Prophetengift: Roman
nieder. »Ich besorge dir einen wirklich schönen Ring, wenn du den Rest deines Lebens mit mir verbringen willst.« Er schaute zu ihr hoch, mit ernstem Gesicht und schimmernden grünen Augen.
Reeds Herz hämmerte. »Fragst du mich das, was ich glaube?«
»Willst du ... mich heiraten?«
Reed trat einen Schritt zurück. »Oh, ich ... das kommt aber jetzt total überraschend.«
Sofort erlosch sein glückliches Lächeln. »Was willst du damit sagen?«
Sie gab ihm die Schachtel mit dem Ring zurück und er verstaute sie in seiner Tasche. »Hier.« Sie streckte die Hand aus. »Steh auf, damit wir darüber reden können. Okay?« Sebastian erhob sich vom Boden und Reed führte ihn zum Sofa. Sie setzten sich und sie nahm seine Hand. »Ich bin wahnsinnig geschmeichelt, Sebastian. Ehrlich.«
»Ich sollte wohl besser gehen.« Sebastian versuchte seine Hand zurückzuziehen, aber Reed ließ sie nicht los. »Und deine dämliche Lasagne ist verflucht.«
»Schatz, ich sage doch nicht Nein. Ich liebe dich und ich würde wahnsinnig gern Ja sagen, aber ich finde einfach, es ist noch zu früh.« Sie umfasste seine Hand fester. »Wie wärs, wenn wir uns ein bisschen Zeit lassen, bevor wir uns entscheiden? Vielleicht ein halbes Jahr?«
Er schaute sie an und seine Augen schwammen plötzlich in Tränen. »Aber warum nicht jetzt?«
Sie seufzte. »Weißt du ... Ich habe mich vor dem Tag gefürchtet, an dem ich mich fühlen würde wie eine ältere Frau, die mit einem jungen Mann zusammen ist, und jetzt ist es so weit.
Wir sind erst seit sechs Monaten zusammen – und es war eine wundervolle Zeit, aber ich glaube einfach, es wäre gut für uns beide, wenn wir einander besser kennenlernen, bevor wir uns fest binden. Verstehst du?«
»Nein«, sagte er mit versagender Stimme. »Ich verstehe nicht.«
Reeds Herz wollte schier bersten, als sie ihn ansah. »Wir machen einfach weiter wie bisher. Und bevor du dich versiehst, ist die Zeit um und wir werden uns beide absolut sicher sein.«
Sebastian schaute sie an. »Du weißt ja nicht, wie es für mich ist, Reed. In meiner Religion dreht sich alles um Liebe, aber vorher habe ich nie gewusst, wie Liebe sich wirklich anfühlt.« Eine einzelne Träne lief ihm über die Wange und er wischte sie weg. »Ich glaube, Kitty liebt mich, und Chuck fängt vielleicht auch an, mich lieb zu haben, und ich war mit vielen Jungen und Mädchen zusammen, die mich wollten und die ich wollte, aber vorher – bevor ich dich traf – war Liebe ein vollkommenes Mysterium für mich ... das heißt, bevor du mir geholfen hast, es zu verstehen. Und das will ich nicht verlieren ... ich kann es nicht verlieren. Denn ich weiß nicht, was ich täte, wenn du mich verlassen würdest ... und die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, ist, dass wir ...« – seine Stimme versagte – »heiraten. Weil mir beim Gedanken, dich zu verlieren, das Herz wehtut. Es zerreißt mich innerlich. Und in ein paar Tagen beginnt meine Tour und wir werden einander eine Weile nicht sehen.« Er holte die Schachtel wieder aus der Jackentasche. »Wenn ich dich mit diesem Ring am Finger sehe, wird es mir das Gefühl vermitteln ... dann werde ich wissen, dass du immer für mich da sein wirst.«
Reeds Herz schmerzte um seinetwillen, aber sie war reif genug, um zu wissen, dass sie jetzt stark bleiben musste. »Ich gehe nirgendwohin«, erklärte sie fest. »Und ich habe gesagt, dass wir uns öfter sehen sollten, nicht weniger oft.«
»Könntest du den Ring zumindest anprobieren?«, flüsterte er. »Ich stelle mir seit Tagen vor, wie er an deiner Hand aussehen würde.«
»Lass noch mal sehen.«
Sebastian öffnete die Schachtel, nahm den Metallreif heraus und steckte ihn ihr an.
Er war viel zu groß, der Stein hing schlaff zur Seite. Beide lachten.
»Also erzähl mir von meinem Pappschachtelring«, kicherte Reed schniefend. »Du sagtest, es gebe eine Geschichte dazu.«
»Ich habe ihn bei eBay gekauft«, sagte Sebastian und wischte sich die Augen. »Er hat mich vierzig Piepen gekostet.«
»Bin ich wirklich so viel wert?«, erkundigte sich Reed wehmütig. »Mein letzter Freund hat nur zwanzig Dollar für den Ring bezahlt, den er mir gegeben hat. Es ist gut zu wissen, dass es mit mir aufwärtsgeht.«
Sebastian lachte. »Ich hatte dir doch erzählt, dass ich das Dach von Tess und Libby geflickt habe, weißt du noch?«
»Mit Ramon?«
»Er hat mir vierzig Dollar dafür bezahlt, und ich erinnere mich, dass ich damals dachte, das ist das
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