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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
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weglaufen. Vielleicht werde ich sie ja einfach nur im Publikum wahrnehmen, wie damals bei Cobys Party, als sie ja auch etwas hätten versuchen können und es nicht getan haben. Außerdem werden die Sicherheitsleute jeden durchsuchen und mit Metalldetektoren durchleuchten, und ohne ein Gewehr – oder eine Bombe – können sie wohl kaum großen Schaden anrichten.«
    »Aber was ist, wenn sie ein Boot auf die Bühne krachen lassen?«, witzelte Reed.
    Sebastian grinste zu ihr auf. »Du bringst mich immer zum Lachen.«
    »Gibt es sonst noch etwas, das ich tun könnte?«
    »Bleib einfach bei mir, bis es losgeht. Und du wirst in der ersten Reihe sitzen, oder? Ich möchte hinunterschauen und dein schönes Gesicht sehen – und diesen Riesenklunker an deinem Finger.« Er lachte.
    »Ich werde dort sein.« Reed nahm seine Hände in die ihren.
»Ich hoffe nur, du wirst nicht geblendet, wenn das Scheinwerferlicht auf meinen unbezahlbaren Diamanten fällt.«
    Sebastian grinste sie an, legte den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Ihre Münder öffneten sich füreinander und Reed spürte diese erstaunliche, schwindelerregende Wärme in ihrem Bauch erblühen.
    »Wie geht es deinem Magen jetzt?«, flüsterte sie.
    »Besser, Schatz«, log Sebastian. »Ich fühle mich jetzt wirklich gut. Und du?«
    Sie senkte sinnlich die Augenlider und sprach ein stilles Gebet. Dann öffnete sie die Augen und schaute Sebastian an. »Es ist mir nie besser gegangen.«

    Sebastian, der unten im Keller der Bühne stand, konnte den gedämpften Sprechgesang hören.
    » S’bas-chun! S’bas-chun! «
    Er wusste nun, dass es kein Zurück gab.
    Das Klatschen und Skandieren wurde zu einem gedämpften Dröhnen, und er spürte, wie der Bühnenboden über seinem Kopf vibrierte.
    » Se’bas-chun! Se’bas-chun! Se’bas-chun! Se’bas-chun! «
    Sebastian kannte den Ablauf in- und auswendig; das war der Moment, in dem die Bühnentechniker den Lichteffekt brachten, der Leben und Tod symbolisieren sollte: Ein Strahl weißen Lichts breitete sich langsam über die Bühne aus und verschwand dann ebenso allmählich, wie er aufgetaucht war. Die Menge verstummte regelmäßig an dieser Stelle, und in der Stille konnte er sein eigenes Herz im Brustkorb hämmern hören, und er wusste, sobald er das Signal gab, würde der Techniker neben ihm einen Schalter umlegen, die Falltüren über seinem Kopf würden sich öffnen und er würde durch den Boden aufsteigen.
    »Alter«, sagte der Mann. »Alles okay? Du siehst irgendwie nicht so gut aus.«
    Sebastian überprüfte die Riemen und Gurte, die seine Beine an der Drehscheibe verankerten, und lächelte ihn breit an. »Alles bestens.«
    Aber das stimmte nicht. Die Übelkeit und die Kopfschmerzen hatten sich den ganzen Tag über stetig verschlimmert, und er war sich sicher, dass da oben irgendetwas auf ihn wartete.
    »Sag einfach Bescheid«, meinte der Mann.
    Sebastian senkte den Kopf und zählte: Eins ... zwei ... drei ... vier ... fünf ... sechs ... sieben ... acht ... neun ... Er holte tief Luft, hob den Kopf und nickte dem Techniker zu. »Jetzt.«
    Sofort öffnete sich die Falltür über ihm und ein Schwall kalter Luft traf ihn wie Wasser, das über seinem Kopf ausgeschüttet wurde. Er atmete wie ein Marathonläufer, als das Podest ihn emporhob, empor, weiter empor, während in seinem Kopf mit übermenschlicher Schnelligkeit Gedanken aufblitzten: Ansprache / Security / Reed / Effekte / Kitty / gut / böse / Leben / Tod ...
    In wenigen Sekunden würde alles beginnen.
    Sein Kopf stieg durch den Bühnenboden und augenblicklich umströmte dunkle, fließende Luft sein Gesicht.
    Dann wurde sein Torso enthüllt. Seine Haut prickelte vor Kälte.
    Panik durchfuhr ihn wie ein Messer.
    Wir haben großartige Sicherheitsleute, rief er sich in Erinnerung.
    Alles war schwarz und still – als wäre die Arena ganz leer.
    Dann traf ihn ein Lichtstrahl, der ihn vorübergehend blendete – er versuchte jedes Mal, sich seelisch darauf vorzubereiten, wurde aber trotzdem stets aufs Neue davon überrascht –, und er breitete die Arme weit aus, warf den Kopf zurück und rief laut: »Verändert ... die ... Welt ... mit ... mir!«
    Er hörte seinen Ruf – verstärkt zu gottgleichem, übermenschlichem Stimmvolumen – durch die Arena hallen.
    Die Antwort der Menge war ohrenbetäubend, und als er diesen Chor der Einheit hörte, schlug sein Herz höher.
    Es wird alles gut gehen, versicherte er sich. Es wird schon alles gut

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