Promises - Nur mit dir (German Edition)
und versuchen immer nur, das zu sein, was von ihnen erwartet wird. Das macht einen fertig.«
Irgendwie hatte ich die starke Vermutung, dass er nicht nur über den Film sprach.
»Ich glaube, ich beneide dich«, fuhr er fort. »Du wirst nie müde, oder? Dir ist es egal, was sie von dir erwarten.«
»Über wessen Erwartungen machst du dir Gedanken, Matt?«
»Niemandes. Jedermanns. Verdammt, ich weiß nicht mal, wovon ich rede. Ich bin so müde.« Seine Augen waren wieder geschlossen. »Hör nicht auf mich.«
Ich war mir ziemlich sicher, dass er eingeschlafen war. Ich saß da, hatte die Füße auf den Wohnzimmertisch gelegt und starrte auf den Film, ohne ihn zu sehen, während ich mich fragte, was diese Stimmung ausgelöst hatte. Dann spürte ich am Hinterkopf ein leichtes Ziehen. Dann noch eins. Ich begriff, dass es seine Hand war. Er befühlte mein Haar und zog sanft an den Locken.
»Ist heute irgendwas vorgefallen, Matt?« Er beobachtete seine eigenen Finger, während er mit meinem Haar spielte, aber ich glaube nicht, dass er sie wirklich sah. Möglicherweise war ihm gar nicht bewusst, dass er es tat. Es fühlte sich gut an, und ich blieb vollkommen still. Ich hatte Angst, dass er aufhören würde, wenn ich mich auch nur einen Zentimeter bewegte. »Hast du ein Problem auf der Arbeit?«
Das Ziehen an meinem Haar hörte auf. Sein Kiefer spannte sich an, und ich wusste, dass ich auf der richtigen Spur war.
»Nein.«
»Ich weiß, dass du lügst.«
Einen Moment lang kam keine Antwort, aber dann ging das sanfte Ziehen an meinem Haar wieder los.
»Sie veranstalten ein Picknick. Du weißt schon, eine interne Sache für alle Mitglieder des Departments, und alle bringen ihre Familien mit.«
Er brach ab, aber ich wusste, dass da noch mehr war. »Und du hast keine Familie?«
»Das ist nicht das Problem.« Er seufzte und holte tief Luft, als wollte er es mir sagen. Dann stockte er und schüttelte den Kopf. »Vergiss es.« Er hörte auf, mit meinem Haar zu spielen, und sah wieder zum Fernseher, als wäre das Thema beendet.
»Was
ist
dann das Problem?«
Er brauchte eine Weile, bis er sich zu einer Antwort durchrang, aber schließlich sagte er mit leiser Stimme: »Sie haben mich gefragt, ob ich einen Gast mitbringen würde. Und ich habe dich genannt.«
Ich war schockiert. »Das hättest du nicht tun sollen.«
»Ach was.«
»Was haben sie gesagt?«
»Sie haben mir gesagt, dass ›männliche Geliebte‹ nicht erlaubt sind.« Er seufzte wieder. »Ich weiß, dass du mich gewarnt hast. Ich weiß, dass ich es hätte kommen sehen sollen. Aber wir sind doch Freunde, oder?« Er wartete nicht auf meine Antwort. »Ich darf keinen Freund haben? Und was, wenn es wirklich mehr
wäre?«
Ich verschluckte mich fast an meinem Bier, als er das sagte, aber er schien es nicht zu merken. »Das geht sie doch gar nichts an. Sie erwarten von mir, dass ich allein bei ihrem beschissenen Picknick rumsitze und ihnen und ihren beschissenen glücklichen kleinen Familien zusehe, und dabei soll ich dann auch noch so tun, als würde der einzige Mensch in dieser Stadt, der mir etwas bedeutet, überhaupt nicht existieren?«
»Äh …« Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf erwidern sollte. Ich konnte nicht glauben, was er gerade gesagt hatte, und war mir ziemlich sicher, dass er es an einem normalen Tag nicht getan hätte. Aber es spielte keine Rolle. Er redete immer noch, und das Ziehen an meinem Hinterkopf hatte wieder eingesetzt.
»Und
dann
haben meine Eltern angerufen. So viel zum Thema perfektes Timing. Meine Mom regt sich furchtbar darüber auf, dass ihre Schwester eine Million Enkelkinder hat und sie keins. Mein Dad war betrunken, was nichts Neues ist, und er hat über Pflicht geredet. Ich weiß nicht, ob er meint, ich müsse mehr sein als nur ein Polizist, oder ob er meint, dass ich heiraten und sesshaft werden soll. Vermutlich beides. Und ich kann nur daran denken, wie gerne ich einen Bruder oder eine Schwester hätte, damit sie einen Teil ihrer Erwartungen auf jemand anders als mich projizieren könnten.« Das sanfte Ziehen an meinem Hinterkopf dauerte an. »Alle wollen etwas, und alle erwarten etwas. Keiner fragt, wie es mir geht oder ob ich glücklich bin. Keiner fragt, was ich will.«
»Und was willst du?«
Seine Hand und sein Kopf fielen nach hinten auf die Sofalehne. Sein Blick war auf die Decke gerichtet. »Ich wünschte, ich wüsste es.«
Ich war mir nicht sicher, was ich darauf sagen sollte. Ich wandte mich wieder dem
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