Prophetengift: Roman
erste Geld, das ich selbst verdient habe, ohne Kitty. Also habe ich die beiden Zwanziger die ganze Zeit behalten, bis ich letzte Woche auf eBay einen Ring für zweiunddreißig Dollar entdeckt habe – zuzüglich Steuer und Versandkosten hat es meine ganzen Reserven aufgezehrt.« Er ergriff ihre Hand und beide schauten auf den funkelnden Reif. »Er ist aus echtem Sterlingsilber mit einem kubischen Zirkoniumstein.«
»Ich werde ihn gleich morgen passend machen lassen«, versprach Reed. »Ich liebe diesen Ring, und wag es ja nicht, mir einen anderen zu besorgen. Ich werde einfach erzählen, es sei ein Freundschaftsring. Okay?«
Er strahlte sie an. »Freundschaftsring klingt gut.«
Reeds Backofenuhr piepte. »Haben Sie Hunger, Mr Black?«
Er grinste sie an und zog sie in seine Arme. »Auf Lasagne oder auf Reed?«
»Heute kannst du reichlich von beidem haben ...«
»Ich bin am Verhungern.« Er beugte sich herab und presste seinen Mund auf ihren. Sie küssten sich innig. »Verbrennt die Lasagne, wenn sie noch eine Stunde warten muss?«, flüsterte er Reed ins Ohr.
Vor Erregung bekam Reed eine Gänsehaut. Sie ließ die Hände unter sein T-Shirt gleiten und strich über die harte, samtige Wärme seines muskulösen Torsos. »Ich glaube, Backöfen schalten sich heutzutage automatisch ab«, teilte sie ihm mit und kniff spielerisch in seine Brustwarzen. »Geh doch schon mal ins Schlafzimmer, ich komme gleich nach.«
Sein Mund fand den ihren und sie küssten sich erneut, diesmal so leidenschaftlich, dass sie spürte, wie die Hitze zwischen ihren Beinen zu sieden begann. »Ich glaube, die Idee von einem Nachtisch vor dem Essen gefällt mir«, murmelte sie.
»Beeil dich.« Sebastian liebkoste kurz ihren Hals und verschwand im Schlafzimmer.
Idiotisch lächelnd stampfte Reed in der Küche herum, schaltete Backofen und Herdplatten ab und pustete die Kerzen aus. Ihr Herz sang, und sie konnte sich nicht erinnern, sich je glücklicher gefühlt zu haben.
»Kommst du?«, lockte Sebastians tiefe Stimme aus der Dunkelheit ihres Schlafzimmers. »Denn wenn du nicht bald hier bist, komme ich.« Er lachte.
Reed warf das Geschirrhandtuch, das sie in der Hand hielt, auf die Arbeitsplatte. Womit habe ich so viel Glück nur verdient?
53
»Ich sage das nur ungern, aber ich bin nervös.« Sebastian wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel von Reeds Frisiertisch, und sie sah, wie beunruhigt er war.
»Ich weiß, warum ich nervös wäre.« Sie legte beruhigend die Hände auf seine Schultern und versuchte die Verspannungen wegzustreichen. »Aber ich kann mir auch nur vorstellen, wie es wäre, vor so vielen Leuten zu stehen.«
Sebastian dehnte seinen Nacken. »Das ist es nicht. Diese Auftritte würde ich noch im Schlaf hinbekommen.«
»Was ist es dann?«
»Zum einen habe ich noch nie Material präsentiert, ohne es mit Kitty durchgesprochen zu haben – nicht, dass ich deine Hilfe nicht zu schätzen wüsste, Reed. Ohne dich könnte ich das alles nicht schaffen. Aber ich habe trotzdem Angst, es könnte den Leuten nicht gefallen. Es klingt nach einer Predigt ... und es könnte dem widersprechen, was den Leuten zu glauben beigebracht wurde.«
»Deine Ansprache ist großartig, und sie wird mehr Resonanz beim Publikum auslösen, als du ahnst. Ich wünschte nur, Chuck könnte von Anfang an dabei sein; es ist wirklich schade, dass er ausgerechnet heute das Treffen leiten muss und nicht tauschen konnte.« Sie schaute ihn an und sah die Besorgnis in seinen Augen. »Gibt es noch etwas, das du mir nicht erzählt hast?«
»Es ist nur ...« Sebastian zögerte. »Ich habe so ein drückendes
Gefühl und irgendwas ist mit meinem Magen. Es fing heute Morgen während der Proben an, direkt nach dem Soundcheck.«
»Bist du vielleicht einfach nervös, weil du Kittys Manuskript in die Ecke geworfen hast?«
»Nein. Ich weiß, sie wird fuchsteufelswild sein, wenn sie hört, dass ich meine eigene Ansprache halte und nicht ihre, aber ich fürchte mich nicht vor ihr. Nicht nach allem, was passiert ist.«
»Also dann ... was hast du zum Frühstück gegessen?«
»Bagel mit Frischkäse, wie immer.«
»Vielleicht war der Frischkäse schlecht.«
»Er war nicht verdorben, Reed. Irgendetwas stimmt nicht .«
Sie schauten einander an und beide dachten dasselbe. Dann fuhr Reed fort seine Schultern zu massieren. »Was können wir tun?«
»Es gibt nichts, was ich tun könnte«, sagte Sebastian. »Und ich werde nicht
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