Prophetengift: Roman
einer fetten Alten namens Lilly Strapman, Besitzerin der Bootsvermietung, bei der Amber den Motorkreuzer gemietet hatte. »Wenn man so lange im Geschäft ist wie ich«, hatte sie der Nachrichtenkamera mitgeteilt, »entwickelt man einen sechsten Sinn für die Kunden – und diese Leute, die meine Carver gemietet haben, waren irgendwie komisch, das hab ich gleich gemerkt.« Dann erklärte sie, sie habe nach dem Fernglas gegriffen, als das große Kajütboot den Hafen verließ, und den gesamten Vorfall verfolgt, von dem Kreismanöver bis zum Rammen mit Vollgas. Sie konnte auch bestätigen,
dass beide Personen, die das Boot gemietet hatten, zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes an Bord gewesen waren, auch der Mann. Der Reporter beendete den Bericht mit der Information für die Zuschauer, dass der Körper des Mannes noch nicht gefunden worden sei, eine Suchaktion sei eingeleitet.
Aufgrund all dessen ging die Staatsanwaltschaft von San Francisco von versuchtem Mord aus, und Ambers Verletzungen – Gehirnerschütterung, Rauchvergiftung und Verbrennungen dritten Grades – wurden auf der Gefängnisstation des Krankenhauses behandelt.
Könnte Amber mich belasten? Wenn ich Glück habe, kommt sie nicht durch.
Nämliche Ziege.
Olivier begann Ideen zu entwickeln, was er am liebsten mit Amber anstellen würde.
Und was er wegen Sebastian Black unternehmen wollte.
Sebastian wurde in sein Krankenzimmer geschoben, mit Tess und Chuck im Schlepptau.
Als sie das Grüppchen erblickte, stand Reed von ihrem Stuhl auf und half der Schwester, Sebastian wieder ins Bett zu verfrachten. »Bist du okay?«, fragte sie ihn. »Wie fühlst du dich?«
»Besser, jetzt, wo du hier bist.« Sebastian lächelte Reed an, als sie ihn ins Bett legten und dabei besonders auf seinen bandagierten Fuß achtgaben. »Du musst ganz erschöpft von der Fahrt sein. Hast du zumindest ein bisschen Schlaf bekommen?«
»Ich konnte nicht schlafen. Und ich konnte es kaum fassen, als ich hörte, was passiert ist«, sagte Reed mit weit aufgerissenen Augen. »Glaubst du, es waren diese Fanatiker, die auch auf Cobys Party waren?«
»Das weiß ich noch nicht«, log Sebastian. »Ich habe noch
nicht mal mit der Polizei gesprochen.« Ihre Blicke trafen sich und sie schauten einander lange an. »Du hättest wirklich nicht extra herkommen müssen.«
»Wie hätte ich wegbleiben können?«
Sie tauschten ein Lächeln aus, während die Schwester Sebastians Bett zurechtschob und ihn wieder an die Monitore anschloss. Tess und Chuck standen nervös daneben.
Endlich beendete die Schwester ihre Arbeit und verschwand.
»Reed«, sagte Sebastian, »das ist mein Vater Chuck, und das ist Tess, eine Freundin. Sie führt dieses coole kleine Hotel in Big Sur, von dem ich dir erzählt habe.«
»Reed und ich kennen uns schon«, sagte Tess. »Wir haben uns heute Morgen alle ganz gut kennengelernt, während wir auf Nachricht von dir und Mateo warteten.« Sie wandte sich an Chuck. »Ich wette, die jungen Leute würden gern ein bisschen miteinander allein sein, und vor der Rückfahrt nach Big Sur könnte ich gut einen Kaffee gebrauchen. Ich werde auf keinen Fall Ramon fahren lassen, nach allem, was er heute durchgemacht hat.«
Chuck grunzte zustimmend und die beiden verließen das Zimmer.
»Du verpasst ja deine Vorlesungen«, sagte Sebastian.
»Das macht nichts. Hast du Mateo gesehen? Tess hat mir davon erzählt. Wird er wieder gesund?«
»Er ist gestorben, Reed. Und wenn ich anfange, darüber zu reden, heule ich mir die Augen aus.«
»Oh nein«, sagte sie kopfschüttelnd. »Der arme Junge, und sein armer Vater. Nach allem, was Tess sagte, wird es ihm schwerfallen, ohne seinen Sohn zurechtzukommen. Erzählst du mir später, was passiert ist?«
Sebastian nickte. Er hatte einen Kloß im Hals und konnte nicht sprechen.
Reed sah die Tränen in seinen Augen und rückte etwas näher. »Ich bin sicher, du hast für beide getan, was du konntest.« Sanft legte sie ihm die Hand auf die Schulter. »Also ... weißt du schon, wann du wieder rauskommst?«
»Bisher habe ich noch mit keinem Arzt gesprochen, aber wahrscheinlich bekomme ich bald Bescheid.«
Das rhythmische Klacken hoher Absätze auf Linoleum drang an ihr Ohr und sie schauten zur Tür.
»Bescheid über was?«, fragte eine leise, präzise Stimme.
Kitty stand in der Tür, zwei Personenschützer hinter sich. Als sie eintrat, fiel ihr Blick auf den bandagierten Fuß ihres Sohnes und die Monitore, an die er angeschlossen war. »Mein Gott,
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