Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
ganz dringend wissen, weil er befürchtete, dass Dr. Narsdorf über diese Angelegenheit schweigen würde, so wie es das Gesetz vorschrieb, ärztliche Schweigepflicht.
    Bei Corinna Natschinski war das etwas anderes, und sie tat ihm den Gefallen, die Gründe aufzuzählen, warum sie alle, von Bulkowski bis zu Millie Malorny, bei Dr. Narsdorf in Behandlung gewesen waren.
    Schneeganß fand das alles sehr eindrucksvoll und schrieb es in Stichworten nieder. Auf die Gerichtsverhandlung freute er sich heute schon. Wann wurden die Zuhörer ausgeschlossen? Wann schickten die Richter und die Datenschützer ihn und Grätz zur Gehirnwäsche, damit sie vergaßen, was sie nicht wissen durften?
    »Gut«, sagte Schneeganß, als Corinna Natschinski am Ende war. »Und was ist mit Bernhard Jöllenbeck, dem Rechtsanwalt, den haben Sie nicht erpresst?«
    Corinna Natschinski wollte den Kopf schütteln, zuckte jedoch bei der ersten kleinen Bewegung zusammen, weil das offenbar mit starken Schmerzen verbunden war. »Nein, den nicht, den hatten wir zwar auf der Liste, weil er auf Jungs scharf war, der war aber dann schon tot, bevor wir Kontakt zu ihm aufnehmen konnten.«
    »Hm …«, murmelte Schneeganß, der nicht so ganz überzeugt von dieser Ausage war.
    »Und sie haben alle gezahlt?«, fragte Grätz.
    »Die beiden Ärzte ja, Fröttstädt und Bulkowski nicht. Bulkowski hat uns einzuschüchtern versucht, und Fröttstädt hat es darauf ankommen lassen. Millie Malorny hat wirklich Anzeige erstattet, wenn ich die Zeitung richtig gelesen habe.«
    Grätz nickte. »Ja, hat sie. Von ihr wissen wir auch Ihren Namen.«
    Schneeganß schrieb sich auf, was ihm wichtig erschien. »Ja, Frau Natschinski, das war dann sozusagen der Tragödie erster Teil, in groben Zügen jedenfalls, und nun zum zweiten Teil, zum Tod Ihres Lebensgefährten.«
    Corinna Natschinski begann zu schluchzen. »Das ist alles so schrecklich! Das hat er nicht verdient, er hat doch keinen umgebracht!«
    »Sollen wir Sie einen Augenblick allein lassen?«, fragte Schneeganß.
    »Ja, bitte.«
    »Gut, ich rufe die Schwester, und wir gehen für eine halbe Stunde in die Cafeteria.«
    Dort fanden sie einen freien Tisch in der hinteren Ecke, und Grätz holte für jeden eine Flasche Mineralwasser. Kaffee konnten sie nicht mehr sehen.
    »Das ist ja der Albtraum eines jeden Datenschützers«, sagte Schneeganß.
    »Dass wir Selterswasser trinken?«, fragte Grätz.
    »Nein, dass das passiert, was die beiden da gemacht haben. Menschen in bestimmten Berufsgruppen müssen eben hundertprozentig funktionieren, und wenn herauskommt, dass sie etwas haben, was im DSM steht, sind sie verloren.«
    »DSM?« Grätz hatte nie davon gehört und suchte zu erraten, was sich dahinter versteckte. »Das Deutsche Säufer Monatsheft?«
    »DSM gleich Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, also das Handbuch psychischer Störungen.«
    »Ah, danke.« Grätz hob sein Glas und trank. Schneeganß sah aus dem Fenster. »Der mit der größten psychischen Störung dürfte den Bauwagen angesteckt und Völlenklee umgebracht haben.«
    Grätz begann zu philosophieren. »Man müsste das ebenso einfach messen können wie den Alkoholgehalt im Blut. Du pustest in ein Röhrchen, und ich kann dir sofort sagen, wie viel Promille Macke du im Gehirn hast.«
    Als sie wieder am Krankenbett von Corinna Natschinski standen, hatte sie sich bereits etwas erholt und wohl auch ein Beruhigungsmittel gespritzt bekommen. Sie wollte auf alle Fälle weiter aussagen.
    »Es geht ja schließlich darum, dass der gefasst wird, der Leon aufm Gewissen hat.«
    Schneeganß hielt seinen Notizblock bereit. »Erzählen Sie bitte einmal, Frau Natschinski, wie das gestern Abend alles abgelaufen ist.«
    »Ja …« Sie atmete tief durch. »Mal sehen, ob ich noch alles rekonstruieren kann … Der Schock … Ich war bei einer Vernissage in der Leibnizstraße. Bloß weg vom Fußball und weg von unserer Sache, der Erpressung also. Aber wen treffe ich bei der Vernissage: den Dr. Narsdorf. Deshalb bin ich schnell wieder los und mit dem Fahrrad nach Hause gefahren. Die Straßen waren leer. In der Dieffenbachstraße bin ich auf einmal nicht in unsere Wohnung gekommen, weil das Schlüsselloch verstopft war. Irgendein Kleber. Ich wusste nicht, wo Leon war, und die Tür ging auch nicht auf. Also habe ich mit dem Handy den Schlüsselnotdienst angerufen. Als der gekommen ist, war auch ein zweiter Schlosser da, und der hat mir erzählt, dass Leon ihn bestellt habe. Ein

Weitere Kostenlose Bücher