster schauen ließ und bei denen, die unter Flugangst litten, fast eine Panikattacke auslöste, war reine Routine: der Start von Korfu aufs offene Meer hinaus, also in die falsche Richtung, wollte man nach Deutschland. Da jedoch die Albaner darauf bestanden, dass ihre öden Berge nur in großer Höhe überflogen werden durften, mussten sie erst eine große Schleife fliegen, um sich nach oben zu schrauben.
    Als sie endlich Kurs auf Berlin-Tegel nehmen konnten, war es Zeit, die Passagiere zu informieren, Fröttstädt schaffte es heute nicht, sein Verslein herunterzubeten und überließ seinem Kopiloten das Mikrofon.
    »Was ist denn los mit dir?«
    »Hör auf, nichts ist los mit mir. Alles roger.« Doch nichts war mit ihm in Ordnung, und der
    Seelenklempner, zu dem er gegangen war, hatte ihm auch nicht helfen können, so oft er in dessen Sessel gesessen und mit ihm geredet hatte, frei assoziiert, wie das bei denen hieß …
     
    »Sie sprechen da von Demütigungen und Deprivationen, Herr Fröttstädt, ich hätte gern noch ein paar Details zu Ihrer Kindheit gewusst.«
    Fröttstädt schloss die Augen. »Ich bin in Lichterfelde aufgewachsen.«
    Der Therapeut sah ihn fragend an. »Das ist allerdings eine eher feudale Wohngegend …?«
    »Ja, schon, aber mein Vater war Hausmeister und hatte in seiner Schule eine Dienstwohnung. Meine Mutter war Näherin. Sie haben fürchterlich berlinert. Ich habe mich immer geschämt, wenn Klassenkameraden bei uns zu Hause waren und die beiden den Mund aufgemacht haben. Mein Vater kam aus Prenzlauer Berg und ist noch kurz vor der Mauer in den Westen rüber, und meine Mutter ist im Wedding groß geworden, Kösliner Straße.«
    Der Therapeut wollte es auf den Punkt bringen. »Sie haben unter Ihrer – wie sagte man früher – proletarischen Herkunft immer etwas gelitten?«
    »Ja, so lieb und nett meine Eltern auch waren, die anderen in der Klasse hatten Ärzte, Bankdirektoren oder Professoren als Väter, und die Mütter waren zumindest Grundschullehrerin.«
    »Und Sie wollten von Anfang an hoch hinauf?«
    Fröttstädt lachte. »Klar, darum bin ich ja auch Pilot geworden. Hohes Einkommen, hohes Prestige. Nein, aber … Otto Lilienthals künstlicher Fliegerberg lag ja bei uns gleich um die Ecke, und da haben wir uns als Kinder oft aus Papier und Pappe Flügel gebastelt und die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten gespielt. Später waren es dann Modellflugzeuge mit und ohne Motor. Da ist dann eins zum anderen gekommen. Fliegen war eben ›passion and obsession‹. Nach dem Abitur bin ich erst zur Bundeswehr gegangen und habe da das Fliegen gelernt, danach zur Lufthansa. Zwei Jahre hat die Ausbildung gedauert, teils in den USA, teils in Deutschland. Die Ausbildungskosten waren immens, und ich habe viele Jahre lang meinen Kredit abzahlen müssen. Dann war ich über zehn Jahre Kopilot, und als ich es zum Kapitän gebracht hatte, bin ich zu einer anderen Gesellschaft gegangen.«
    Der Therapeut hatte eifrig mitgeschrieben. Jetzt sah er wieder auf. »Inzwischen sitzen Sie nicht mehr ganz so gern im Cockpit …?«
    Fröttstädt wich ihm aus. »Es ist wie mit dem Sex, wenn man jahrelang verheiratet ist.«
    Der Therapeut nickte. »Ja, natürlich. Wo wir gerade bei Ihrer Ehe sind: Ihre Frau hat sich von Ihnen getrennt?«
    Fröttstädt lachte bitter. »Ja, weil ich so selten zu Hause war. Klar, wenn man einen Piloten heiratet.« Er starrte gegen die Decke. »Schön, da war auch ab und an mal die eine oder

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